Heute vor 108 Jahren: Erstes Spiel im Ellenfeld

Blick in die traditionsreiche Historie der Borussia / Regimentsmannschaft aus Straßburg der erste Gegner auf dem neuen Sportplatz / Borussia siegt 6:3 / Bis 1963 ununterbrochen Erstliga-Fußball im Ellenfeld

Unser Bild: Terrassierte Zuschauerränge am Hang unterhalb der Schlossbrauerei und eine umlaufende  Mauer – so präsentierte sich der neue „Borussia-Sportplatz in den Ellenfeldern“ in den Anfängen. (Foto: 100 Jahre Ellenfeld-Stadion)

Schlackenplatz, Drexler´sche Wiese am Lämmerhof, Landertal, Friedrichspark am ehemaligen Heusnersweiher – die Liste der Plätze ist lang, auf denen die Borussia in ihren Gründerjahren Fußball spielte. Eine sportliche Heimat zu finden war in diesen Jahren, in denen der Fußballsport – trotz kritischer Stimmen – einen großen Aufschwung erlebt, ist nicht einfach. Schließlich ist es das hinter dem Friedrichspark gelegene Gelände „in den Ellenfeldern“, welches die Vereinsbosse Otto Jennewein und Hans Reiter als geeigneten Platz für einen künftigen „Borussia-Sportplatz“ ins Auge gefasst haben. Heute vor 108 Jahren, am 7. April 1912, ist es schließlich soweit: Am Ostersonntag findet im Ellenfeld das erste Spiel statt!

Doch der Weg dorthin ist mit einigen Schwierigkeiten gepflastert. Zunächst muss Borussias Vorstandsmitglied Albrecht Menzel alle Register seiner Überredungskünste ziehen, um seinen Schulfreund Otto Schmidt, seiner Zeit Direktor der Schlossbrauerei, davon zu überzeugen, den Borussen das entsprechend Gelände im Schatten der Schlossbrauerei zu verpachten. Am 9. Oktober 1911 segnet der Vereinsvorstand den Pachtvertrag mit Otto Schmidt ab, einen Monat später wird das Papier unterzeichnet. Auch wenn die Borussia sich gerade zum größten Sportverein der Saargegend entwickelt und über 500 Mitglieder zählt, bedeutet der Bau eines vereinseigenen Platzes ein großes Wagnis. Denn, wie Dr. Jens Kelm und Tobias Fuchs im Jubiläumsbuch „100 Jahre Ellenfeld“ zu berichten wissen, „in den Ellenfeldern ist viel zu tun, bevor die Borussia dort einziehen kann. Das Tal hinter dem früheren Heusnersweiher ist ein Sumpfgebiet. Es muss zugeschüttet, mit Erdmassen aus den umliegenden Hängen überzogen und ein ebener Platz angelegt werden.“ Eine für die damalige Zeit kostspielige Angelegenheit, wie ein Blick in die Kassenberichte zeigt: Im Geschäftsjahr 1911/12 schlägt die Sportstätte mit 23.209 Mark zu Buche.

Derweil entsteht auf einem rechteckigen Grundriss ein sich in die Landschaft einpassendes Erdstadion mit Rasenplatz, Zuschauerrängen an den Längsseiten und einer umlaufenden Mauer. Die besten Plätze befinden sich unterhalb der Schlossbrauerei, wo der Hang terrassiert wird und sogar Sitzplätze bietet. Gegenüber entsteht ein künstlicher Wall mit weiteren Rängen. Für das erste Spiel auf dem neuen Borussia-Sportplatz, der – so die Erwartung des Vorstandes – „ein Sportzentrum für die ganze Neunkircher Umgebung werden soll, Saarbrücken nicht ausgeschlossen“, wird ordentlich die Werbetrommel gerührt. 2000 Fans pilgern am Ostersonntag 1912 zur neuen Sportstätte. Sie sehen die Premieren-Partie zwischen der Borussia und der damals besten deutschen Militärmannschaft, der Elf des 6. Königlich-Sächsischen Infanterie-Regiments Nr.105 König Wihelm II. von Württemberg aus Straßburg. Fußball gehört für die Soldaten zur Ausbildung, in ihren Reihen wird der in Deutschland junge Sport populär.

Mit dieser Anzeige in der Neunkircher Volks-Zeitung warb die Borussia für ihr erstes Fußballspiel in den Ellenfeldern (Ausgabe vom 4. April 1912, Quelle: 100 Jahre Ellenfeld-Stadion)

In ihrer Ausgabe vom 9. April 1912 berichtet die Saar- und Blieszeitung über das Ereignis: „Es war ein prächtiges Bild. Scharf hoben sich von dem jungen Grün des Rasens die weißen und schwarzen Gestalten der Spieler ab; dahinter baute sich auf den ansteigenden Terrassen der dunkle Menschengürtel auf, wiederum umschlossen von der großen Umfassungsmauer, und als Abschluss des weiten Talkessels, in dem der ideale Sportplatz eingebettet liegt, die bewaldeten Höhen des Spieserlochs, des Steinwaldes und ganz in der Ferne des Höcherberges.“ Den sportlichen Erfolg der Borussia (6:3) kommentiert das vereinseigene Nachrichtenblatt im Mai 1912 kurz und knapp: „Es war ein schönes Spiel, recht geeignet, für unseren Sport Propaganda zu machen. Die 105er sind eine tüchtige Mannschaft, die uns angenehm überraschte. An Energie und Temperamen machten sie uns etwas vor. Besuch enorm, Wetter schön. Abends Konzert.“ Der Kapitän des Straßburger Militärs, Seargent Fitz Grumpelt, dankte in einem Brief der Borussia für die gewährte Gastfreundschaft und betonte in geradezu pathetischem Stil , „dass aus all diesen schönen Erinnerungen gleich einem hellen, strahlenden Sterne, das einzig schöne und faire Spiel herausleichtete.“

Im Juli zur Zeit der Olympischen Spiele in Stockholm weiht die Borussia dann ihren Sportplatz mit Nationalen Olympischen Wettkämpfen offiziell ein. Im Herbst 1912 wird Borussia mit einem 4:1-Quakifikationssieg gegen Germania Ludwigshafen als erste Saar-Mannschaft erstklassig und wenig später das Erstliga-Debüt im Ellenfeld: Gegen den kommenden Meister Phönix Mannheim heißt es nach spannenden 90 Minuten torlos 0:0. Seine internationale Premiere erlebt der neue Borussia-Sportplatz ein Jahr später: Am 23. März 1913 unterliegen die Borussen dem Londoner Clubs Spartans FC Walthamstow mit 2:5. Was damals noch keiner ahnt: Bis 1963 wird im Ellenfeld ununterbrochen Erstliga-Fußball geboten werden! (-jf-)

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