Fundstücke (4): Diese Borussia blieb 17 Spiele in Folge ohne Niederlage!

Guter Brauch war es in den wöchentlich erscheinenden Fachblättern der Fußballbranche in den 60er und 70er Jahren, in jeder Ausgabe auch die Regionalligisten mit einem Teamfoto vorzustellen. So präsentierte die „Fußball-Woche“ am Ende der Spielzeit 1970/71 dieses Farbporträt des Südwestmeisters Borussia Neunkirchen, das – eher ungewöhnlich und aus welchen Gründen auch immer – nicht im Ellenfeld-Stadion, sondern in der Sporthalle aufgenommen wurde. Zum Schmunzeln Anlass gibt dem heutigen Betrachter die nicht einheitliche Sportkleidung der Akteure. Ob anno dazumal nicht genügend schwarze Hosen zur Verfügung standen? Ob die Vergesslichkeit der Spieler die Ursache dafür war oder gar kühle Temperaturen?

Wie dem auch sei: Auf dem grünen Rasen war diese von Kurt Sommerlatt trainierte Borussen-Mannschaft sehr erfolgreich. Zwar war am Ende der Saison 1969/70 nur ein vierter Platz im Endtableau der Tabelle herausgesprungen, doch „die Leistungen zum Abschluss der Regionalligarunde, vor allem beim 6:2 über Mainz 05 im letzten Spiel, gaben Anlass zur Hoffnung für die Spielzeit 70/71“, weiß Borussen-Chronist Armin König in der Festschrift „Hoch lebe Eisen!“ zum 75jährigen Vereinsjubiläum zu berichten. „Und diese Hoffnungen sollten sich erfüllen“, heißt es da weiter, denn „mit einer geschlossenen und selbstbewussten Mannschaft geht Borussia in die neue Saison. Es läuft wie am Schnürchen um die Mannschaft um Willi Ertz. 17 Spieltage bleiben die Borussen ohne Niederlage und machen Furore in den Schlagzeilen deutscher Sportzeitungen.“ Den Grundstein für den Meistertitel legt Borussia im heimischen Ellenfeld, wo es in 15 Heimspielen nur eine einzige Niederlage (0:1 gegen Südwest Ludwigshafen) zu verzeichnen gab. Dagegen wurden Mainz 05 (6:1) und Röchling Völklingen (7:2) geradezu deklassiert, lediglich der alte Rivale 1 FC Saarbrücken, TuS Neuendorf und Eintracht Trier gelang es, jeweils mit 1:1 einen Punkt aus der Hüttenstadt zu entführen. Auch auf fremden Plätzen vermochte Borussia aufzutrumpfen, siegte in Trier mit 6:0, auf dem Kieselhumes bei Saar 05 gar mit 8:1. Die hohen Siege sind von Bedeutung, denn am Ende reichen 82:26-Tore zur Meisterschaft vor dem FK Pirmasens, der genau wie die Borussen eine Punktebilanz von 44:16 aufweist.

Kantersieg in Trier: Borussia siegt mit 6:0 im Moselstadion – mit dabei (in dieser Szene) Hans-Werner Bettinger (links, er sollte später nach Trier wechseln) und Stürmer Horst Brand (rechts, ein Ex-Trierer!) im Kampf mit Eintracht-Torhüter Karl-Heinz Schröder, der wenig später im Ellenfeld anheuerte!

Die Belohnung: Borussia darf in der Aufstiegsrunde wieder einen Anlauf zur Rückkehr in die Bundesliga nehmen. Das Feld der Gegner in Gruppe 2 ist lukrativ: Westmeister Fortuna Düsseldorf will ebenso nach oben wie der Titelträger der Regionalliga Süd, der 1. FC Nürnberg, im Vorjahr als amtierender deutscher Meister aus der Bundesliga abgestiegen. Der Nord-Zweite St. Pauli ist ebenso dabei wie Berlins Vize Wacker 04. Immerhin rechnet Düsseldorfs Coach Heinz Lucas die Borussen zu den Mitfavoriten. Einer der Leistungsträger im Ellenfeld: Gerd Zewe aus Stennweiler, der in den Aufstiegsspielen bei den Fortunen tiefe Eindrücke hinterlässt und später an den Rhein wechseln wird, wo er als langjähriger Stammspieler gar zur Vereinsikone werden sollte!

Zewe ist mitverantwortlich, dass die Borussia vor 31.000 begeisterten Fans mit einem 1:0 durch ein Tor von Jochen Dries (28.) gegen den 1. FC Nürnberg erfolgreich in die Runde startet und vor allem zuhause mit Siegen weiteren Siegen gegen St. Pauli (3:0) und Wacker 04 (2:1) nichts anbrennen lässt. Gegen die Fortunen heißt es nach hartumkämpften 90 Minuten 2:2 – unter dem Strich nicht mehr als ein Achtungserfolg. Denn auf fremden Plätzen gibt es für die Borussen außer in Berlin (2:0) nichts zu holen, und so haben die Düsseldorfer am Ende die Nase vorn. Borussia belegt mit positiver Bilanz (11:9-Tore / 9:7-Punkte) Platz zwei und hat für den Südwest-Fußball nachdrücklich geworben, auch wenn die Gefühlslage zwischen Freude und Frust durchaus gemischt war: „Beides spielt mit in einer solchen Situation. Nur der Gruppensieger kann aufsteigen, und so ist es letztlich uninteressant, ob man Gruppenzweiter oder -fünfter wird. Andererseits freut man sich über gute Spiele, nennenswerte Siege, gutes Abschneiden, auch wenn das Ziel Bundesliga nicht erreicht wird“, so das Fazit in der Borussen-Chronik. (-jf-)

1 Kommentar

  1. Wie immer ein sehr schöner Bericht und gut recherchiert.
    Doch auch in den „jüngeren“ Jahren gabs Erfolge. 1994 die Qualifikation zur Regionalliga und die darauf folgende starke Runde in dieser neuen Liga oder auch 2000 die starke Oberligameisterschaft waren schöne Erfolge. Der Club hat schon viel erreicht in der langen Historie. Eisern Borussia.

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