Heinz Petri – Borussias Mann mit der Kamera

Ohne seine Kamera sieht man ihn im Ellenfeld so gut wie nie. Fast könnte man meinen, sie sei wie ein Körperteil fest mit ihm verwachsen. Meist steht er auf der Haupttribüne, manchmal, wenn in der Ferraro-Sportarena gespielt wird, auch auf dem Oberrang nahe der Spieser Kurve und filmt aus schwindelerregender Höhe. Nach dem Schlusspfiff ist er oft erster Ansprechpartner: „Lass mal schauen, war es Abseits oder nicht? War der Elfmeter berechtigt oder eine Fehlentscheidung? Foul oder nicht? Gelbe oder rote Karte?“ Der untrügliche Blick auf das Display seiner Videokamera, oft noch in Zeitlupe, deckt alles schonungslos auf. Was der VAR im Kölner Keller, das ist er im Ellenfeld. Einziger Unterschied: Eingreifen ins Spiel ist nicht möglich.

Er – das ist Heinz Petri, nahezu eine Institution bei der Borussia. Seit Ende des letzten Jahrhunderts dokumentiert der 62jährige nahezu alle Spiele in Bild und Ton. Ja, er hat auch „Spaß an der Freud´“, aber vor allem Björn Klos ist „total dankbar, eine solch verlässliche Unterstützung in der Vor- und Nachbereitung der 90 Minuten zu haben. Der Mann ist Gold wert!“ Denn wenn der Abpfiff ertönt, wechselt regelmäßig die SD-Karte mit der Aufzeichnung den Besitzer. Borussias Trainer kann sich dann der Video-Analyse widmen und seinen Jungs haarklein und detailliert gutes oder fehlerhaftes Verhalten aufzeigen. Heinz Petris digitale Szenen tragen so wesentlich zur Spieloptimierung bei, waren manchmal sogar nützlich, um Kickern nach strittiger roter Karte vor dem Sportgericht einen Freispruch zu verschaffen.

Sein erstes Spiel hat er am 13. Mai 1999 beim Auftritt der Borussen in Eisbachtal gefilmt, zwei Wochen später sein erster Einsatz im Ellenfeld gegen Hassia Bingen. In die Fußstapfen von Norbert Pöhner ist er getreten, der zuvor Borussias Mann für bewegte Bilder war und sich nach dem Defekt der Kamera aufs Fotografieren konzentrierte. Dabei ist Heinz Petri Autodidakt. Der gelernte Maler und Lackierer, der – nach Ende seiner 12jährigen Dienstzeit bei der Bundeswehr 1989 – in verschiedenen Positionen bei der Firma Schaeffler in Homburg, einem weltweit operierenden Produzenten für Kugel- und Rollenlager, tätig war (Werksschutz, Innendienst und Betriebsrat), hat Anfang der 80er Jahre durch seinen Bruder die Freude am Videographieren gefunden. „Zusätzlich zur Kamera musste man damals noch einen großen Recorder mitnehmen“, erinnert er sich. Anfangs filmte Heinz Petri im privaten Bereich: „Bei Taufen und andere Familienfeste oder Betriebsfesten.“ 1990 erwarb er die erste professionelle Kamera: „Im Stil, wie sie auch der Saarländische Rundfunk hatte.“

Adleraugen: Ob aus luftiger Höhe (Bild oben) oder aus der Haupttribünen-Perspektive (Bild unten) – Heinz Petri und seiner Kamera entgeht nichts! (Fotos: -jf-)

Stetig weiterentwickelt hat er sich beim Filmen. „Je länger man das macht, desto besser wird man. Man entwickelt regelrecht ein Gespür dafür, wann ein Tor fallen könnte“, sagt Heinz Petri, dem die digitale Technik natürlich zu Gute kommt. Der Hobbyfotograf weiß noch zu gut, wie es zu analogen Zeiten war: „Man hat gezielter auf den Auslöser gedrückt. Es war schwieriger und erforderte sehr viel Konzentration, den richtigen Moment zu erwischen. Heute schießt du 1000 Fotos, suchst dir das Beste raus oder schneidest die Highlights des Videos zusammen.“

Highlights in seiner langen Borussen-Karriere hat er zahlreiche erlebt. Sei es die Qualifikation für die Regionalliga 1994, die Oberliga-Meisterschaft 2002 nach dem 3:0 in Salmrohr, das DFB-Pokalspiel gegen die Bayern 2003 oder gar das „Tor des Monats“, das Borussias Mittelfeldspieler Nicola Lalla per Fallrückzieher im März 2002 gegen den FK Pirmasens erzielte: Wohl dank des intensiven Blicks durch die Linse erzählt Heinz Petri so lebendig davon, als würden die Ereignisse vor seinem geistigen Auge nochmal ablaufen – Kopfkino pur! Apropos Pokal gegen die Bayern: Mit dem 5. Juli 2003 sind ganz besondere Gefühle verbunden. „Nach dem 1:0-Sieg im Saarlandpokal-Finale gegen den FC Homburg war die Borussia für die erste Hauptrunde qualifiziert. Vor der Auslosung im ZDF-Sportstudio lief Thomas Gottschalks `Wetten, dass …´, die Show mit der Garantie von mindestens 30 Minuten Überziehen. Sportstudio also erst um 23.30 Uhr oder später. Deshalb wollte ich erst gar nicht ins Ellenfeld fahren. Ich habe es dann aber doch gemacht“, berichtet er – und das war gut so! Die Borussia wurde gleich als erster Club aus dem Topf gezogen, die Bayern folgten als Gegner. „Im Borussen-Heim war die Hölle los“, weiß Heinz Petri, der prompt wenige Stunden später eine Anfrage von SR-Reporter Manfred Hubele bekam. Gerne war er bereit, ins Studio nach Saarbrücken zu fahren und die Aufnahmen zur Verfügung zu stellen: „Dabei konnte ich den Fernsehprofis mal über die Schultern schauen – hochinteressant!“ Die Jubelszenen aus dem Borussen-Heim flimmerten am Sonntag dann gleich mehrfach über die Bildschirme im Saarland.

Verdiente Ehrung: Für seine langjährige Mitgliedschaft bei der Borussia und seine treuen Dienste wurde Heinz Petri (2. v.r.) vom 1. Vorsitzenden Alexander Kuntz (re.) 2019 mit der silbernen Ehrennadel ausgezeichnet. (Foto: Susi Welter)

Was bedeutet die Borussia für Heinz Petri? Da muss der gebürtige Neunkircher nicht lange nachdenken: „Die Borussia ist mein Leben. Mit der Borussia bin ich groß geworden.“ Sechs oder sieben Jahre alt war der kleine Heinz, als sein Vater, ein eingefleischter Borusse, ihn zum ersten Mal mitgenommen hat. „Ein Testspiel gegen Hühnerfeld“, weiß Heinz Petri noch heute. Als er 7 war, zog die Familie nach Sulzbach – „eine Hochburg des 1. FC Saarbrücken. In der Schule hielten mein Freund Rainer Wolfanger, der heute in Norddeutschland lebt und ich gemeinsam die Borussen-Fahne hoch.“ Stolz schwingt mit in diesen Worten. Ein bisschen stolz ist Heinz Petri auch, dass er heute aktiv mitwirken kann im Borussen-Team, wo er von 2000 bis 2007 auch gemeinsam mit Redaktionsleiter Dieter Baum und Berichterstatter Frank Ehrmanntraut für die fotografische Gestaltung der Stadionzeitung „Blick ins Ellenfeld“ verantwortlich war. Aus all den Jahren hat er in seiner Wohnung in Saarbrücken unendlich viel Material gesammelt: Dank vieler Aufzeichnungen von Sendungen des SR und eigenen Videos ist das Archiv auf weit mehr als 1000 Stunden angewachsen! Material für abendfüllende Programme …

Wie sieht Heinz Petri die derzeitige Situation des Traditionsclubs vom Ellenfeld? „Wir müssen erst in ruhiges Fahrwasser kommen. Erst dann, wenn es die finanzielle Situation zulässt, können und dürfen wir nach oben schauen und die Rückkehr in die Oberliga anpeilen.“ Hoffnung macht ihm, dass das, was der jetzige Vorstand macht, genau der Weg ist, den die Borussia gehen muss.“  Auch von der Arbeit des Trainers ist er sehr angetan: „Björn macht das mit Leidenschaft und Authentizität. Er spricht die Sprache der Spieler, und das kommt an“, hat Heinz Petri oft genug beobachten können, wenn er mit seiner Kamera nach Spielende den Mannschaftskreis ins Visier nimmt. Zwar ist er durch regelmäßiges Fitness-Training nach wie vor gut in Form, doch für einen Einsatz auf dem Rasen reicht es dann doch nicht mehr. Dafür ist der Video-Spezialist weiterhin mit Feuer und Flamme dabei, Borussias sportlicher Abteilung mit bewegten Bildern zu stetiger Verbesserung zu verhelfen. Und so wird Heinz Petri, solange ihn die Füße tragen, nicht ohne seine Kamera im Ellenfeld zu sehen sein! (-jf-)

2 Kommentare

  1. Sehr guter Bericht von Jo Frisch über Heinz Petri, der sehr viel Zeit für die Borussia opfert.
    Viele Jahre lang und das alles ehrenamtlich.
    Go Borussia!
    Gruß ins Saarland von einem Borussen-Fan aus Oldenburg!

  2. Diesen Bericht hat Heinz absolut verdient!!
    Mach weiter so!!
    Viele Vereine wären froh einen solchen Spezialisten in ihren Reihen zu haben.

    Alles Gute
    Uwe GRUB

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