Drei Tore in weniger als einer halben Stunde – Highlight in seinen Borussia-Jahren / Gesundheitliche Probleme stoppten nach 48 Spielen und 15 Toren die Karriere des ehemaligen Regionalliga-Spielers / 17 Jahre Trainer, jetzt Engagement bei seinem Heimatverein SSV Überherrn
Unser Bild: So haben ihn die Borussen-Fans noch liebend gerne in Erinnerung – Markus Kneip (2. v.l.) umkurvt die Homburger Abwehrspieler wie Slalomstangen, kennt nur eine Richtung: Ab aufs gegnerische Tor! (Archivfoto: Facebook-Seite Markus Kneip)
Da hätte er zum Helden des Tages werden können. Noch 15 Minuten sind zwischen der Borussia und dem FC Homburg im Ellenfeld zu spielen, als ein Freistoß aus dem linken Halbfeld in den Strafraum der Gäste segelt. Weil zwei Akteure das Leder verpassen, steht Borussias Nummer 7 urplötzlich auf der rechten Seite etwa 8 Meter vor dem Tor von Peter Eich mutterseelenallein, geht volles Risiko und zieht ab – links am Tor vorbei. Nicht nur er selbst, auch die Borussen-Fans raufen sich die Haare. So bleibt es am Ende beim 0:0.
Die geschilderte Szene können sich die Borussen-Fans heute noch auf youtube anschauen. Markus Kneip heißt der potentielle Matchwinner an jenem dritten Spieltag der Oberliga-Saison 1995/96. Anderthalb Jahre zuvor war er ins Ellenfeld gekommen. Im Winter 1993/94 schien die Borussia ihr Saisonziel, die Qualifikation für die Regionalliga West/Südwest, zu verfehlen. In der neuen Spielklasse sollten im Sommer 1994 die besten Sechs der Oberligen Südwest, Niederrhein und Westfalen an den Start gehen. Nach durchwachsener Vorrunde lag Borussia nur auf Rang 7. Die Verantwortlichen im Ellenfeld reagierten: Trainer Klaus Johannes wurde entlassen, Rainer Gluding sprang für einige Wochen in der Wintervorbereitung ein, ehe Guido Mey übernahm. Zudem wurde das Team mit Melori Bigvava und Markus Kneip verstärkt. Das wirkte! In einer erfolgreichen Rückrunde schafften die Borussen, auch dank der Tore von Markus Kneip, auf Platz 4 den Einzug in die Regionalliga. Nur noch ein Spiel (0:1 gegen Salmrohr) war verloren gegangen.
Gleich zu Beginn sorgte der vom SV Mettlach nach Neunkirchen gekommene Mittelfeldspieler in der neuen Liga für Furore. Mit seinem Tor war er für den ersten Regionalliga-Sieg der Borussia beim 1:0 in Wattenscheid verantwortlich. Nur ein paar Tage später traf er beim 4:3 gegen den SV Edenkoben gleich dreimal in weniger als einer halben Stunde und sorgte nahezu im Alleingang für eine eiskalte Dusche des Gegners – eine echte „Kneip(p)-Kur“ für die Gäste aus der Südpfalz! 3000 Fans waren aus dem Häuschen und Markus Kneip gesetzt, richtig gut drin im Team von Guido Mey. Bis im Oktober eine unbemerkte Herzmuskelentzündung Probleme machte: Das Gewebe am Herzmuskel war vernarbt. Die Folge: Erhebliche Rhythmusstörungen. Erst nach vier Monaten Pause beim 0:0 gegen Eintracht Trier im Februar 1995 stand Markus Kneip wieder im Team der Borussia, erkämpfte sich seinen Stammplatz zurück und war in den verbleibenden 16 Spielen eine der Koryphäen der Mannschaft, die das Abenteuer Regionalliga im ersten Jahr ganz starker Konkurrenz zum Trotz auf einem beachtlichen 8. Tabellenplatz beendete. Unvergessen das letzte Heimspiel, als die Arminen aus Bielefeld zu Tausenden ins Ellenfeld einfielen und beim 4:0 Meisterschaft und Aufstieg ihres Teams feierten.
„Guido Mey war das Beste, was der Borussia in dieser Spielzeit passieren konnte“, weiß Markus Kneip noch heute, wer – neben den Akteuren auf dem grünen Rasen – für den Erfolg verantwortlich war. „Guido war ein Super-Typ, ein Klasse-Mensch, der ganz eng an der Mannschaft dran war. Es hat großen Spaß gemacht, mit ihm zu arbeiten“, sagt ausgerechnet einer, der sich selbst als „nicht so ganz einfachen Spieler, der viel diskutiert hat,“ bezeichnet (Markus Kneip über Markus Kneip). Im Jahr danach lief es nicht mehr rund. „Leistungsträger mussten abgegeben werden, bei Neuverpflichtungen hatte der Verein kein glückliches Händchen. Guido Meys Nachfolger Gerd Schwickert war fachlich sehr kompetent, fand aber nicht den richtigen Draht zur Mannschaft“, so die Analyse von Markus Kneip im Nachhinein. Hinzu kamen finanzielle Sorgen. „Wir sind oft erst am Spieltag angereist, und das auch noch mit einem Linienbus. Das war natürlich alles andere als eine optimale Spielvorbereitung. Umso schöner war es aber dann, wenn wir trotzdem in Aachen oder Münster gewonnen haben, und das oft genug vor fünfstelligen Zuschauerkulissen“, überwiegen am Ende die positiven Erinnerungen.
Getrübt wurde diese Zeit für Markus Kneip durch erneute gesundheitliche Probleme. Beim 1:1 gegen den Bonner SC wurde ihm bei einem Spurt mit dem Ball durchs Mittelfeld plötzlich schwarz vor Augen, er musste raus – ein Abschied für immer vom Ellenfeld. Der Vertrag wurde aufgelöst, nach 48 Spielen und 15 Toren war das Kapitel Borussia für Markus Kneip beendet. Eine Klasse tiefer versuchte er beim SV Mettlach in der Oberliga einen Neustart, wechselte noch einmal zum FK Pirmasens und Röchling Völklingen, doch die Probleme mit dem Herzrhythmus begleiteten ihn weiter. Die Entscheidung, die Stiefel an den berühmten Nagel zu hängen, fiel deshalb nicht sonderlich schwer.
Dem runden Leder aber blieb Markus Kneip treu. Zunächst als sehr erfolgreicher Spielertrainer des SV Karlsbrunn, den er 2003 mit der unglaublichen Bilanz von 86 Punkten und 122 Toren aus 30 Spielen zum Titelgewinn und Aufstieg führte. Markus Kneip bildete sich fort, erwarb die B- und A-Lizenz und schaffte als Coach den Sprung in die Oberliga zu den Sportfreunden Köllerbach und nach Mettlach. Dort lief ihm ein gewisser Jens Kirchen über den Weg – den talentierten A-Jugendlichen zog Markus Kneip in die erste Mannschaft hoch, forderte und förderte ihn so viel wie möglich. „Jens war ein lustiger Vogel, ein Fußballverrückter, der dich als Trainer aber auch ab und zu ganz schön auf die Palme bringen konnte“, erzählt Markus Kneip über den späteren Mittelfeldregisseur der Borussia (2013-2019).
17 Jahre lang stand Markus Kneip als engagierter Coach an der Seitenlinie. Zuletzt beim SSV Überherrn, dem Verein, in dem 1986 seine Karriere als junger Kicker begonnen hatte. „Überherrn ist für mich so etwas wie der Heimatverein“, sagt er. 2018 hat er aufgehört. „Wenn man so viele Jahre viel Herzblut und Leidenschaft in etwas investiert hat, kommt irgendwann der Punkt, an dem man sich sagt: Es ist genug. Der Akku ist leer“, erklärte er vor zwei Jahren seinen Entschluss. Jetzt, nach einer kleinen Auszeit, ist er bereit für Neues. „Während der Corona-Zeit habe ich dem SSV Überherrn meine Hilfe angeboten. Ich arbeite im Hintergrund mit als Bindeglied zwischen Trainer, Mannschaft und Vorstand“, will Markus Kneip dem Verein etwas zurückgeben von dem, was er in jungen Jahren bekommen hat. Überherrn, das in den 80er-Jahren in der drittklassigen Oberliga auf Augenhöhe mit dem 1. FC Saarbrücken, Mainz 05, Wormatia Worms und Eintracht Trier spielte und nicht selten 1500 Zuschauer im heimischen Waldstadion begrüßen durfte, ist mittlerweile bis in die Bezirksliga abgerutscht. „Sportlich soll es wieder aufwärts gehen. Da will ich meine Erfahrungen gerne mit einbringen“, so Markus Kneip. In seiner Freizeit widmet sich der 52jährige Verwaltungsbeamte beim Landesamt für zentrale Dienste in Saarbrücken der Familie mit zwei Söhnen und „Nesthäkchen“ Mia (7). Um fit zu bleiben, ist er viel beim Joggen oder mit dem Fahrrad unterwegs.
Aber auch den Kontakt zur Borussia gilt es wieder aufzufrischen. In der Vor-Corona-Zeit war Markus Kneip mit Tochter Mia beim Heimspiel der Borussia gegen Eppelborn (2:2) zu Gast, wo er bis heute nicht vergessen ist, wie zahlreiche Gespräche rund um das Spiel zeigten: „Ein toller Tag, zumal ich nach dem Spiel noch meinen früheren Mitspieler Adeunji Adeyemi getroffen habe.“ Der Borussia wünscht er, „dass der Verein endlich jemand findet, der über längere Zeit dahintersteht und es ermöglicht, Spieler längerfristig zu halten und einen Schritt nach vorne zu machen. Ansonsten wird es schwierig, aus der Saarlandliga herauszukommen. Ich bin der Borussia, die mir damals auch beruflich weitergeholfen hat, jedenfalls sehr dankbar für die Chance und würde mich über einen Aufschwung sehr freuen. Der Mythos ist auf jeden Fall immer noch da!“ (-jf-)
Unsere Fotos lassen ein paar Szenen aus Markus Kneips Zeit im Ellenfeld noch einmal Revue passieren. Wir danken Markus Kneip, der uns die Fotos von seiner facebook-Seite zur Verfügung gestellt hat!
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