Mr. Ellenfeld-Stadion ist 65!

„Für einen Traditionsverein ist ein intaktes Gedächtnis lebensnotwendig.“ Sagt Tobias Fuchs, ehemaliger Stadion- und Pressesprecher der Borussia, promovierter Kulturwissenschaftler in Berlin und Mitherausgeber des Jubiläumsbuches „100 Jahre Ellenfeld“. Die Borussia darf sich glücklich schätzen, ein solch intaktes Gedächtnis zu haben. Das personifizierte Gedächtnis der Borussia heißt Professor Dr. Jens Kelm. Der habilitierte Mediziner ist 65 Jahre alt geworden – herzlichen Glückwunsch und alles Liebe und Gute!

Vereinsarzt, Archivar, Buchherausgeber, Stadionbeauftragter, Mitglied im Aufsichtsrat, Ältestenrat und Ellenfeld-Verein und Stadionführer – die Palette der Tätigkeitbereiche von Jens Kelm ist bunt. Groß ist seine Liebe zum historischen Ellenfeld-Stadion. Mindestens zweimal in der Woche schaut er dort rein, macht Bilder und ist immer wieder fasziniert von dem einmaligen Ensemble aus der Bundesliga-Gründerzeit: „Das ist ein Stadion! Mehr als ein Stadion!“ Diese Begeisterung überträgt er auf die zahlreichen Gäste, die ihn bei nahezu jedem Heimspiel bei Führungen durch die Arena begleiten: Seine quicklebendig angebrachte Kenntnis und Fachkompetenz strahlen aus. Denn das Ellenfeld ist ihm ein regelrechtes Herzensanliegen. Unzählige Stunden hat er an der Weiterentwicklung gearbeitet, hier und dort die Interessen von Verein und Stadion vertreten.

In seinem Element: Jens Kelm kennt im Ellenfeld jeden Stein (Foto oben) und vermag bei Wind und Wetter auf seinen Führungen durch das Stadion, seien es Gäste aus den Niederlanden (Foto unten, li.) oder eine Gruppe von Fans des Hamburger SV (Foto unten, re.) nachhaltig zu beeindrucken.

Richtig echauffieren kann er sich, wenn er irgendwo etwas vom „maroden“ Ellenfeld liest oder hört: „Unser Stadion ist keineswegs marode, auch die Spieser Kurve nicht. Das hat eine Studie der Universität Luxembourg eindeutig ergeben!“ Der Erhalt der beeindruckenden Kurve mit ihren 47 steilen Stufen und 15 Metern Höhe, die, schaut man genauer hin, selbst in den Ecken eigentlich keine Kurve ist, ist für Jens Kelm von essentieller Bedeutung: „Sie macht, zusammen mit Block 5, in dem unsere Fans zuhause sind, den Charakter des Stadions aus. Wenn die beiden Teile wegfallen, verliert das Stadion seine Einmaligkeit.“ Jens Kelm kämpft stets als Mann der klaren Worte, Taten und Positionen, der mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält, weiter für das Stadion, das in seinen Augen auch sinnbildlich für die lange Tradition des Fußballs in der gesamten Region steht. So ist es auch in der Satzung des von ihm geleiteten Ellenfeld-Vereins e.V. verankert: „Der Name Ellenfeld verweist für uns nicht nur auf das älteste Stadion im Saarland, sondern auf die lange Tradition des Fußballs in der gesamten Region.“

„Die Spieser Kurve ist nicht marode, sondern benötigt lediglich eine Betonschadstellensanierung“, kämpft Jens Kelm für den Erhalt des einmaligen Stadionensembles.

Ein Schlüsselerlebnis in seinem Verhältnis zum Ellenfeld und zur Borussia war der 26. Mai 1971. Der damals 12jährige ist, seit er denken kann, Anhänger der Borussen. Geprägt haben ihn die Erzählungen seines Großvaters Heinrich Honecker sowie der beiden Onkel Friedel Buchmann und Manfred Weber. „An diesem warmen Tag im Mai hängt der Haussehen in der Familie Kelm jedoch gewaltig schief“, erinnert sich Jens Kelm: „Beim Mittagessen eröffnete ich meinem Vater, dass ich heute ausnahmsweise nicht ins Fecht-Training, sondern ins Ellenfeld gehe.“ Dort erwartete Borussia in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga den achtmaligen deutschen Meister 1. FC Nürnberg – Grund genug, das Fecht-Training sausen zu lassen, auch wenn es Vater Kelm, selbst erfolgreicher Fechter beim TuS 1860 Neunkirchen, wohl nicht gefallen hat. „Schon früh gegen 15.00 Uhr – das Spiel gegen Nürnberg begann erst um 18.30 Uhr! – ließ ich mich“, so berichtet er, „an jenem Tag im Mai 1971 auf den noch leeren Betonstufen der Vortribüne, ungefähr in Höhe der heutigen Gästebank nieder, um die Atmosphäre in mich aufzusaugen.“ Den Jungen beschlich das intuitive Gefühl, „dass etwas Besonderes passieren würde.“ Das Gespür sollte ihn nicht täuschen: Seine Borussia schlug den hohen Favoriten aus der Noris vor mehr als 31.000 Zuschauern mit 1:0. Bis heute, 53 Jahre später, hat er seine Entscheidung, den Haussegen zu riskieren, noch immer nicht bereut.

Mediziner und Borussen-Fan (Foto oben), der sich nicht zu schade ist, auch körperlich hart im Ellenfeld-Stadion zu arbeiten (Foto unten) – zwei Facetten im Leben von Professor Dr. Jens Kelm.

Spätestens jetzt ist er infiziert mit dem Borussen-Virus, fiebert fortan nicht nur mit seiner Mannschaft, sondern engagiert sich bis zum heutigen Tag für den Verein. Viel Zeit und Energie seines nunmehr 65jährigen Lebens hat der dreifache Familienvater und Multitalent, das neben seiner Tätigkeit als Orthopäde mit Praxis in Illingen und Privatdozent an der Universität Saarbrücken auch noch Diplom-Sportlehrer und Diplom-Fechtmeister ist, seiner Borussia geschenkt. 1987 ruft er das Vereinsarchiv ins Leben. Jahrelang sammelt er, unterstützt von Tobias Fuchs, mit Leidenschaft alles, was er kriegen kann, durchstöbert Speicher, inspiziert Keller, verhandelt mit Nachfahren über Nachlässe, findet alte Festschriften, datiert alte Bilder, sichtet Fahrtenbücher, inhaliert Sitzungsprotokolle. Mehr als acht Regelmeter Akten, Plakate, Presseberichte, Zeitschriften um und über Borussia, dazu noch über 1000 Fotos sind da zusammengekommen, als Dauerleihgabe im saarländischen Sportarchiv in Scheidt sicher untergebracht und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. „Diese Sammlung ist einzigartig und ein großes Stück Fußballgeschichte des Landes“, gerät David Kraus vom Sportarchiv regelrecht ins Schwärmen und fügt an, dass sich die Borussia als einziger bedeutender saarländischer Fußballclub „die Mühe gemacht und den Verdienst erworben hat, die eigene Geschichte zu bewahren. Diese Sammlung ist einzigartig und ein großes Stück Fußballgeschichte des Landes.“ Zweifellos ein Verdienst von Jens Kelm.

Jens Kelms zweite Heimat: Das Borussen-Archiv in Saarbrücken-Scheidt.

Vor zwei Dingen hat der Professor Respekt, ja vielleicht sogar Angst: Vor dem Tod und dem Wegwerfen. „Denn der Tod und das Wegwerfen sind Feinde des Historikers“, hat Jens Kelm sich einmal in einem Beitrag der „Saarbrücker Zeitung“ geäußert und erzählt, was er damit meint: „Wir hatten Jahren mal den Fall, dass der Sohn eines legendären Borussen den Nachlass seines Vaters nicht aus der Hand geben wollte, was verständlich ist“, erklärt Kelm. Als der Sohn verstarb, erfuhren Kelm und Fuchs zu spät davon. Längst war ein Räumkommando da gewesen, hatte die Wohnung geleert und den wertvollen Nachlass auf den Müll geworfen. Ein tragischer Fall für alle Beteiligen. Dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt, dafür setzt sich Jens Kelm nach wie vor unermüdlich ein. Und noch eins macht er unmissverständlich klar: „Solange ich lebe, werde ich für unser Ellenfeld kämpfen!“

Anlässlich seines 65. Geburtstages sagt Borussia ihrem Professor ein herzliches „Danke schön“ für das große Engagement und wünscht ihm für die Zukunft nur das Beste:  Gesundheit, Schaffenskraft, Energie und Wohlergehen, darüber hinaus hoffentlich noch viel Freude mit der Borussia und dem Ellenfeld-Stadion, und: Ad multos annos, Dr. Jens Kelm! (-jf-)

10 Kommentare

  1. Ich Gratuliere dem „Professor Borussia“
    recht herzlich zum 65. Geburtstag!
    Natürlich wieder ein Klassebericht!
    Werner Bohr
    Frankfurt am Main

  2. Vielen Dank für die Glückwünsche und den schönen Beitrag, der mich sehr berührte.
    Wichtig ist mir auch, meine Mitstreiter bei der Stadiongesellschaft Ellenfeld und im ELLENFELD e.V. zu erwähnen, ohne deren Mitarbeit viel weniger für das Ellenfeld hätte geleistet werden können.
    Meine Aussage „so lange ich lebe für das Ellenfeld zu kämpfen“ soll keine Drohung😉, sondern mein Angebot sein, mit allen zusammenzuarbeiten, die sich konstruktiv und insbesondere ehrlich für den Erhalt und die Ertüchtigung Unseres Ellenfeld-Stadions einsetzen.
    In diesem Sinne
    Hoch lebe Eisen und Unser Ellenfeld, mehr als nur ein Stadion ⚒🏟⚒
    JK

    • Auch mir ist das Spiel gegen Nürnberg in lebendiger Erinnerung.
      Ich war, als Geburtsjahr 1959 ebenfalls 12 Jahre alt.
      Ich saß mit meinem Opa, Otto Schwehm, ehemals Vorsitzender der Borussia und seinem Freund Karl Menzel auf der Tribüne. Überall Zuschauer, auf der Sporthalle, auf der Wiese zur Brauerei und die Ränge knüppelvoll. Und dann das 1:0 durch, ich glaube Dries?, ist bis heute, neben den Spielen gegen den FCS, ob mit oder ohne mit Hundebiss stets im Gedächtnis. Danke für den Bericht und die damit verbundenen Erinnerungen. Und herzlichen Glückwunsch Dr. Keim.

  3. Lieber Jens, Du bist in der Tat das Herz des Ellenfeldes.
    Ich vergesse niemals unseren Einsatz beim Pokalspiel gegen Leipzig als ich Dir als Sanitäter assistiert habe.
    Hoch lebe Eisen ! und Du lieber Jens!
    Lg der Michel aus Brüssel

  4. Lieber Jens!

    Auch von meiner Seite aus nur die allerbesten Grüße und Wünsche zu Deinem halbrunden Geburtstag dieser Tage. Ich weiß, es hat ein paar Tage länger gedauert, aber die richtigen Worte liegen für einen nicht immer direkt auf der Straße parat. Da gut Ding auch Weile braucht, schreibe ich eben heute.
    Ich erinnere mich sehr gerne daran, wie ich Dich über Tobias Fuchs kennen gelernt habe. Unsere Arbeitseinheiten für die Archivgruppe in den Kellerräumen unseres geliebten Ellenfeld-Stadions bleiben unvergessen. Hatten wir da nicht auch einen Rechner?
    Weiter denke ich auch daran, wie wir uns vor dem unvergessenen Stadtbad getroffen haben, und Du feststelltest, worauf der Aufsichtsrat unserer Borussia eigentlich aufpassen muss. Unsere damaligen gemeinsamen Stadionbesuche waren auch dadurch gekennzeichnet, dass Deine beiden Söhne zu jener Zeit schon in ganz jungen Jahren, jünger geht es fast gar nicht, Zeuge davon wurden, in einem außergewöhnlichen Stadion Spiele eines außergewöhnlichen Vereins zu sehen.
    Die letzten Jahre ist unser Kontakt erfreulicherweise wieder dichter geworden und das Geschehen des Archivs hat sich aus den Kellerräumen des Ellenfeld-Stadions ins Landesarchiv Saarbrücken-Scheidt verlagert, was ja Tobias Fuchs in den entsprechenden Jahren mit in die Wege geleitet hat. Die Identifikation der vielen losen Fotos haben die letzten Jahre dominiert. Schön, dass bei meinen Teilnahmen unter anderen Martin Bach oder auch Heinz-Jürgen „Jupp“ Henkes mit anwesend gewesen sind, immer schön, sich mit solchen Vollblutborussen in einem Raum zu befinden, aber auch Wolfgang Rausch, Dieter Heylmann oder auch Thomas Burgardt sind erfreuliche Mitstreiter. Wir haben schon tolle Leute in unserem geliebten Klub!
    Was ich an Dir immer besonders schätze, ist diese totale Hingabe für unser Ellenfeld-Stadion und Deine ernsthafte wie dennoch positive Mentalität. Was man mit Ehrgeiz alles erreichen kann, hast Du in Deinem gesamten Leben eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Dabei denke ich immer an die Anekdote, als Du zusammen mit Deinem Vater Jürgen(mein verhinderter Sportlehrer) am Krebsberggymnasium vorstellig gewesen bist, und der damalige Schulleiter Paul Bickelmann( er hat mich im übrigen auch abgelehnt) Dich als untauglich für das Gymnasium eingestuft hat. Die Entscheidung, zusammen mit Deinem Vater, den Weg dann ans Ottweilerer Gymnasium anzutreten und Dich schließlich dort anzumelden, war genau die richtige. Vielleicht hat Paul Bickelmann irgendwann einmal später seine Entscheidung bereut, wenn er noch einmal etwas von Dir danach gehört hat. Es ist schon famos, was Du in Deinem Leben alles erreicht hast, meine echte Hochachtung dafür.
    Ich hoffe jetzt sehr, dass Du noch ganz lange gesund bleibst, aber ein ehemaliger Leistungssportler wie Du kann das noch etwas mehr beeinflussen. Weiter hoffe ich sehr, dass wir uns noch recht oft rund ums Ellenfeld-Stadion treffen werden und signalisiere weiterhin meine echte Bereitschaft, mich weiter für Arbeiten im Scheidter Borussen-Archiv zur Verfügung zu stellen, wenn ich auch weiter weg wohne, aber es geht ja schließlich um unsere Borussia. Leider hat mich Jo Frisch in seinem Bericht über Dich, nicht erwähnt. Hätte mich sehr gefreut, habe damals ja schon intensiver mitgewirkt und wer würde, wenn er schon lange gar nicht mehr im Saarland lebt, sich immer noch für Arbeitseinheiten in der Archivgruppe zur Verfügung stellen.
    Gehen wir doch demnächst noch einmal ins Cafe Sick am Oberen Markt, vielleicht auch zusammen mit Martin Bach, Tobias Fuchs, Wolfgang Rausch, Uli Glup oder auch anderen geschätzten Mit-Borussen.
    Du warst und bist neben Gerhard Alsfasser und Uli Glup immer mein wichtigster Ansprechpartner und offizieller Kontakt bei unserer geliebten Borussia.
    Alles erdenklich Gute und auch die besten Wünsche an Deine Frau, Deine Tochter, Deine beiden Söhne und natürlich auch an Deinen Vater Jürgen.
    Schrieb Dir von Herzen, lieber „Onkel Jens, Craig-Maikel Kunz
    Craig-Maikel Kunz( ehemaliger Redakteur „Blick ins Ellenfeld“, „Treffpunkt Ellenfeld“, „Borussia-Online“ sowie Mitarbeiter Archivgruppe Borussia)

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