Ein Traum wurde Wirklichkeit (1)

Von Welschbach bis in den UI-Cup – die bemerkenswerte Karriere des Reiner Brinsa / Teil 1: Die Zeit bei der Borussia

Drehen wir die Zeit einfach mal zurück. Um etwa 60 Jahre. In Welschbach bei Illingen ertönt die Schulglocke. Unterrichtsende, ab nach Hause. Schultasche in die Ecke, schnell „was gess´“, Ball unter den Arm, nix wie auf den Sportplatz. Für die Jungs immer das Gleiche, ein tägliches Ritual. Bei Wind und Wetter, Schnee und Regen, Sonne und fast 40 Grad. Mittendrin statt nur dabei: Reiner Brinsa. Anderthalb Kilometer hat der Bub zu laufen, bis die „rote Erde“ erreicht ist. Jetzt kann´s endlich losgehen! In dieser Zeit reift in dem kleinen Reiner ein Traum: Fußballer werden! Dem ordnet er schon früh vieles unter. Wo andere sich anno dazumal zur Feier der Erstkommunion eine Uhr wünschen, gibt es für ihn nur eins: Ein paar Fußballschuhe. Wenn er heute auf diese Zeit zurückblickt, kann er sagen: Er hat seinen Lebenstraum gelebt!

Reiner Brinsa hat schnell gemerkt: Fußballspielen kann er besser als vieles andere! Beim SV Welschbach kann der lange Schlaks durch herausragende Leistungen auf sich aufmerksam machen. Der spätere Bundestrainer Jupp Derwall, damals Verbandstrainer in Saarbrücken, lädt ihn in die Saarlandauswahl ein, von dort aus schafft der Junge aus dem kleinen Welschbach den Sprung in den 20er-Kader der deutschen Jugendnationalmannschaft. Unter Trainer Herbert Widmayer spielt er hier in prominentem Kreis: Rudi Kargus, Caspar Memering und Manfred Kaltz, die bald darauf beim Hamburger SV ihre Profikarriere starten, gehören ebenso dazu wie Gladbachs Christian Kulik oder Duisburgs Torjäger Ronnie Worm.

Die Anfänge der Karriere (v.l.): In der Jugend des SV Welschbach (stehend Zweiter von rechts), beim Lehrgang mit der deutschen Jugendnationalmannschaft 1970 in der Sportschule Duisburg-Wedau, als junger Stürmer bei der Borussia. (Fotos: Privatarchiv Reiner Brinsa)

Zusätzliche Nahrung bekommt sein großer Traum vom Fußballer durch die Besuche im Ellenfeld-Stadion im nahen Neunkirchen. Hier sieht der 13jährige deutsche Meister wie Werder Bremen (1965) und 1860 München (1966) spielen, saugt die Erlebnisse regelrecht in sich auf. „Wir kamen immer von oben über die Spieser Höhe zum Stadion. Da konnte man schon von weitem die Atmosphäre spüren.“ Reiner Brinsa bekommt immer noch Gänsehaut, wenn er an diese Momente zurückdenkt. Als er in Neunkirchen bei der Borussia 1970 seinen ersten Vertrag unterschreibt, nimmt der Traum Gestalt an. Dabei wäre er fast in Saarbrücken gelandet, der FCS hat ihm ein Angebot unterbreitet, der Vertrag ist unterschriftsreif. „Da war ein Herr Jung da von der Borussia, er kommt nochmal vorbei“, erzählt ihm die Mutter, als er der Bauzeichner-Lehrling eines Tages von der Arbeit nach Hause kommt. Wenig später trifft man sich: Reiner Brinsa und Borussias damaliger Geschäftsführer Ernst Jung. Die Entscheidung pro Ellenfeld fällt rasch: „Die Borussia ist schließlich mein Verein“, ist für den 18jährigen sofort klar.

Torjäger Reiner Brinsa: Der Jungspund trifft im Januar 1973 zum 1:1 im Derby gegen den 1. FC Saarbrücken im Ellenfeld (Foto oben), im November sorgt er mit seinem Treffer zum 2:0 für die Vorentscheidung zugunsten der Borussia gegen Südwest Ludwigshafen (Foto unten). (Fotos: Privatarchiv Reiner Brinsa)

Von seinen Eltern bekommt er ein Auto. Mit dem Peugeot 204 dreht er ab jetzt jeden Tag dieselbe Runde: Von Welschbach nach Saarbrücken zur Arbeit, von dort zum Training nach Neunkirchen, dann nach Hause. Ein langer, anstrengender Tag. Doch der Traum lebt. Schnell schafft der Welschbacher Junge den Sprung in die Stammelf, schießt viele Tore, wie der Blick in sein Privatarchiv zeigt. Das Prädikat „Torjäger“ ist angebracht! Dann wird er zum Defensivspezialisten umgeschult, kann dort seine kämpferischen Qualitäten noch besser zur Geltung bringen. Doch das Stürmerblut in seinen Adern kann er bis zum Ende der Karriere nicht verleugnen! Unter Trainer Erwin („Ata“) Türk erlebt Reiner Brinsa eine regelrechte Leistungsexplosion. Als rechter oder linker Verteidiger, zuweilen auch zentral vor der Abwehr startet er durch.

Weit über 200 Spiele macht er in sechs Jahren im schwarz-weißen Dress. Darunter einige, die sich bis heute in sein Gedächtnis eingebrannt haben: „Die Derbys gegen den 1. FC Saarbrücken hatten es in sich. Nicht selten vor 30.000 Leuten im Ellenfeld. Da bist du von selbst gelaufen! Dabei war es so laut, dass wir auf dem Platz das eigene Wort nicht mehr verstanden haben und uns nur noch mit Mimik und Gestik verständigen konnten.“ Überhaupt das Ellenfeld: „Das beste Stadion, in dem ich je gespielt habe, tolle und dichte Atmosphäre!“ Was er mit der altehrwürdigen Arena aus den Bundesliga-Gründerjahren noch verbindet: „Edelfan Leo, der immer mit seinem Motorrad hineingefahren kam. Und Präsident Kurt Gluding mit seiner dicken Zigarre!“ In Augsburg darf Reiner Brinsa einmal gegen Helmut Haller ran: „Der Italien-Legionär war in jungen Jahren mein absolutes Idol!“ Im Rosenau-Stadion bekommt er den Spezialauftrag: „Nimm ihn in Manndeckung und lass ihn nicht ins Spiel kommen!“ Doch leichter gesagt, als getan, wie Reiner Brinsa desillusioniert schnell feststellen muss. „Der war so raffiniert und abgezockt und hat mich ganz schön nassgemacht. Der hat sich immer hinter einem versteckt und kam dann wie aus dem Nichts.“ 3:1 siegt der FCA, dank eines überragenden Helmut Haller. (-jf- / Fortsetzung folgt)

In Folge 2: Von Welschbach bis in den UI-Cup – die bemerkenswerte Karriere des Reiner Brinsa / Teil 2: Die Zeit in Trier und Luxembourg – seine Trainerphilosophie und sein Blick auf die Borussia heute

2 Kommentare

  1. An dieses Spiel gegen Augsburg kann ich mich noch gut erinnern.Tolle Atmosphäre und den Rückkehrer von Mailand,Helmut Haller Live gesehen.Er kam übrigens mit einem roten Mercedes Caprio zum Spiel und nicht mit dem Mannschaftsbus.

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