„Sowas darf wirklich nur einmal passieren!“

Interview mit Borussen-Trainer Thorsten Lahm zum Spiel beim SC Halberg-Brebach

Gleich eine zweifache Premiere der unangenehmen Art erlebte Thorsten Lahm am vergangenen Wochenende beim Spiel der Borussia in Brebach: Zum ersten Mal mussten sich seine Schützlinge unter seiner Regie einem Gegner der Saarlandliga geschlagen geben, zum ersten Mal in seiner langen Spieler- und Trainerkarriere verlor der Borussen-Coach mit seiner Mannschaft nach einer 3:0-Führung. Nachdem er ein paar Nächte über die 3:4-Niederlage geschlafen und die 90 Minuten vom Halberg einer gründliche Video-Analyse unterzogen hat, versucht Thorsten Lahm (TL) im Interview das „Unfassbare“, „Ungalubliche“, „Unerklärliche“ (so die Kommentare in den sozialen Netzwerken) zu erklären.

Thorsten, immer noch enttäuscht über das, was in Brebach passiert ist?

TL: Am Wochenende habe ich versucht, das Spiel zu verarbeiten, auch wenn es schwer war, das alles nachzuvollziehen. Wir haben die drei Punkte, die zum Greifen nah waren, hergeschenkt. Bei allem Respekt vor der Leistung des Gegners: Wenn du am Anfang so dominant auftrittst und 3:0 führst, musst du das knallhart runterspielen. Da gibt es kein Vertun. Keine Frage: Diese Niederlage tut auch nach zwei, drei Tagen noch weh.

Dein Trainerkollege Thomas Bettinger von der Sportvereinigung in Quierschied hat in einem Beitrag der „Saarbrücker Zeitung“ gesagt: „Im Fußball ist nicht alles zu erklären.“ Gehört das Spiel und sein Verlauf in Brebach auch in die Kategorie des Unerklärbaren?

TL: Die Aussage meines Kollegen trifft sicherlich manchmal zu, aber verführt natürlich auch dazu, das Unerklärbare als Alibi zu nehmen. Denn wenn man genauer hinschaut, lassen sich manche Dinge dann doch erklären. So zum Beispiel bei unserem Spiel in Brebach.

Das bedeutet konkret?

TL: Wir haben den Gegner in der Anfangsphase geradezu an die Wand gespielt. Da hätte es angesichts unserer Torchancen statt 3:0 auch gerne 4:0 oder 5:0 stehen können. Aber im Gefühl des sicheren Vorsprungs haben wir in allen Bereichen sukzessiv nachgelassen: Weniger Laufbereitschaft, ungenaues Passspiel, fehlerhafter Spielaufbau, fahrlässiges Zweikampf- und Deckungsverhalten. Wenn in diesen Bereichen auch nur 10 Prozent weniger abgerufen werden, summiert sich das, und dann kommt am Ende sowas heraus. Was wir in den ersten 20, 25 Minuten richtig gut gemacht haben, haben wir danach falsch gemacht. Zudem hat Brebach mit dem Ausgleichstreffer zu einem äußerst günstigen Zeitpunkt direkt vor dem Halbzeitpfiff das Momentum auf seine Seite gezogen. So ging das Spiel nach der Pause quasi nochmal von vorne los, dazu darf es nach unserer 3:0-Führung erst gar nicht kommen.

Ist das möglicherweise auch der Tatsache geschuldet, dass viele junge Spieler auf dem Platz standen?

TL: Mag sein, zum Teil. Aber da müssen die erfahrenen Leute in unseren Reihen die Führung übernehmen. Das habe ich vermisst.

Als Trainer eher der ruhige und gelassene Typ – aber Thorsten Lahm kann gelegentlich auch anders, wenn es die Situation erfordert! (Foto: -jf-)

Der SC Halberg-Brebach war ja in dieser Saison wenig berechenbar und hat in jeder Richtung überraschende Ergebnisse abgeliefert.

TL: Sie haben gute Fußballer in ihren Reihen. Beispielsweise den Kapitän und dreifachen Torschützen Ahmed Tahar, der zeigen konnte, was einen guten Fußballer ausmacht. Das hatte ich den Jungs auch vorher klargemacht. Wenn man sie spielen lässt und ihnen Raum gibt, kommt man in Schwierigkeiten. Und genau diesen Fehler haben wir nach unserer klaren Führung gemacht.

Eine deutliche Führung noch zu verspielen, ist aber auch anderen Mannschaften, selbst gestandenen Profis schon passiert.

TL: Ja, ich denke zum Beispiel an ein Länderspiel vor mittlerweile zehn Jahren, als die deutsche Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation für Brasilien ein 4:0 gegen Schweden in der letzten halben Stunde noch verspielt hat und es am Ende 4:4 stand. Aber das darf dann wirklich nur einmal passieren!

Jetzt gilt es, vor dem Spiel am Samstag gegen Mettlach die Mannschaft mental wieder aufzubauen. Wie willst Du das tun?

TL: Wir werden uns heute Abend das Brebach-Spiel ausführlich vor Augen führen und detailliert analysieren, was falsch gelaufen ist. Ich habe den Jungs klar gemacht, dass wir aus diesem Spiel ganz viel lernen können. Auch wenn wir wenigstens einen Punkt gerne mitgenommen hätten: Vielleicht musste es so sein, vielleicht war es gar nicht einmal so schlecht, dass es am Ende einen Totalverlust gab. Das schärft die Sinne vielleicht mehr als wenn man zur Tagesordnung übergeht und sagt: Es ist ja noch halbwegs gut gegangen. Nein, die Partie in Brebach sollten wir als Schuss vor den Bug bewerten. Wenn man so agiert, wie wir das getan haben, reicht es eben nicht! Dazu darf man ja nicht übersehen, dass auch in einigen durchaus engen Spielen davor das Spielglück auf unserer Seite stand und es gut für uns ausgegangen ist. Diesmal eben nicht. Und daraus müssen wir die richtigen Schlüsse ziehen. Aus solchen Spielen lernt man oft am meisten!

Dann drücken wir die Daumen, dass die Jungs am Samstag gegen den Tabellenvierten SG Mettlach-Merzig die richtige Reaktion zeigen, zumal sie ja aus dem mit 1:3 verlorenen Hinspiel noch etwas gutzumachen haben. Vielen Dank für das Gespräch und eine gute restliche Trainingswoche! (-jf-)

3 Kommentare

  1. Trainer Lahm hat das sehr treffend analysiert. Man muss die Lehren aus diesem Spiel ziehen, nach vorne schauen und am Samstag die drei Punkte einfahren. Die lange Winterpause dazu nutzen sich auf die Restrunde vorzubereiten und das Ziel nicht aus den Augen verlieren.
    Ich bin überzeugt, dass der Trainer die Mannschaft bestmöglich formt und wir es schaffen werden unter seiner Leitung.

  2. Liebe Borussia !
    Ich habe selten so eine gute und detaillierte Spielanalyse eines Trainers gelesen !! Da fragt man sich wirklich , warum er es nicht geschafft hat seine Spieler in der Halbzeit wieder in die Spur zu bringen. Schade- 3 verschenkte Punkte zum Ziel Meisterschaft und Aufstieg ! Trotzdem – BORUSSIA wird nicht untergehen !!!

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