Tiefschlag für Borussia

Pokalaus in Auersmacher / Tim Klein (Handelfmeter) und Vincenzo Accursio die Torschützen / Defensivabteilung gegen Auersmachers Offensive oft einen Schritt zu spät

Unser Bild: Vor der Partie gedachten Zuschauer, Spieler und Schiedsrichter des viel zu früh verstorbenen SVA-Stürmer Lucas Hector. (Foto: Susi Welter)

Das war zu erwarten! Nachdem die Borussia knapp 24 Stunden nach dem 2:8-Debakel des FC Barcelona in der UEFA-Champions League gegen die Bayern im Viertelfinale des Saarlandpokals mit dem gleichen Ergebnis beim SV Auersmacher die Segel streichen musste, lagen die Parallelen auf der Hand. „Jetzt werden wir in einem Atemzug mit Barcelona genannt“, kommentiert Yves Turner auf facebook. Christian Rachel ergänzt treffend: „Sollte normalerweise eine Ehre sein, aber zur Zeit wohl nicht.“ Stimmt. Die Identifikation mit der katalanischen Startruppe (Michael Dahl: „Wir sind Barcelona“ / Harald Kirsch: „Barca Neunkirchen“) ist in diesen Tagen definitiv nicht als Kompliment zu verstehen!

Auch das Halbzeitergebnis war exakt dasselbe wie in Lissabons Stadion de la Luz. 1:4 lagen die Borussen zu diesem Zeitpunkt bereits hinten. Schon früh stellte Auersmacher dabei das Signal auf Grün: Kaum vier Minuten waren gespielt, als Nils Cuccu – offenbar unter Einhaltung der Corona-Abstandsregeln – relativ ungestört aus elf Metern eine Hereingabe von Oliver Bickelmann annehmen und ins rechte untere Eck verwandeln durfte. Der Torschützenkönig der vergangenen Saison war es auch, der nur kurz darauf nach einem Zuspiel von Felix Laufer das Laufduell gegen Kamil Czeremurzynski für sich entschied und Sekundenbruchteile vor dem herausstürzenden Philippe Persch am Leder war, um es ins Tor zu spitzeln. Die Borussen taten sich jetzt noch schwerer, gegen früh pressende Gastgeber Struktur ins Spiel zu bringen, der Doppelschlag hatte sichtlich Spuren hinterlassen. Es wurde viel mit langen Bällen operiert, die aber meist keinen Abnehmer fanden. So musste eine Standardsituation für den Anschlusstreffer herhalten. Bei einem Freistoß von Tim Cullmann sprang der Ball Patrick Jantzen im Strafraum an die Hand, Tim Klein schickte beim Elfmeter SVA-Keeper Jan Müller in die falsche Ecke und nährte die Hoffnungen der Borussen-Fans auf eine mögliche Wende (21.).

Da keimte nochmal Hoffnung aus: Tim Kleins Elfmeter ist unterwegs ins Netz zum 1:2-Anschlusstreffer (oben), anschließend nahm der Torschütze die Glückwünsche seiner Teamkameraden entgegen (unten). (Fotos: Susi Welter)

Doch die erhielten nur zehn Minuten später wieder einen Dämpfer, als Sandro Kempf nach Laufer-Ecke in einer unübersichtlichen Situation im Borussen-Strafraum am schnellsten schaltete und den Ball zwischen Freund und Feind hindurch ins Netz chippte. Und es kam noch dicker für die Borussia, denn kurz darauf war es erneut Nils Cuccu, der nach Oliver Bickelmanns Pass vor Kamil Czeremurzynski am Ball war und aus 11 Metern das 4:1 markierte – fast eine Kopie des Führungstors.

Mit gehörigem Selbstvertrauen starteten die Gastgeber auch in Halbzeit zwei und sorgten nach 55 Minuten für die Vorentscheidung, als Felix Laufer nach kurz ausgeführter Ecke das Leder ins lange Eck schlenzte. Das 2:5 durch Vincenzo Accursio, der nach einer Kombination zwischen Dylan Sodji und Alexander Jochum auf der linken Flanke Maß nahm und ins rechte untere Toreck vollendete (62.), war nicht mehr als ein zaghaftes Aufflackern schwarz-weißer Hoffnungen. In der letzten Viertelstunde nahm Auersmacher nochmal Fahrt auf. Nach Julian Flammanns Fehlpass stand der eingewechselte Philipp Wunn auf einmal mutterseelenallein vor Philippe Persch und lupfte den Ball an Borussias Keeper rechts vorbei zum 6:2. Und nach Kamil Czeremurzynskis Ballverlust an der rechten Außenlinie war es wieder Auersmachers Nummer 9, der nach einer Flanke vor Sebastian Cullmann am Leder war und Philippe Persch zum siebten Mal das Nachsehen gab. Der Ex-Borusse Jan Luca Rebmann setzte kurz vor dem Abpfiff von Schiedsrichter Luca Schirilò den Schlusspunkt, als er den von Oliver Bickelmann in die Strafraummitte zurückgelegten Ball mit Vehemenz in die Maschen jagte.

Fazit: Die herausragende Qualität in der Offensive des SV Auersmacher, vor der Björn Klos seine Schützlinge eindringlich gewarnt hatte, war über 90 Minuten auf dem Platz präsent. Die torhungrige und gedankenschnelle Kreativabteilung der Gastgeber bekamen die Borussen zu keiner Phase richtig in den Griff. Von der in den Vorbereitungsspielen gezeigten Stabilität in der Abwehr war nicht viel übrig geblieben, Borussias Defensive, die oft den entscheidenden Schritt zu spät kam, wurde vom Auersmacher Sturm zunächst weggeblasen und vom anschließenden Tsunami gleich mehrfach überrollt. Jan Bergers Mannschaft bewies eine außergewöhnliche guten Frühform – das muss ebenso neidlos anerkannt werden wie die Maßnahme des SVA-Trainers, die Schlussphase aus Solidarität mit der verletzungsbedingt dezimierten Borussia ebenfalls nur mit zehn Spielern zu agieren: „Ich kenne diese Tage, an denen einfach gar nichts läuft. Es ging uns nicht darum, Neunkirchen abschießen zu wollen“, zeigte Berger Verständnis für die derzeitige Personalmisere des Gegners – Respekt vor dieser fairen Geste! Darüber hinaus ein großes Kompliment an die Gastgeber, denen es in akribischer Arbeit gelungen ist, die geforderten Hygienebedingungen umzusetzen und die Voraussetzungen für ein atmosphärisch gelungenes Pokalspiel vor immerhin 325 Zuschauern (unter ihnen Elversbergs Coach Horst Steffen) zu schaffen.

Über die neuformierte Mannschaft der Borussia sollte man indes jetzt nicht gleich den Stab brechen. „Historische Erniedrigung, Desaster, Vernichtung, Waterloo, Massaker“ – die Begriffe, mit denen die (süd)europäische Presse in gewohnt drastischer, zum Teil martialischer Sprache das 2:8 des FC Barcelona gegen die Bayern kommentiert, sind ein paar Klassen tiefer unangebracht. Die Niederlage ist eher unter dem Aspekt „Lehrstunde“ abzuhaken, aus der freilich die notwendigen Erkenntnisse gezogen werden müssen. „Unser Gegner hat heute das gemacht, was wir uns vorgenommen hatten. Ich kann jetzt noch nicht sagen, woran es gelegen hat, ob wir zu nervös waren. Ich weiß nur, dass wir deutlich besser spielen können“, so Trainer Björn Klos unmittelbar nach den 90 Minuten, die in den folgenden Übungseinheiten mit Sicherheit zu analysieren sein werden.

„Mund abwischen, fleißig trainieren. Jetzt weiß man, wo man steht, und das ist gut so“, meint Gabi Zwerch in ihrem facebook-Beitrag – die Borussia-Anhängerin aus Bayern hat dabei gleich ausgemacht, wo auf Björn Klos und seine Jungs wohl noch ein hartes Stück Arbeit wartet: „Die Abwehr gleicht einem Hühnerhaufen. Da gab es keine Zuordnung.“ Auch Horst Horbach will sich einem Untergangsszenario nicht anschließen: „Spiel verloren. Weiter geht´s. Bis zum Saisonstart an Kondition und Abstimmung arbeiten. Ich bleibe Optimist.“ Wie sagte doch einst der erfolgreiche Bayern-Titan Oliver Kahn kämpferisch: „Weiter! Immer weiter!“ Genau das gilt jetzt, für den FC Barcelona nicht weniger als die Borussia. (-jf-)

Borussia in der Statistik

Unsere Mannschaft: Philippe Persch – Marco Dahler, Tim Klein, Vincenzo Accursio, Kamil Czermurzynski, Niklas Allenfort, Christoph Stemmler (ab 27. Alexander Jochum), Julian Flammann, Tim Cullmann, Dylan Sodji, Sebastian Cullmann. – Unser Trainer: Björn Klos.

Tore: 1:0 Nils Cuccu (3.Min), 2:0 Nils Cuccu (12.Min), 2:1 Tim Klein (26.Min/HE), 3:1 Sandro Kempf (33.Min), 4:1 Nils Cuccu (38.Min), 5:1 Felix Laufer (55.Min), 5:2 Vincenzo Accursio (63.Min), 6:2 Philipp Wunn (73.Min), 7:2 Philipp Wunn (80.Min), 8:2 Jan Rebmann (88.Min). – Zuschauer: 325. – Schiedsrichter: Luca Schirilò ( ). – Gelbe Karte Borussia: Alexander Jochum.

Unsere Bilder zeigen Eindrücke vom Pokalspiel in Auersmacher. (Alle Fotos: Susi Welter)

1 Kommentar

  1. Wir haben ein bisschen philosophiert, gemütlich, auf unserem Wölkchen. Wenn man mit 1-0 verliert, ist man traurig und fragt sich, wo der eine Fehler passiert sein könnte und wie so etwas in Zukunft zu vermeiden wäre. Und all diese Philosophien würden möglicherweise zu nichts führen, weil man, Fußballkenner oder Laie, zu keinem anderen Ergebnis käme als, wir haben verloren. Wenn man aber mit 8 – 2 verliert, braucht man eigentlich nichts anderes zu akzeptieren als, wir haben verloren, und wie. Und wie Jo Frisch in seinem Artikel und alle Fußballkenner längst analysiert haben: wir haben nicht die Spur einer Chance gehabt und sollten uns Gedanken machen, wo die Ursache für diese Klatsche liegt. Nicht mehr, nicht weniger. Außerdem: verloren = verloren.
    Johannes und Leo, die die Hoffnung nie verlieren werden.

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