Heute vor 54 Jahren: Borussia zähmt die Löwen

24.Oktober 1964: 3:0 gegen 1860 München / Starke zweite Halbzeit mit Toren von Paul Pidancet (2) und Elmar May / Borussia fand über den Kampf ins bis dahin beste Saisonspiel

Foto oben: Elmar May, Günter Heiden und Torschütze Paul Pidancet (von links) jubeln gemeinsam mit 13.000 Fans über Borussias Führungstreffer kurz nach der Pause, Torhüter „Radi“ Radenkovic liegt geschlagen am Boden. (Foto: Privatarchiv Paul Pidancet)

Von Jo Frisch

Der 24. Oktober 1964 ist mit Sicherheit einer der Tage, die in Borussias Annalen einen besonderen Stellenwert einnehmen. Gehört es zwar zum Phänomen Nostalgie, dass in wehmütiger Hinwendung zu vergangenen Zeiten die Erinnerung oftmals stark idealisiert oder gar verklärt wird, so lässt sich doch die Leistung, die die Borussen an jenem trüben Samstag im Oktober boten, auf der Basis von Zeitzeugen und Presseberichten realistisch würdigen. Zu Gast im Ellenfeld, das sich damals noch in der Umbauphase befand (die Verbindung zwischen Spieser Kurve und Haupttribüne bestand noch aus  Beton-Gerippen!),  war mit den Münchner Löwen eine der herausragenden Mannschaften jener Zeit. Die „60er“ waren unter Trainer Max Merkel mit Ambitionen in die Spielzeit gestartet und kamen mit der Empfehlung eines 5:1-Sieges in Karlsruhe und der Bilanz von 9:7-Punkten bei 16:8-Toren als Favorit nach Neunkirchen. Allerdings hatten die Borussen in den Heimspielen zuvor mit Siegen gegen den HSV (3:1) und den MSV Duisburg (4:2) bereits einen Trend angedeutet, der sich im restlichen Verlauf der Runde fortsetzen sollte: Zuhause etablierte sich Borussia als eine Macht! Nach Borussia Dortmund (2. Spieltag) und dem 1.FC Kaiserslautern (6. Spieltag) sollte keiner Mannschaft im Ellenfeld mehr ein Sieg gelingen!

Der Spielbericht auf der website fussballdaten.de bringt die Partie auf die kurze Formel: „Kampf gegen Technik 3:0. Das mutet zwar etwas grobkörnig an, doch die Löwen gingen aufgrund fehlenden Einsatzes unter.“ Zumindest den Defensivspezialisten Bernd Patzke und Hans Reich wurde auf Münchener Seite dennoch körperliche Kraft attestiert: „Sie verhinderten damit eine höhere Niederlage – aber zwei von elf?“ Borussias 13.000köpfiger Anhang hatte sich jedenfalls von den Angriffsbemühungen der Gäste mehr erwartet. Die agierten vorne mehr als „mau“, was aber auch an der Gegenwehr der Borussen lag. Vor allem Nationalstürmer Rudi Brunnenmeier kam – dank eines in Top-Form aufgelaufenen Erich Leist – überhaupt nicht zur Geltung. Auch Hans Küppers, der fünf Jahre zuvor mit Schwarz-Weiß Essen im DFB-Pokalfinale noch 5:2 über die Borussen triumphiert hatte, blieb blass.

Unser Bild: Vor der noch unfertigen Spieser Kurve (im Hintergrund) und der alten Tribüne (links) setzt GünterKuntz (dunkles Trikot) zum Kopfball an, nachdem 60-Keeper Radenkovic das Leder verfehlt hatte. (Foto: 100 Jahre Ellenfeld.Stadion)

Ganz anders dagegen Borussia. Über den Kampf füllte die Truppe von Trainer Horst Buhtz das Reservoir ihres Selbstbewusstseins auf und wagte sich mit zunehmender Spieldauer erfolgreich an Präzision und Technik heran. Zwar agierten die Borussen in der ersten Halbzeit vor dem vom legendären Petar Radenkovic gehüteten Tor der Löwen noch recht umständlich und vergaben moit Hast  und Übereifer gute Chancen, doch „im zweiten Akt seiner gelungenen Vorstellung“, so wie die „Saarbrücker Zeitung“ zu berichten, „sprühte der Neuling geradezu vor Elan, Spielfreude und unbeugsamem Kampfeswillen“ und steigerte sich damit in die bis dahin beste Saisonleistung hinein. Den Grundstein zum Sieg legte Paul Pidancet, der die Gäste aus der bayrischen Hauptstadt mit seinem frühen 1:0 direkt nach der Pause (48.) schockte. Jetzt wirbelten vor allem der Halblinke Dieter Harig und Außenläufer Dieter Schock die Löwen durcheinander, schwangen sich zu den spielbestimmenden Figuren auf, die die elementaren Offensivakzente setzten und oftmals nur durch Foulspiel zu bremsen waren.

„Die weiteren Tore“, so heißt es auf fussballdaten.de, fielen spät, aber folgerichtig. Durchbrecher Heiden legte für Pidancet auf, der erneut die Nerven behielt (80.), und Elmar May traf nach mit großem Einsatz ausgeführter Vorbereitung von Kuntz zum 3:0-Endstand (84.). Radenkovic, Reich und Patzke verhinderten zwar Schlimmeres, aber nicht das Resümee: Mieser 60er-Auftritt ohne Elan und Willen.“ Das konnte gegen eine Borussia, die das Ergebnis am Ende durchaus hätte höher schrauben können, nicht gut gehen! Die Borussen verließen durch diesen Sieg die gefährdeten Plätze verlassen und kletterten mit nunmehr 6:12-Zählern auf Rang 13, der Vormarsch der Löwen Richtung Tabellenspitze wurde gestoppt.

Borussias Trainer Horst Buhtz hatte folgende Mannschaft gegen 1860 München aufs Feld geschickt: Horst Kirsch – Erich Leist, Dieter Schock, Hans Schreier, Günter Schröder, Erwin Glod, Dieter Harig, Paul Pidancet, Günter Heiden, Günter Kuntz, Elmar May. „Löwen-Dompteur“ Max Merkel hatte aufgeboten: Petar Radenkovic – Stefan Bena, Bernd Patzke, Hans Reich, Manfred Wagner, Wilfried Kohlars, Hans Küppers, Otto Luttrop, Rudolf Zeiser, Alfred Heiß, Rudi Brunnenmeier.

Die Bilder vermitteln weitere Eindrücke vom Spiel der Borussia gegen 1860 München. (Fotos: Privatarchiv Paul Pidancet)

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