Szenen einer Aufstiegsrunde (3)

Aus Borussias traditionsreicher Historie: Ein Punkt am Essener Uhlenkrug reicht für die Rückkehr in die Bundesliga / In der gesamten Runde nur 12 Spieler eingesetzt! / Wolfgang Gayer mit 7 Toren Torschützenkönig

Unser Bild: Lauter glückliche Gesichter in Borussias Reihen nach dem 1:1 bei Schwarz-Weiß Essen. In der Bildmitte (von links) die drei Hauptverantwortlichen für die Rückkehr in die Bundesliga: Trainer Zeljko Cajkovski, Kapitän Günter Kuntz und Präsident Engel. (Foto: 90 Minuten – mit Ferdi Hartung in die Bundesliga)

Schon vor den letzten beiden Runden der Qualifikation für die Bundesliga im Juni 1967 war klar, dass nur noch zwei Vereine für den Aufstieg in Frage kamen: Borussia Neunkirchen und der ETB Schwarz-Weiß Essen. Borussia führte die Tabelle mit drei Zähler Vorsprung vor den Schwarz-Weißen aus der Ruhrmetropole an, alle anderen Teams waren schon aus dem Rennen.

Am traditionsreichen Essener Uhlenkrug genügte Borussia schon ein Punkt, um die Rückkehr in die Bundesliga schon vor dem abschließenden Heimspiel gegen die Berliner Hertha klarzumachen, die Schwarz-Weißen aus dem Ruhrpott dagegen, bei denen mit Torhüter Merchel, Mozin und Klöckner noch drei Spieler aus dem mit 5:2 gewonnenen DFB-Pokalfinale 1959 gegen die Borussia dabei waren, mussten gewinnen, um noch eine Chance zu haben. Borussen-Coach Zeljko Cajkovski hatte vor dem Spiel in die psychologische Trickkiste gegriffen und den Gegner im Glauben gelassen, er werde seine besten Spieler für das letzte wohl entscheidende Spiel im Ellenfeld gegen Hertha BSC schonen. „Wenn ich mit meiner besten Mannschaft in Essen verliere, muss ich zur Entscheidung am Sonntag gegen Berlin eine ausgelaugte Truppe bringen“, hatte er durch die Presse verlauten lassen. Eine Taktik, die 1954 Bundestrainer Sepp Herberger gegen die Ungarn schon erfolgreich angewendet hatte. Trotz der Ankündigung bot Cajkovski dann aber doch seine erste Garnitur auf.

Das änderte freilich nichts daran, dass die Essener gleich loslegten wie die Feuerwehr. Stürmer Hans Walitza, der später im Trikot des 1. FC Nürnberg und VfL Bochum als Torjäger in der Bundesliga für Furore sorgte, brachte den ETB vor 10.000 Fans folgerichtig nach 18 Minuten in Führung. Während die Essener es versäumten, das 1:0 auszubauen, gelang Borussia durch – wen wohl? – Wolfgang Gayer nach 67 Minuten per Kopfball der Ausgleich. Und diesen einen Zähler gaben die Borussen jetzt nicht mehr her, verteidigten mit Zähnen und Klauen das von Horst Kirsch gehütete Tor. Mit Erfolg! Als FIFA-Schiedsrichter Kreitlein zum letzten Mal in seine Trillerpfeife blies und die 90 Minuten beendete, war Borussia wieder Bundesligist!

Autokorso für die Aufsteiger: Begeisterter Empfang der Borussen nach dem 1:1 in Essen (Bild oben), OB Friedrich Regitz (Bild unten, rechts) beglückwüscht (v.l.) den Spielausschuß-Vorsitzenden Kurt Gluding, Präsident Norbert Engel und Trainer Zeljko Cajkovski. (Fotos: Schwarz-Weiße Blätter).

Der Jubel in Neunkirchen war unbeschreiblich. Der improvisierte Empfang der erfolgreichen Mannschaft in der Heimat wurde zu einem Freudenfest. „Oberbürgermeister Friedrich Regitz ließ es sich nicht nehmen, den neuen Bundesligisten zu beglückwünschen. Viele Anhänger fuhren mit ihren Wagen der Elf bis zur Abzweigung Autobahn entgegen und geleiteten sie im Triumphzug in unsere Stadt“, schreibt Borussias damaliger Pressewart Erich Manz rückblickend wenige Wochen später voller Pathos in der Vereinszeitschrift „Schwarz-Weiße Blätter“. Dass die darauffolgende finale Partie im Ellenfeld vor 15.000 Zuschauern gegen die Hertha durch ein Tor von Hans-Dieter Kluge (82.) mit 0:1 verloren ging, hatte zwar nur noch statistischen Wert, ärgerte Trainer Cajkovski dennoch ein bißchen, war es doch die erste Heimniederlage unter seiner bis dahin einjährigen Stabführung.

Blumen für den neuen, alten Bundesligisten: Hertha-Kapitän Helmut Fäder überreicht seinem Kollegen Günter Kuntz einen Strauß Rosen. Das war´s aber mit Geschenken, denn die Punkte holten die Berliner im letzten Aufstiegsspiel aus dem Ellenfeld mit. (Foto: 90 Minuten – mit Ferdi Hartung in die Bundesliga)

Die Borussen hatten den direkten Wiederaufstieg zweifellos einer starken und geschlossenen Mannschaftsleistung zu verdanken. Das Team trat als Einheit auf und hatte auch nach der 2:5-Schlappe in Hof den Glauben an sich nicht verloren. Zudem blieb die Cajkovksi-Truppe vom Verletzungspech verschont – in Zeiten, in denen noch nicht ausgewechselt werden durfte, ein unschätzbarer Vorteil. So kam der Borussia-Coach in allen acht Qualifikationsspielen mit nur 12 eingesetzten Spielern aus! Herausragend vor allem der beste Torschütze Wolfgang Gayer – ein Mannheimer, der auf Einladung seiner Schwester nach Österreich gegangen war und dort Torschützenkönig geworden war, bevor Borussia ihn verplichtete. Mit 7 Toren in den 8 Partien hatte der Stürmer sicherlich den Löwenanteil am Aufstieg auf seinem Konto zu verzeichnen. Aber auch Erich Hermesdorf, den Borussia zuvor von Eintracht Trier geholt hatte, Hans Linsenmaier (war vom ASV Landau gekommen) und der Marpinger Erich Leist als zweifacher bombensicherer Elfmeterschütze trugen sich in die Torschützenliste ein und sorgten mit dafür, dass Borussia an diesem Mittwochabend, dem 18. Juni 1967, wieder oben war!

Abschlusstabelle Aufstiegsrunde 1967

1.Borussia Neunkirchen : 17:12 Tore / 11:5-Punkte

2.ETB Schwarz-Weiß Essen: 13:9-Tore / 10:6-Punkte

3.Arminia Hannover: 14:14-Tore / 7:9-Punkte

4.FC Bayern Hof: 11:16-Tore / 7:9-Punkte

5.Hertha BSC Berlin: 8:12-Tore / 5:11-Punkte

Torschützenliste Borussia / 6 Spieler erzielten 17 Tore

1.Wolfgang Gayer           7 Tore

2.Ludwig Lang                   3 Tore

3.Erich Hermesdorf        2 Tore

   Jürgen Pontes                2 Tore

   Erich Leist                        2 Tore

4.Hans Linsenmaier        1 Tor

Eingesetzte Spieler der Borussia: Horst Kirsch – Gerd Regitz, Peter Czernotzky, Günter Kuntz, Erich Leist, Dieter Schock, Jürgen Pontes, Wolfgang Gayer, Ludwig Lang, Erich Hermesdorf, Hans Linsenmaier, Jürgen Fuhrmann. / Trainer: Zeljko Cajkovski

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