„Dylan ist ein Neunkircher!“

Unschönes Ende des Saarlandliga-Spiels gegen den TuS Herrensohr: Spielabbruch wegen rassistischer Beleidigung gegen Dylan Sodji unmittelbar nach dem 2:1-Führungstreffer der Gäste

Auf des Messers Schneide steht die Partie der Borussia gegen den TuS Herrensohr. 1:1 heißt es nach Toren von Dylan Sodji und Valentin Solovej, und noch sind zehn Minuten am Ostersamstag in der Ferraro-Sportarena zu spielen, als Jannik Kurz das Leder von der rechten Außenbahn in die Box flankt, wo Herrensohrs Torjäger per Kopf erneut zur Stelle ist und die Borussia mit 1:2 in Rückstand bringt. „Mindestens drei Meter Abseits“, echauffiert sich Trainer Thorsten Lahm. Zurecht, wie später die Videoaufnahmen von Kameramann Heinz Petri beweisen können. Dylan Sodji interviert vehement beim Linienrichter, formt Daumen und Zeigefinger mit beiden Händen zu einer Brille. Schiedsrichter Lukas Rohn vom FC Elm hält Borussias Mittelfeldspieler den gelben Karton unter die Nase. Dann eskaliert die Situation: Ein Zuschauer fordert unter Verwendung des geächteten „N“-Wortes gleich den Platzverweis von Dylan Sodji. Nach ein paar Minuten Durcheinander die bittere Konsequenz: Spielabbruch!

Die rassistische Beleidigung Dylan Sodjis ist kein Einzelfall. Auch im Amateurfuball. Leider! Es ist gerade einmal einen Monat her, da schlugen Djibril Sossah, Stürmer von Saar 05, beim Spiel seiner Mannschaft in Hasborn ebenfalls verbale Entgleisungen entgegen. Auch Dylan Sodji, der im Sommer 2020 vom pfälzischen Landesligisten SV Hermersberg ins Ellenfeld gekommen war, erlebt so etwas nicht zum ersten Mal: „Davon lasse ich mich nicht unterkriegen“, sagt der 27jährige deutsche Beamte mit französischen Eltern und togolesischen Großeltern, der sowohl von den Mannschaftskameraden als auch den Fans sofort viel Solidarität und Unterstützung erhält: „Dylan ist ein Neunkircher“, schallt es nach dem Spielabbruch von den Rängen. Der erste Vorsitzende Borussias, Alexander Kunz, anfangs über den vorzeitigen Abpfiff überrascht, weil er die Vorkommnisse nicht richtig mitbekommen hatte, geleitet den Täter aus der Ferraro-Sportarena. „Wir haben die Personalien aufgenommen und sie dem Schiedsrichter für seinen Bericht mitgeteilt. Der Mann, der aus Saarbrücken kommt, ist definitiv kein Dauerkarteninhaber der Borussia, wie es vereinzelt unsinnigerweise in den sozialen Medien zu lesen war“, stellt Alexander Kunz unmissverständlich klar.

Erst Schütze des Führungstreffers, später Zielscheibe einer rassistischen Beleidigung: Borussias Mittelfeldspieler Dylan Sodji. (Foto: Susi Welter)

Wie das Spiel gewertet wird? Derzeit völlig offen. Die Spielordnung des Saarländischen Fußballverbandes (SFV) enthält zwar einen Paragraphen zu Spielabbrüchen, wie aber in einem durch rassistische Beleidung begründeten Fall vorzugehen ist, ist darin nicht festgelegt. Ein Abbruch liegt bei einem solchen Vorkommen im Ermessensspielraum des Unparteiischen. Dass das Spiel nicht fortgesetzt wurde, findet Dylan Sodji durchaus in Ordnung: „Wäre weitergespielt worden, wären alle wieder darüber hinweg gegangen. So aber können die Menschen für die Problematik vielleicht eher sensibilisiert werden“, hofft Borussias Nummer 27. Egal, wie das Sportgericht des SFV entscheidet – der Übeltäter hat auf jeden Fall dem Fußball, der bei vielen Veranstaltungen immer wieder seine völkerverbindende Kraft bewiesen hat, und dem menschlichen Miteinander einen Bärendienst erwiesen!

Die sportlichen Ereignisse in den gut 80 Minuten vorher waren längst in den Hintergrund gerückt. In der Anfangsphase gab es Chancen hüben wie drüben. Jannik Kurz zielte für den TuS nach schöner Kombination etwas zu hoch (4.), Georg Amann holte einen Freistoß von Tim Klein per Fußabwehr aus der bedrohten kurzen Ecke (5.), Florian Stopp verzog – nach Vorarbeit von Tm Klein und Simon Schreibeisen – aus guter Schussposition halbrechts aus etwa 8 Metern das Leder ans Außennetz. Mitte der ersten Hälfte erspielten sich die Borussen dann ein leichtes Übergewicht. Der verdiente Lohn: Das 1:0, ausgerechnet durch Dylan Sodji, der nach langem Einwurf von Florian Stopp von einer unfreiwilligen Kopfballverlängerung von TuS-Torjäger Valentin Solovej profitierte und ohne zu zögern den Ball per Flachschuss ins Netzt jagte (26.). Noch vor der Pause hätte Simon Schreibeisen gleich zweimal auf 2:0 erhöhen können, doch sein abgefälschter Schuss rauschte am Tor vorbei (34.), ehe Borussias Nummer 10 nach Einwurf von Florian Stopp und Kopfballverlängerung von Marco Dahler den schwer zu nehmenden Ball am linken Torpfosten aus kurzer Distanz über den Querbalken drosch.

„Da haben wir verpasst, für eine Vorentscheidung zu sorgen, denn wir hatten den Gegner im Griff“, so Dylan Sodjis Analyse, der mit dem Blick auf die beiden Gegentore und einigem Ärger im Bauch feststellen musste, „dass wir uns immer wieder durch die mangelhafte Chancenverwertung und dumme Fehler und Unkonzentriertheiten selbst ein Bein stellen und den Gegner stark machen.“ Was er damit meinte: TuS-Keeper Amann konnte einen Schuss von Niklas Allenfort aus spitzem Winkel zwar gut parieren, doch das Leder landete genau vor den Füßen von Tim Klein, der im allerletzten Moment abgeblockt wurde (48.). Nur wenig später scheiterte Borussias Torjäger Nummer eins nach Vorlage von Florian Stopp freistehend vom 11-Meter-Punkt aus an der blitzschnellen Reaktion von Herrensohrs Torwart (57.) – das hätte das 2:0 sein können! Pech hatte Tim Klein nach 66 Minuten, als sein angeschnittener Freistoß von links außen nur knapp am Kreuzeck des TuS-Tores vorbeisegelte. Von den Gästen war offensiv bis dahin nicht viel gekommen. Doch wie aus dem Nichts schlugen sie dann nach 72 Minuten zum ersten Mal zu: Bei einer Hereingabe von Jannik Kurz stieg Valentin Solovej höher als Marco Dahler und wuchtete das Leder per Kopf unter die Latte. Gleiches Schema, gleiches Resultat acht Minuten später: Flanke Kurz, Kopfball Solovej – und Herrensohr hatte die Partie gedreht, ehe es dann zum unschönen Ende mit offenem Ausgang kam.

Was umso ärgerlicher war, als der Tag im Ellenfeld punkt 12 Uhr mit dem Gulaschfest richtig gut begonnen hatte. „Die Leute waren schon früh da, viele auch mit Suppenschüsseln, um etwas mit nach Hause zu nehmen. Bis auf ein paar Kellen Gulaschsuppe ist alles weg“, bilanzierte Alexander Kunz. Borussias Vorsitzender war erfreut, dass auch Oberbürgermeister Jörg Aumann und viele Sponsoren am Fest teilnahmen. „Auch die Spieler beider Mannschaften haben nach den 90 Minuten trotz der emotional etwas aufgeheizten Stimmung zusammen gegessen. Dabei haben einige Akteure aus Herrensohr sogar noch einen Beitrag in die Spendenbox gegeben – dafür herzlichen Dank und großen Respekt. Das gilt ebenso allen Beteiligten und Helfern, die zum Gelingen der Aktion beigetragen haben“, so Alexander Kunz am Ende eines wahrlich aufregenden Nachmittags. (-jf-)

Statistik: Borussia – TuS Herrensohr 1:2 (1:0, nach 83 Minuten abgebrochen)

Borussia: Maximilian Strack – Kamil Czeremurzynski (ab 76. Tim Braun), Marco Dahler, Nico Purket, Christoph Stemmler, Niklas Allenfort, Michael Müller, Simon Schreibeisen, Dylan Sodji, Florian Stopp, Tim Klein (ab 76. Nico Christmann). – Trainer: Thorsten Lahm.

Tore: 1:0 (26.) Dylan Sodji, 1:1 (72.) Valentin Solovej, 1:2 (80.) Valentin Solovej. – Schiedsrichter: Lukas Rohn (FC Elm). – Zuschauer: 400. – Gelbe Karten Borussia: Kamil Czeremurzynski (30.), Christoph Stemmler (62.), Dylan Sodji (81.).

Untenstehend ein paar Bildimpressionen vom Spiel der Borussia gegen den TuS Herrensohr. (Fotos: Susi Welter – vielen Dank!)

1 Kommentar

  1. #RASSISMUS KENNT KEINE GRENZEN UND EXISIERT ÜBERALL!
    LEIDER STOPPT KEINER NEBENAN DAS GESCHEHEN DAMIT ES AUFHÖRT!
    EBENSO #MOBBING #BOSSING und andere Spielchen der Gesellschaft !
    WENN DIEJENIGEN MAL SELBST BETROFFEN WERDEN , UND DEN SCHMERZ AM EIGENEN LEIB UND DER SEELE SPÜREN ,HÖRT ES IRGENDWANN AUF !
    #DEMADDINNAUNK

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