Szenen einer Aufstiegsrunde (2)

Aus Borussias traditionsreicher Historie: Acht Tore in Hannover und gegen Bayern Hof stießen 1967 das Tor zur Bundesliga weit auf!

Unser Foto: Haare-Raufen bei Torhüter Horst Kirsch und der Borussen-Abwehr – soeben hat Reinhard Adler das 3:1 für Arminia Hannover erzielt, Borussia schien zur Pause schon geschlagen. (Foto: 90 Minuten – mit Ferdi Hartung in die Bundesliga)

Die Voraussetzungen für den Start in die Rückrunde in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga waren gut für Borussia. Mit 6:2-Punkten an der Tabellenspitze der Gruppe 1 hatten die Jungs von Trainer Zeljko Cajkovski zehn Tage Ruhepause, bevor es zum schweren Auswärtsspiel zum Nordmeister Arminia Hannover in Niedersachsenstadion ging.

Anders als in den Spielen zuvor hatte der Himmel über Norddeutschenland seine Schleusen sperrangelweit geöffnet und es regnete in Strömen, als Kapitän Günter Kuntz und Torhüter Horst Kirsch aus den in der ersten Etage des Stadions gelegenen Kabinen viele Stufen hinunter aufs Spielfeld gingen. Das miese Wetter war wohl auch schuld daran, dass sich kaum mehr als 6000 Fans im weiten Runde der Betonschüssel verloren – stimmungsmäßig erlebten die Borussen jetzt den totalen Kontrast zur Atmosphäre zuvor in Berlin. Doch auch sportlich bekam die Mannschaft seltsamerweise nicht halb so viel „auf die Reihe“ wie im Olympiastadion. So musste es niemanden verwundern, dass die kalte Dusche für die Borussen nicht nur von oben, sondern auch in sportlicher Form kam: Schon nach acht Minuten sorgte Arminias Reinhard Adler für den frühen Rückstand. Wolfgang Gayer stellte zwar zwanzig Minuten später den Ausgleich her, doch die Gastgeber erhöhten den Druck, dem Borussia vor der Pause nun nicht mehr gewachsen war. Die Folge: Willi Langemann und erneut Reinhard Adler brachten die Arminen mit 3:1 nach vorne. Fassungslosigkeit in der Borussen-Abwehr, Torhüter Kirsch schlug die Hände über dem Kopf zusammen, Abwehrspieler Peter Czernotzky sank konsterniert zu Boden. Als Schiedsrichter Rudolf Schreiner zum Pausentee bat, gab niemand unter den Fans mehr auch nur einen Pfifferling für die Borussia, so souverän hatte Arminia bis dahin aufgetrumpft und eine gefährliche Situation nach der anderen heraufbeschworen, so dass die 3:1-Pausenführung auch in dieser Höhe in Ordnung ging.

Nach der Pause zunächst das gleiche Bild. Erst mit Erich Leists verwandeltem Elfmeter zum 2:3-Anschlusstreffer nach gut einer Stunde rochen die Borussen wieder Lunte, gestalteten die Partie jetzt offener. In der Schlussphase entschieden dann ganz offenbar die größeren Kraftreserven, die Partie nahm einen zuvor nicht mehr für möglich gehaltene Wende. Ein Doppelschlag stieß das Tor zur Bundesliga für die Borussen ganz weit auf: Zunächst schaffte Wolfgang Gayer mit seinem nunmehr schon sechsten Aufstiegsrundentor den 3:3-Ausgleich, Erich Hermesdorf ließ die Fans der Borussia nur zwei Minuten später mit seinem Siegtor zum 4:3 nahezu ausflippen. Zusammen mit elf glücklichen Spielern und Trainer Cajkovksi lagen sie sich nach dem Schlusspiff in den Armen! Jetzt konnten die Bayern aus Hof ins Ellenfeld kommen!

Mit denen hatten die Borussen aus dem mit 2:5 verlorenen Hinspiel noch ein „Hühnchen zu rupfen“. Durch die bislang herausragende Runde und den Sieg in Hannover geradezu elektrisiert drängten sich mehr als 33.000 Fans ins restlos ausverkaufte und überfüllte Ellenfeld-Stadion – die höchste jemals in der 107jährigen Geschichte der altehrwürdigen Arena registrierte Zuschauerzahl. „Zwischen die Zuschauer passte kein Stück Papier“, „ zusammengepfercht wie in einer Sardinenbüchse“ – Äußerungen, die den Zustand auf den steilen Rängen bei tropischen Temperaturen ganz treffend beschreiben! Keiner musste sein Kommen bereuen – denn eine Borussia, die nach Erich Leists Führung per Foulelfmeter (Stürmer Ludwig Lang war im Hofer Strafraum zu Fall gekommen) nach 25 Minuten so richtig Fahrt aufnahm, schoss die Bayern am Ende mit 4:0 endgültig aus dem Aufstiegsrennen. Vor allem Ludwig Lang war kaum zu bremsen, steuerte gleich zwei Treffer (29. / 76.) zum Triumph bei. Kurios sein Tor zum 2:0, als Borussias Stürmer Schlitzohrigkeit bewies: Lang luchste Hofs Torwart Winterlang das Leder ab, als der beim Abschlag den Ball auftupfen ließ, und schob es ins Tor. Den Schlusspunkt in sengender Hitze setzte Hans Linsenmaier (84.) mit dem 4:0. (Fortsetzung folgt)

Vor den beiden letzten Spieltagen der Aufstiegsrunde hatte die Tabelle der Gruppe 1 folgendes Aussehen:

1.Borussia Neunkirchen: 16:10-Tore / 10:2-Punkte

2.ETB Schwarz-Weiß Essen: 8:8-Tore / 7:5-Punkte

3.FC Bayern Hof: 10:14-Tore / 7:7-Punkte

4.Arminia Hannover: 12:9-Tore / 5:7-Punkte

5.Hertha BSC Berlin: 7:12-Tore / 3:11-Punkte