Aus Borussias traditionsreicher Historie: Günter Schröder, Günter Kuntz und Heinz Simmet sicherten die zwei Punkte vor 18.000 im Moselstadion
Unser Bild: Der Moment der Entscheidung – beobachtet von Karl Ringel (li.) stochert der Göttelborner Heinz Simmet das Leder zum 3:1 über die Trierer Torlinie, die Abwehrrecken der Eintracht (ganz rechts) kommen zu spät. (Foto: 90 Minuten – mit Ferdi Hartung in die Bundesliga, Band 1: Borussia Neunkirchen)
Heute um 15.00 Uhr bestreitet Borussia beim Landesligisten FC Uchtelfangen das vorletzte Testspiel im Rahmen der diesjährigen Wintervorbereitung. Heute vor 55 Jahren jedoch hatten es die Borussen mit einem Gegner ganz anderen Kalibers zu tun. Als Kapitän Karl Ringel am 23. Februar 1964 seine Mannschaft um punkt 15.30 Uhr im traditionellen Dress (schwarze Hose und weißes Trikot mit Schnürung) auf den Rasen des Trierer Moselstadions führte, ging es darum, mit einem Sieg den Kontakt zu den führenden Teams FK Pirmasens und Wormatia Worms nicht abreißen zu lassen, wollte man die Chance auf einen der ersten beiden Tabellenplätze in der Regonalliga Südwest und die damit verbundene Teilnahme an der Bundesliga-Aufstiegsrunde wahren.
18.000 Zuschauer füllten das Moselstadion bis auf den allerletzten Platz, kein Stück Papier passte zwischen die Menschen, die sich auf den Rängen zusammendrängten – Saisonrekord in Trier. Das hatte sicherlich auch damit was zu tun, dass die Partien zwischen der Eintracht und der Borussia seit dem Sommer 1961 einer gewissen Brisanz nicht entbehrten. Denn da waren mit Elmar May und Paul Pidancet zwei Trierer Fußball-Koryphäen ins Ellenfeld gewechselt – nach Meinung der Eintracht war dabei vor allem bei Elmar May, dem blonden Engel und Traum aller Schwiegermütter, nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Die Trierer riefen deshalb mehrere Kontrollinstanzen des DFB auf den Plan, ohne indes den Wechsel verhindern zu können. Der Fall zog sich hin, und am Ende entging Borussia im Frühjahr 1963 nur mit viel Gnade einem Punktabzug. Doch seitdem war die Atmosphäre zwischen beiden Clubs reichlich gallig, was die Stimmung auf den Rängen natürlich anheizte.
Und so mussten die Borussen alles abrufen, um auch gegen 12 Gegner, Publikum inklusive, die zwei Punkte mit ins Saarland zu nehmen. Denn die starke Trierer Offensive mit dem vor Saisonbeginn von RW Oberhausen gekommenen Stürmer Dieter Brozulat, dem Leiwener Winzer Peter Scholtes und dem späteren Borussen-Spieler und -trainer Horst Brand verlangte der Abwehr der Ellenfelder alles ab. Nach einer torlosen ersten Halbzeit, in der das Geschehen auf tiefem Geläuf hin und her wogte, sorgte ein Doppelschlag Borussias binnen 7 Minuten für eine Vorentscheidung. Günter Schröders Führung (55.) baute Günter Kuntz (62.) auf 2:0 aus. Zwar kam die Eintracht durch einen von Lothar Kleim verwandelten Handelfmeter noch einmal auf 1:2 heran, doch just als es schien, als könnten die Gastgeber der Partie nochmal eine Wende geben, hielt Heinz Simmet postwendend im Fünf-Meter-Raum nach einem Querschläger im richtigen Moment den Fuß hin und bugsierte die Lederkugel in die Trierer Tormaschen. Jetzt war „der Käs gess“! Borussia hielt Anschluss an die Spitze, ehe die Saison mit Titelgewinn und Bundesliga-Aufstieg am Ende eine unerwartet positive Wendung nehmen sollte.
Denn in einer langen Spielzeit (der Regionalliga gehörten damals 20 Vereine an!) lag Borussia 34 Spieltage lang im Windschatten der führenden Clubs aus Worms und Pirmasens, die sich hartnäckig an der Spitze hielten. Erst in Runde 35 erklommen die Borussen mit einem 1:0-Auswärtssieg im Wormatia-Stadion an der Alzeyer Straße erstmals den Tabellengipfel, da auch der FKP zeitleich mit 1:4 bei den Sportfreunden Saarbrücken (zwei Tore durch den späteren Kölner Hannes Löhr!) verloren hatte. Borussia ließ mit drei Siegen in den nachfolgenden Spielen nichts mehr anbrennen und holte den ersten Regionalliga-Titel ins Ellenfeld. Ein Punkt betrug am Ende der Vorsprung vor Pirmasens, zwei vor Worms. Interessant am Rande: Hätte damals schon die Drei-Punkte-Regelung gegolten, wäre nicht die Borussia (mit dann 85 Punkten) Meister geworden, sondern der FK Pirmasens, der 86 Punkte auf seinem Konto vereinigt hätte – mit der nicht minder interessanten Konsequenz, dass die Borussen als Tabellenzweiter in der Aufstiegsrunde dem FC Bayern aus dem Weg gegangen und der vermeintlich leichteren anderen Gruppe (mit Hessen Kassel, Alemannia Aachen und dem späteren Mitaufsteiger Hannover 96) zugeordnet worden wäre! Ob auch dort der Sprung in die Bundesliga geglückt wäre, bleibt Spekulation, jedenfalls wäre der Borussen-Anhang um ein Highlight der Vereinsgeschichte – das legendäre 2:0 beim FC Bayern im Stadion an der Grünwalder Straße – herumgekommen. Und das wäre doch schade gewesen, oder? (-jf-)
Statistik: Eintracht Trier – Borussia Neunkirchen 1:3 (0:0)
Trier: Eduard Schmitt – Dr. Werner Baumgart, Günter Geulich, Willi Haag, Horst Busch, Erich Hermesdorf, Lothar Kleim, Horst Brand, Dieter Brozulat, Heinz Schmitz, Peter Scholtes. Trainer: Janos Gerdov.
Borussia: Willi Ertz – Erich Leist, Dieter Schock, Hans Schreier, Günter Schröder, Dieter Harig, Achim Melcher, Karl Ringel, Günter Kuntz, Elmar May, Heinz Simmet. Trainer: Horst Buhtz.
Tore: 0:1 (55.) Günter Schröder, 0:2 (62.) Günter Kuntz, 1:2 (74.) Lothar Kleim (Handelfmeter), 1:3 (77.) Heinz Simmet. – Schiedsrichter: Kurt Tschenscher (Mannheim). – Zuschauer: 18.000 (ausverkauft).
Ein nie vergessenes Erlebnis.Mein erstes Fussballspiel das ich auf den Schultern meines Vaters in einem damals so grossen Stadion mit so viel Zuschauern gesehen habe.
Das war auch mein erster Besuch im Alter von 6 Jahren im Moselstadion mit meinem Vater.
Hier hat mich auch der „Eintracht Virus“ erwischt und ich besuche immer noch wenn möglich alle Heimspiele der Eintracht.