Gedenken an alle verstorbenen Borussen †

Gedanken zum heutigen Totensonntag

Auch unter uns Borussen gibt es sicher Menschen, die den Herbst nicht so sehr schätzen. Die länger werdenden Nächte, die niedrigeren Temperaturen, neblige und wolkenverhangene Tage können ziemlich aufs Gemüt drücken. In einer Meditation über den Herbst heißt es: „Wenn im Herbst die letzten Blätter gefallen sind, bleibt nichts als die Frage: Was bleibt?“

Im Herbst wird uns durch die Natur, von der wir ein Teil sind, unsere Vergänglichkeit vor Augen geführt wird. Am Volkstrauertag gedenken wir der Opfer der beiden Weltkriege. An Allerheiligen und Allerseelen besuchen wir die Gräber unserer Verstorbenen. Der heutige Totensonntag ist ein Tag, an dem sich auch die Borussen in ganz besonderer Weise an die Menschen erinnert, die ein Stück ihres Lebensweges in der Vereinsfamilie mit uns gegangen sind: Beispielhaft seien aus dem Jahr 2022 Jürgen Papies und Paul Pidancet aus dem früheren Spielerkreis ebenso wie Horst Köhl genannt.

Stimmen, die uns vertraut waren, schweigen. Menschen, die für uns da und bei uns waren, leben nicht mehr. Vergangene Bilder ziehen vorbei. Was uns bleibt, ist Dankbarkeit und die Erinnerung an eine schöne, gemeinsame Zeit und das Bewusstsein, dass Fußball, so sehr er uns unsere Emotionen spüren lässt, letztlich nicht mehr ist als ein spannendes Spiel, das uns immer wieder verbindet. Lasst uns Trost finden in dem Gedanken, dass die verstorbenen Borussen uns weiter nahe sind, dass sie von anderer Warte aus aufs Ellenfeld blicken. Und lasst uns die Hoffnung nicht verlieren, dass wir sie einmal alle wiedersehen werden. Denn dass mit dem irdischen Leben nicht alles vorbei ist, will uns, auch wenn es vielleicht unser begrenztes menschliches Vorstellungsvermögen übersteigt, folgende Geschichte erzählen:

Es geschah, dass in einem Schoß Zwillingsbrüder empfangen wurden. Die Wochen vergingen, und die Knaben wuchsen heran. In dem Maß, in dem ihr Bewusstsein wuchs, stieg die Freude: „Sag, ist es nicht großartig, dass wir empfangen wurden? Ist es nicht wunderbar, dass wir leben?!“ Die Zwillinge begannen, die Welt zu entdecken. Als sie aber die Schnur fanden, die sie mit ihrer Mutter verband und die ihnen die Nahrung gab, da sangen sie vor Freude: „Wie groß ist die Liebe unserer Mutter, dass sie ihr eigenes Leben mit uns teilt!“

Als aber die Wochen vergingen und schließlich zu Monaten wurden, merkten sie plötzlich, wie sehr sie sich verändert hatten. „Was soll das heißen?“ fragte der eine. „Das heißt“, antwortete der andere, „dass unser Aufenthalt in dieser Welt bald seinem Ende zugeht.“ „Aber ich will gar nicht gehen“, erwiderte der eine, „ich möchte für immer hier bleiben.“ „Wir haben keine andere Wahl“, entgegnete der andere, „aber vielleicht gibt es ein Leben nach der Geburt!“ „Wie könnte dies sein?“ fragte zweifelnd der erste, „wir werden unsere Lebensschnur verlieren, und wie sollten wir ohne sie leben können? Und außerdem haben andere vor uns diesen Schoß hier verlassen, und niemand von ihnen ist zurückgekommen und hat uns gesagt, dass es ein Leben nach der Geburt gibt. Nein, die Geburt ist das Ende!“

So fiel der eine von ihnen in tiefen Kummer und sagte: „Wenn die Empfängnis mit der Geburt endet, welchen Sinn hat dann das Leben im Schoß? Es ist sinnlos. Womöglich gibt es gar keine Mutter hinter allem.“ „Aber sie muss doch existieren“, protestierte der andere, „wie sollten wir sonst hierher gekommen sein? Und wie könnten wir am Leben bleiben?“

„Hast du je unsere Mutter gesehen?“ fragte der eine. „Womöglich lebt sie nur in unserer Vorstellung. Wir haben sie uns erdacht, weil wir dadurch unser Leben besser verstehen können.“ Und so waren die letzten Tage im Schoß der Mutter gefüllt mit vielen Fragen und großer Angst. Schließlich kam der Moment der Geburt. Als die Zwillinge ihre Welt verlassen hatten, öffneten sie ihre Augen. Sie schrien. Was sie sahen, übertraf ihre kühnsten Träume. (-jf-)

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