Ein Traum wurde Wirklichkeit (2)

Von Welschbach bis in den UI-Cup – die bemerkenswerte Karriere des Reiner Brinsa / Teil 2: Die Zeit in Trier und Luxembourg – seine Trainerphilosophie und sein Blick auf die Borussia heute

Unser Bild: Im Borussen-Trikot an zukünftiger Wirkungsstätte – Reiner Brinsa (2. v. li.) und sein Mannschaftskamerad und späterer Trainer Horst Brand (4. v. re.) erkämpfen 1972 ein 2:2 im Moselstadion gegen Eintracht Trier. (Foto: Privatarchiv Reiner Brinsa)

Reiner Brinsa war und ist ein bodenständiger Typ. „Wenn ich mal irgendwo bin, bekommt man mich so schnell nicht wieder weg“, sagt er von sich selbst. Sicher hätte er bis ans Karriereende das Borussen-Trikot getragen, wenn da nicht der 12. Juni 1976 gewesen wäre. Glutofen Ellenfeld, Aufstiegsrunde zur 2. Liga. Borussia gegen die Trierer Eintracht. Das Hinspiel im Moselstadion ging 0:3 verloren. „Da haben wir als Favorit überhaupt nicht ins Spiel gefunden.“ Jetzt, nach zwei Unentschieden gegen Wormatia Worms, müssen die Borussen gewinnen, um die allerletzte Aufstiegschance wahrzunehmen. Nach 50 Minuten sieht es gut aus: Dank Henkes, Johann und Eichhorn führt die Borussia vor 5000 Fans mit 3:0, nach Triers Anschluss erhöht Reiner Brinsa mit unwiderstehlichem Lauf auf 4:1. „De Käs´ scheint gess´“. Borussia steht vor dem 5:1, vergisst aber, den Deckel draufzumachen. „Wenn wir das fünfte Tor machen, ballern wir euch aus dem Stadion“, sagt er noch heute zum Trierer Horst Brand, der vorher Torjäger im Ellenfeld war und später im Moselstadion sein Trainer wird. An diesem Tag trifft Reiner Brinsa sogar nochmal, doch diesmal ins eigene Tor, nur noch 4:2. Am Ende eines hochdramatischen Spiels heißt es dann tatsächlich noch 4:4. Der Favorit Borussia ist gescheitert. Woran hat es gelegen? War die Mannschaft, mit 118 Toren und 62 Punkten unangefochten Titelträger im Saarland, in der Liga nicht richtig gefordert worden? „Das kann durchaus sein“, so seine Einschätzung, „vielleicht hat es unser Trainer Stefan Abadjiew wirklich versäumt, uns mal gegen Kaiserslautern oder Saarbrücken spielen zu lassen, um zu sehen, wo wir wirklich mit unserer Leistung stehen!“ Borussia muss weiter in der Saarlandliga, damals 3. Liga, bleiben. Reiner Brinsa bleibt nicht, hat Angebote (u.a. von Eintracht Bad Kreuznach), nimmt letztlich die Offerte vom Aufstiegskonkurrenten wahr und wechselt gemeinsam mit seinen Mannschaftskameraden Heinz Histing und Klaus Bischoff zum Zweitliga-Neuling Eintracht Trier.

Gemeinsam mit Heinz Histing (oben rechts) und Klaus Bischoff (unten rechts): Reiner Brinsa (oben 2. v. re.) beim Traiiningsstart im Trierer Moselstadion im Juli 1976 (Foto: Priatarchiv Reiner Brinsa)

Hier ist Reiner Brinsa gekommen, um zu bleiben. Über 700 Spiele im Trikot der Eintracht stehen von 1976 bis 1989 auf seinem Konto.  In den ersten Jahren nach dem 2.Liga-Aufstieg erlebt der mittlerweile 25jährige eine riesige Euphorie. Erst 1981 geht es wieder runter in die Oberliga. Die Trierer Erfolgstruppe um Routinier Erwin Hermandung löst sich in die Bestandteile auf. Reiner Brinsa, typisch für ihn, bleibt. Denn mittlerweile ist er in der Moselmetropole heimisch geworden, arbeitet als Bauzeichner im Architektenbüro Pasucha und hat mit Frau Michaela eine Familie gegründet. Highlights erlebt er auch in Trier, wo er unter Coach Horst Brand Kapitän und Leitfigur wird. 1985 wirft er mit der Eintracht den amtierenden Pokalsieger Bayer Uerdingen in der Krefelder Grotenburg aus dem Wettbewerb, macht – anders als im Juni 1976 – mit dem dritten Tor den Sack zu. 1987 wird Reiner Brinsa Südwestmeister, scheitert in der Aufstiegsrunde an Kickers Offenbach und der Spvgg Bayreuth. „Auch, weil ich damals in Sandhausen einen wichtigen Elfmeter verschossen habe“, erinnert er sich. Größter Erfolg seiner Spielerlaufbahn: Deutscher Amateurmeister 1988 mit einem 5:4 nach Elfmeterschießen beim VfB Oldenburg. Dazu mehrfacher Gewinn des Rheinlandpokals.

Als Coach bleibt er nach der aktiven Karriere dem runden Leder verbunden. Zunächst vier Jahre als Spielertrainer bei Aris Bonneweg in der Stadt Luxembourg, dann weitere 15 (!) Jahre im beschaulichen Rosport. Durch Zufall: „Meine Schwiegereltern hatten einen Wohnwagen in Rosport stehen. Dort sind wir im Sommer oft hingefahren. Ich habe die Kulisse des nahen Sportplatzes gehört und bin einfach mal hingegangen, wurde von Jean Paul Kolbusch, der auch Berichterstatter beim Luxemburger Wort war, angesprochen“, weiß Reiner Brinsa noch genau. In der kleinen Gemeinde an der Sauer (1500 Einwohner) kann er bei der Victoria ein erfolgreiches Team nach seinen Vorstellungen formen, führt die Dorfmannschaft von der dritten bis in die erste luxemburgische Liga (BGL). Dort gelingt gar die Qualifikation für den UI-Cup. Gegen den IFK Göteborg verwirklicht Reiner Brinsa als Trainer einen weiteren Traum: Einmal Europacup spielen! „Fast der ganze Ort hat uns mit dem Flieger nach Schweden begleitet. Wir haben uns gut geschlagen, zuhause nur 1:2 und im Ullevi-Stadion mit 1:3 verloren“, bleibt das Erlebnis für Reiner Brinsa unvergessen. 15 Jahre ist er in Rosport verantwortlich für die sportlichen Belange. 2009 nach Erreichen des Pokalendspiels, das gegen Grevenmacher im Nationalstadion verloren ging, endet die Erfolgsstory der Victoria und Reiner Brinsa. Wie gesagt: Aufhören, wenn es am Schönsten ist!

Die drei Clubs in der Spielerlaufbahn des Jungen aus Welschbach – der Heimatverein, die Borussia aus Neunkirchen und Einttracht Trier, sorgfältig platziert auf Reiner Brinsas Nadelkissen. (Fotos: Privatarchiv Reiner Brinsa / -jf-)

Reiner Brinsa ist bis heute jung geblieben. Die fast 70 Jahre sieht man ihm nicht an. „Das hat sicherlich damit zu tun, dass ich immer mit jungen Leuten gearbeitet habe“, vermutet er. Auch die Figur ist fast immer noch so wie zu besten Fußballerzeiten. Dafür sorgt die sportliche Betätigung, sei es Krafttraining oder der Ski-Urlaub im Kleinwalsertal. Auch die Familie ist für ihn Lebenselixier. Sohn Sascha hat bis zur B-Jugend beim FSV Tarforst gekickt, dann aber die Fußballschuhe in die Ecke gestellt und sich dem Skateboard-Fahren gewidmet. „Vielleicht habe ich ihn zu viel angetrieben“, sagt der Vater. Tochter Gina arbeitet als Fitnesscoach.  

Was bleibt unter dem Strich? Was hat der Fußball ihm gegeben? „Viel Emotionen, viel Leidenschaft, viel Zusammengehörigkeitsgefühl. Vor allem auch die Erkenntnis, dass man nur Erfolg haben kann, wenn alle zusammenarbeiten“ fasst er zusammen. Seine Philosophie als Trainer: „Faule Eier habe ich immer sofort aussortiert. Mögen sie auch noch so gut sein: Sie vergiften den Teamgeist. Wichtig auch: Offene Kommunikation, niemals hintenrum, immer die Wahrheit gerade heraus sagen. Die Spieler danken es einem“, bekennt er sich zu seinem Credo.

Seinen Clubs ist er bis heute verbunden: Für die Eintracht ist er hin und wieder als Scout oder Spiele-Beobachter unterwegs, auch im Ellenfeld sieht man ihn gelegentlich auf der Tribüne. Zuletzt beim 3:2 gegen die SG Mettlach-Merzig. Sein Eindruck: „Das hat mir sehr gefallen. Die Jungs haben auf dem Acker bis zur letzten Minute bis zum Umfallen gekämpft und mit einer Energieleistung am Ende die Partie verdient umgebogen. Die Mannschaft geduldig Schritt für Schritt weiterzuentwickeln ist der absolut richtige Weg.“ Der neue Trainer Peter Rubeck, mit dem er einige Jahre zusammen in Trier gespielt hat, sei dafür ein guter Mann: „Sehr erfolgsorientiert und heiß auf Siege.“ Sein Tipp aus der Trainerperspektive: „Er sollte dabei aber auch an die Spieler denken und sie nicht überfordern, schließlich sind sie Menschen und keine Maschinen.“ Sein größter Wunsch: Dass sich seine beiden Clubs Borussia und Eintracht, für die er – im heutigen Fußball eine absolute Rarität! –  fast 20 Jahre auf dem Rasen stand, „sich sportlich wieder in einer Liga begegnen!“

„Es waren anstrengende Jahre. Jeden Morgen um 8 Uhr im Büro, ab 17.30 Uhr ab zum Training, meist erst gegen 22 Uhr zuhause, und am Wochenende der Spielbetrieb. Wie habe ich all das die ganzen Jahre geschafft?“, fragt sich der Ruheständler im Rückblick auf die Karriere. Sein Fazit: „Eine stressige, aber sehr erfüllende Zeit.“ Nicht zu vergessen: Mit einem wahr gewordenen Traum des kleinen Jungen aus Welschbach. (-jf-)

Die Borussia bedankt sich ganz herzlich bei Reiner Brinsa für das schöne Gespräch und die Fotos aus seinem Privatarchiv!

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