„Manchmal muss man schöne Dinge zurücklassen, um sich selbst treu zu bleiben!“

Torhüter Philippe Persch im Interview vor seinem letzten Spiel im Borussen-Trikot am Pfingstsonntag gegen den SC Halberg-Brebach

Manuel Neuer möchte laut eigener Aussage spielen, bis er 39 Jahre alt ist: „Kein Alter für einen Torhüter!“ Da werden dem Keeper des FC Bayern – um nur einige wenige zu nennen – der Italiener Gianluca Buffon, mit 42 immer noch bei Juventus Turin einsatzbereit, der Amerikaner Brad Friedel, der noch als 40jähriger für Tottenham Hotspurs 2011/12 jedes einzelne Liga-Spiel zwischen den Pfosten stand, oder Herthas Jogginghosen-Kultfigur Gabor Kiraly, der seine Laufbahn 2019 im stolzen Alter von 43 Jahren beendete, sicher zustimmen. Philippe Persch ist mit seinen gerade mal 30 Lenzen noch im besten Torwartalter. Und dennoch wird der gebürtige St. Wendeler, der schon in der Jugend das Borussen-Trikot trug und bis auf sein dreijähriges Gastspiel bei Hertha Wiesbach stets das Tor der Borussia hütete, am Ende der Saison nach fast 160 Saarlandligaspielen für die Borussias erste und zweite Mannschaft und großem Engagement im Trainingsbereich seine aktive Laufbahn beenden. Was ihn dazu bewogen hat, wie der Gymnasiallehrer mit den Fächern Sport und Sozialkunde die zu Ende gehende Saison bewertet und was er in Zukunft vorhat, verrät er in einem bemerkenswert offenen und ehrlichen Gespräch.

Borussias A-Jugend in der Saison 2010/11 mit Torhüter Philippe Persch (oben Mitte im blauen Trikot).

Philippe, nach langen Jahren heißt es für Dich am Sonntag, nach dem Spiel gegen den SC Halberg-Brebach Abschied zu nehmen vom Ellenfeld. Was nimmst Du aus dieser Zeit mit?

PP: Zwei aufregende Relegationsrunden mit stimmungsvollen Spielen in unserem schönen Stadion, auch wenn wir leider unser Ziel, in die Oberliga zurückzukehren, nicht erreicht haben, werden mir ebenso unvergessen bleiben wie viele Freundschaften mit Mitspielern, aber auch Akteuren gegnerischer Mannschaften. Auch den Menschen, die mit ganz viel Herzblut und Leidenschaft versuchen, die Borussia am Leben zu erhalten, zolle ich höchsten Respekt – ich denke hier beispielsweise an Vorstandsmitglieder und Leute aus dem engeren Umfeld, die die Imbissbuden befüllen, Bierkästen schleppen oder in der Ferraro-Sportarena die Zäune auf- und abbauen und darüber hinaus noch die Verwaltungsarbeit erledigen. Auch die vielen treuen Fans und Zuschauern, die uns immer wieder unterstützen und anfeuern, werde ich in dankbarer Erinnerung behalten.

Wie beurteilst Du die zu Ende gehende Saison, in der Du ja nach dem Abschied von Thorsten Lahm, verantwortlich und intensiv in die Trainingsarbeit eingebunden bist?

PP: Unsere Leistungen waren zu wenig konstant, um Ansprüche auf einen der ersten beiden Plätze anmelden zu können. Insofern haben wir unser Vorhaben, in die Oberliga aufzusteigen, selbst verschuldet verfehlt, das muss man so offen sagen. Allerdings gibt es für mich auch Ziele, die gerade im Amateurfußball vielleicht noch mehr zählen als Tore und Punkte: Wie sich der Zusammenhalt und die Solidarität der Mannschaft in schwierigen Zeiten und in zum Teil schwierigem Umfeld entwickelt hat, ist unglaublich. Das hat mich auch immer wieder angetrieben. Jeder macht mehr, als er tun müsste, jeder gibt sein Bestes, jeder kämpft für jeden, auch die Jungs auf der Bank fiebern mit und pushen diejenigen, die auf dem Platz stehen, freuen sich über deren Erfolg.

Bitterer Moment: Ein Achlles-Sehnenabriss beim Spiel gegen den SV Bübingen im Oktober 2017 setzte Philippe Persch lange außer Gefecht. (Fotos: Thomas Burgardt / privat)

Stichwort: Schwieriges Umfeld. Welchen Anteil hat dieser Aspekt an Deinem frühzeitigen Karriere-Ende?

PP: Natürlich könnte ich mich jetzt hinstellen und meine schwere Schulterverletzung als Grund angeben. Doch ich bin ein ehrlicher Mensch und will hier ganz offen Stellung beziehen. Im weiteren Umfeld der Borussia passieren Dinge und sind Dinge passiert, die ich nach reiflicher Überlegung und persönlicher Entscheidung in meinem Leben nicht mehr haben möchte, da sie nicht zu dem passen, wie ich bin.

Kannst Du das konkretisieren?

PP: Es wird immer wieder unsachgemäße Kritik geäußert in Worten, die teilweise unter die Gürtellinie gehen. Dabei bin ich jederzeit für Kritik offen, aber sie muss auf Argumenten und Sachkenntnissen beruhen und konstruktiv sein. Ich bin selbst mein größter Kritiker, nehme auch vieles im Verein kritisch unter die Lupe, aber stets mit konkreten Verbesserungsvorschlägen. Aber Beschimpfungen und Denunziationen, wie sie leider nicht nur im anonymen Bereich von social media vorgefallen sind, gehen gar nicht. Das widerspricht meinem Ethos als Mannschaftssportler, aber auch als Lehrer. Denn ich bin stets bemüht, meiner Schülerschaft respektvollen Umgang mit allen Mitmenschen nahezubringen. Ich würde mir wünschen, dass Menschen, die sich wie oben erwähnt verhalten, ihre Energie für handfeste und tatkräftige Unterstützung der Borussia einsetzen. Denn das wird gebraucht, um den Verein weiterzubringen. Dabei will ich keineswegs unterstellen, dass diesen Menschen der Verein nicht am Herzen liegt – sie beschäftigen sich sicher mit der Borussia, sollten dann aber ihre Kritik so anbringen, dass daraus Fortschritt entstehen kann, statt einzelne Spieler niederzumachen. Keiner von uns spielt absichtlich schlecht! Gegen all diese von außen einwirkenden Widerstände anzukämpfen, kostet unheimlich viel Energie und hat mich – ehrlich gesagt – ein wenig ausbrennen lassen.

Es gab da im Spiel gegen Hasborn einen Vorfall. Was ist da geschehen?

PP: Ja, in diesem Spiel hatte ich mir ja schon früh die Schulter ausgekugelt und versucht, so lange wie möglich durchzuhalten und der Mannschaft zu helfen. Da musste ich mir von einem Zuschauer – Fan möchte ich ihn nicht nennen, denn wer sowas sagt, ist für mich kein Fan der Borussia! – die Bemerkung anhören: „Hoffentlich hast du dich so verletzt, dass du nicht mehr spielen kannst.“ Das ist nicht akzeptabel, so etwa muss ich mir nicht antun. Ich habe, wie gesagt, viele schöne Erlebnisse in meiner Zeit im Ellenfeld haben dürfen, aber manchmal muss man auch schöne Dinge hinter sich lassen, um sich selbst treu zu bleiben.

Philippe Persch – Immer vorne weg bei einer Laufeinheit im Ellenfeld (Foto oben, ganz links) und bei der Trainingsarbeit mit Torhüter Maximilian Strack (Fotos unten / -jf-)

Wie hast Du Dich in den letzten Wochen in die Trainingsarbeit eingebracht? Was hast Du anders gemacht als die Vorgänger auf der Bank?
PP: Ich maße mir nicht an, mich mit Peter Rubeck oder Thorsten Lahm zu vergleichen. Hinter jeder Spielvorbereitung steckt enorm viel Arbeit, zum Beispiel bei der Analyse der Videos, die uns Heinz Petri mit viel Aufwand dankenswerterweise zur Verfügung stellt, taktischen Überlegungen oder gezielter Vorbereitung der Übungseinheiten – Arbeit, die man nicht sieht, die aber auch keine Garantie für Erfolg darstellt. Ich habe mir überlegt: Was können die Jungs am besten? Wie kann ich Rahmenbedingungen schaffen, in denen sie sich entfalten können? Dementsprechend habe ich zwar einerseits klare Strukturen vorgegeben, innerhalb derer jeder Spieler aber andererseits auch seine Freiheiten hat.

Der Erfolg der letzten Woche gibt Dir Recht. Fünf Spiele nach Gang stand hinten die Null – ist das Teil Deiner Strategie?

PP: Es ist sicher nicht verwunderlich, dass ich als Torhüter zunächst mal großen Wert auf die Defensive lege. Mit der Defensive gewinnt man Meisterschaften – fünf Euro ins Phrasenschwein, aber das haben schon viele Trainer in der Fußballhistorie festgestellt. Auch ich bin der Meinung, dass am Ende eher die Mannschaft vorne steht, die ihre Spiele mit 1:0 oder 2:1 gewinnt, als ein Team, das 5:4 siegt. Denn wenn man vier Gegentore bekommt: Fünf Tore schießt man nicht immer!

Welcher Trainer bei der Borussia hat Dich besonders geprägt?

PP: Björn Klos. Menschlich und fachlich war er in meiner Zeit der Coach, der am besten zur Borussia gepasst hat. Er hat sich zu 100 Prozent mit Verein und Aufgabe identifiziert, war schon lange vor Trainingsbeginn da, hat alles akribisch vorbereitet und die Sprache der jungen Leute gesprochen, versucht, den Zusammenhalt auch durch Aktivitäten außerhalb von Training und Spiel zu stärken. Das hat mich auch immer wieder an meine Arbeit im schulischen Sportunterricht erinnert.

Warum beendest Du die Karriere? Du könntest in Deinem Alter doch auch nochmal wechseln…

PP: Die jetzige Mannschaft ist mir ans Herz gewachsen, so dass ich mir gesagt habe: Das ist das Team, in dem ich meine aktive Laufbahn beenden möchte.

Kannst Du Dir nach den zuletzt gemachten Erfahrungen eine Trainertätigkeit vorstellen? Schließlich hast Du ja im Schulfußball als Coach schon schöne Erfolge vorzuweisen…

PP: Das will ich nicht ausschließen, wenn ich all das jetzt hinter mir gelassen habe und die Lust auf den Fußball wieder kommt.

Philippe, herzlichen Dank für das intensive Gespräch und die klaren Worte! Borussia dankt Dir ganz herzlich für das jahrelange tolle Engagement, mit dem Du stets Deine Verbundenheit zur Borussia gezeigt hast, und wünscht Dir für die Zukunft nur das Beste! (-jf-)

5 Kommentare

    • Im Gegensatz zu einigen Deppen, die es jedoch überall auf der Welt gibt, Worte eines tadellosen Sportsmannes! Danke für dein Engagement bei Borussia und alles Gute für die Zukunft.

  1. Jetzt können sich die Kritiker ja die Hände reiben. Ihr Hirnlosen Deppen,Eure Giftpfeile sind als Wirkungstreffer angekommen.Schämen sollt Ihr Euch und wenn Ihr einen Funken Carakter habt,dann macht in Zukunft einen Riesenbogen ums Ellenfeld.Danke Philippe für Deine tollen Jahre bei Borussia und Deine ehrlichen Worte.Bleib gesund denk daran,es gibt genügend Borussen die Dein Argument für Borussia zu schätzen wissen.

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