„Ut desint vires …“ – Saisonfinale nach Ovid

Der Wille war Borussia nicht abzusprechen, allein es fehlte die Kraft! / Presse- und Netzschau zum zweiten Relegationsspiel gegen Bingen

Unser Bild: Mit letzter Energie gegen Hassia – die Borussen-Abwehr stemmt sich mit (v.l.) Lionel Schmidt, Attila Serr (23), Yannick Bach, Philippe Persch und Mo Benghebrid der Binger Offensive entgegen. (Foto: Jan Sebastian Bach)

Von Jo Frisch

Reichlich Resonanz findet in Presse- und Netz das Relegationsspiel zwischen der Borussia und Hassia Bingen. Die „Saarbrücker Zeitung (SZ)“ schreibt unter der Überschrift „Kein Wunder im Ellenfeld – Borussia verpasst auch in der Relegation den Aufstieg“: „Um noch weiter vom Aufstieg träumen zu können, hätte die Mannschaft von Trainer Björn Klos einen Sieg mit mindestens zwei Toren Unterschied benötigt. (…) `Es ist schade, dass wir es nicht geschafft haben´, meinte Mittelfeldspieler Tom Fink enttäuscht. Der 21jährige hatte sein Team vor 400 Zuschauern bereits in der vierten Minute mit einem Schuss ins lange Eck mit 1:0 in Führung gebracht – und kurzzeitig dafür gesorgt, dass der Aufstiegstraum am Leben blieb. Doch Bingen schlug gegen die durch verletzungsbedingte Ausfälle arg dezimierten Gastgeber zurück. (…) `Wenn wir nicht s viele Ausfälle gehabt hätten, hätten wir die Aufstiegsrunde gewinnen können. Deshalb sind wir schon enttäuscht´, erklärte Borussen-Trainer Björn Klos. `Aber ich bin dennoch zufrieden. Wir haben eine Klasse-Saison gespielt. Man darf ja auch nicht vergessen, wo wir herkommen.´ Als Klos im Herbst 2017 das Traineramt von Tobias Grimm übernommen hatte, war der Club Vorletzter. Mit einer Aufholjagd schaffte es das Team bis ganz nach oben. (…) Dadurch, dass Borussia den Aufstieg verpasste, müssen der SV Hasborn aus der Saarlandliga und die SVGG Hangard aus der Verbandsliga Nord-Ost absteigen.“

Die „SZ“ bemüht angesichts des ungünstigen Ausgangs der Relegationsrunde im Übrigen auch die Vergangenheit: „Aufstiegsrunden sind einfach nichts mehr für Borussia Neunkirchen. In den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war die Borussia noch zweimal in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga erfolgreich. Doch bei seinen vergangenen drei Versuchen, über Aufstiegsrunden in höhere Ligen zu kommen, scheiterte der Traditionsclub: 1991 wurden die Hüttenstädter in der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga Letzter. Das gleiche Schicksal ereilte die Borussen im Jahr 2000 in der Aufstiegsrunde zur Regionalliga Süd. Jetzt verpasste das Team von Trainer Björn Klos in der Aufstiegsrunde die Rückkehr in die Oberliga.“ Höchste Zeit, dass sich das ändert! Das meint auch Tom Fink, Torschütze zum 1:0 gegen Bingen, der in der „SZ“ wie folgt zitiert wird: „Wenn die ganzen Verletzten nächste Saison wieder an Bord sind, dann können wir wieder neu angreifen. Und dann hoffentlich ohne Relegation aufsteigen.“

Für die „Allgemeine Zeitung“ aus Mainz „war Hassia Bingen über weite Strecken das spielbestimmende Team, vergab allerdings eine Vielzahl erstklassiger Möglichkeiten. Bereits nach vier Minuten lagen die Gäste nach einer Unaufmerksamkeit auf der linken Abwehrseite zurück, sie fanden jedoch nach zehn Minuten ihren Rhythmus. Baris Yakut erzielte mit einem trockenen Schuss nach tollem Doppelpass über Axel Neumann und Christian Klöckner den Ausgleich. Nach Enes Sovtics Kopfball auf Flanke von Espen Lautermann schien die Hassia mit dem 2:1 auf Kurs zu sein. Doch in der schwächeren zweiten Halbzeit gelang der Mannschaft von Nelson Rodrigues kein Tor mehr.“

Die Internet-Seite „fupa.net“ (Rheinhessen) resümiert die Partie in ihrer Auswirkung messerscharf: „Die Binger Hassia muss sich in ihrem ersten Aufstiegsspiel zur Fußball-Oberliga mit einem 2:2 bei Borussia Neunkirchen zufrieden geben, hat aber damit das große Ziel weiter im Visier. Und vor allem den Aufstieg in der eigenen Hand. Der Vizemeister aus der Verbandsliga Südwest kann mit einem Sieg gegen Eisbachtal am Mittwoch den Sprung in die Oberliga klarmachen. Der erste Weg der Mannschaft führte nach dem Abpfiff zu den Fans auf der Gegengeraden. Etwa 70 hatten sich auf den Weg ins Saarland gemacht. Und sie wurden nicht enttäuscht. Auch wenn es nicht der ganz große spielerische Leckerbissen war, die Moral im Binger Team stimmte. Und das Ergebnis auch. Zumindest teilweise. Vor etwa 350 Zuschauern im altehrwürdigen ehemaligen Bundesliga-Stadion am Ellenfeld, aus dem die Stadt Neunkirchen allerdings lieber Bauland machen möchte, war Bingen über weite Strecken das spielbestimmende Team. Die Mannen um Fabian Liesenfeld vergaben allerdings eine Vielzahl erstklassiger Möglichkeiten. Der zweitbeste Verbandsliga-Torschütze selbst war nach dem Abpfiff jedenfalls gehörig angefressen: „Ich war die ganzen 90 Minuten auf mich alleine gestellt, da muss mich doch mal jemand unterstützen“, zürnte er. (…) Sein Coach Nelson Rodrigues nahm die lautstarken Proteste seines Top-Stürmers gelassen hin: „Ich kann ihn ja verstehen, aber in zwei Stunden ist alles wieder gut.“

Viele Stimmen finden sich auch im Netz, die sich zum Teil nicht nur auf das Spiel gegen Bingen beschränken, sondern die gesamte Saison in den Blick nehmen. „Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas – mögen auch die Kräfte fehlen, so ist doch der Wille zu loben“. So heißt ein Sprichwort der alten Römer, überliefert vom Dichter Ovid. Und so könnte auch das Fazit der meisten Beiträge lauten. Peter Venitz schreibt auf der facebook-Seite der Schwarzen Teufel: „Sehr schade! Wohne weit weg und hab die Jungs in Eisbachtal live gesehen. Super gekämpft, man hat den Willen gesehen. Leider wollen die Körper nach der langen Saison nicht mehr. Irgendwie verständlich! Nach meiner Ansicht – aus der Ferne – hat sich aber wieder eine Mannschaft gefunden. Macht weiter so!“ Ähnlich sieht es Wolfram Schröder, der ein großes Kompliment für Björn Klos ausspricht: „Er hat aus der Mannschaft und den Fans eine Einheit geformt!“ Die Ursache für den verpassten Aufstieg sieht Wolfram Schröder – stellvertretend für viele Internet-User, darin, „dass die Mannschaft am Ende mit vielen Verletzungen zu kämpfen hatte. Auch können wir sicherlich einen so erfahrenen Spieler wie Jens Kirchen nicht ersetzen. Wir müssen realistisch analysieren, von wo die Borussia nach dem Abstieg aus der Oberliga kam. Wir waren auf dem letzten Tabellenplatz, die Mannschaft hat sich Stück für Stück nach oben gekämpft bzw. gespielt.“ Peter Hürter grüßt aus Mayen und bedauert, dass Borussia es nicht geschafft hat: „Hätte es euch echt gegönnt. So ein großer Traditionsverein sollte schon 1-2 Klassen höher spielen. Vielleicht nächstes Jahr!“ Für Dirk Hoffmann klingen allein die Namen Hassia Bingen und Borussia Neunkirchen „mehr nach Oberliga als nur nach Oberliga-Relegation. Schade, dass nicht beide hochgehen können.“ Bereits vor dem Spiel gegen die Hassia hatte Tim Alexander gepostet: „Leute, auch wenn es heute nichts werden sollte mit dem Aufstieg: Danke für eine tolle Saison. Begeistert uns Fans heute mit einem guten Saisonabschluss. Go Borussia!“ Nach der Partie war Tim Alexander denn auch „echt zufrieden: Gut gekämpft, nächste Saison greifen wir wieder an.“ Kritischer sieht das Ganze Alex Janes in seinem Beitrag, den er allerdings mit einem bemerkenswerten Statement abschließt: „Ich komme natürlich nachher ins Ellenfeld. Aber nicht, weil es sich die Mannschaft während der gesamten Spielzeit verdient hat. (…) Auch nicht, weil sich die Mannschaft die letzten Wochen so bravourös geschlagen hat – das hat sie meiner Meinung nach nämlich nicht. Auch wenn wir viele Verletzte hatten, die letzten Spiele waren fürchterlich. Ich komme ins Stadion, weil ich Fan von Borussia Neunkirchen bin, schon immer – und ich werde es auch weiter bleiben!“ Na dann – das ist doch mal ein Wort!

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