Fundstücke (11): Jahrbuch des Fußballs

Kleine Serie zum Abschneiden der Borussia in der Regionalliga-Saison 1966/67 / Teil 1: Holpriger Start nach dem Abstieg aus der Bundesliga

Normalerweise beginnt jetzt die Saison so richtig. Die Saison der Flohmärkte im Freien. Für wenig Geld kann man dort (fast) alles kaufen. Manchmal ist sogar das eine oder andere Schätzchen dabei. Das hat auch Susi Welter erfahren, als sie aus einer Bücherkiste das „Jahrbuch des Fußballs 1966/1967“ herausfischte. In dem über 400 Seiten dicken, von Karl-Heinz Huba im Copress-Verlag herausgegebene Nachschlagewerk findet sich alles rund um das runde Leder in dieser Spielzeit: Nationalelf, Bundesliga, Regionalligen, Europapokale, DDR-Liga. Statistiken, Tabellen, Ergebnisse. Im Blickpunkt auch die Borussia aus dem Ellenfeld: Ab Seite 153 wird der Weg durch die Spielzeit in der Regionalliga Südwest bis hin zum Meistertitel nachgezeichnet, ab Seite 158 erinnern jede Menge Fotos an die erfolgreiche Aufstiegsrunde. Für uns Anlass, in der augenblicklich leider fußballlosen Zeit mit einer kleinen Serie die Spielzeit 1966/67 noch einmal Revue passieren zu lassen. Eine Spielzeit, die zuweilen anmutet wie aus einer anderen (Fußball)Welt!

„Es war die Saison von Borussia Neunkirchen.“ Dieser so lapidar klingenden Satz leitet die Rückschau auf eine Spielzeit in der Regionalliga Südwest ein. Eine Spielzeit, die für die Borussen aber gar nicht gut beginnt. Müde und ausgelaugt aus der Bundesliga getaumelt, muss das einst so stolze Borussen-Schiff hatte mit Elmar May (Hamburger SV) und Werner Görts (Werder Bremen), Heinz Simmet (RW Essen) und Gerd Peehs (Borussia Dortmund), Gottfried Peter (1860 München) und Paul Pidancet (zurück zu Eintracht Trier) die besten Steuermänner von Bord gehen lassen. Trainer Horst Buhtz heuert bei Hannover 96 an. Ein neuer Mann, Zeljko Cajkovski, hat die Aufgabe, aus alten „Restbeständen“ und jungen Einkäufen eine frische Mannschaft zu formen. „Er ist zuversichtlich, wenn es auch eines eisernen Trainings bedarf, eine leistungsfähige Elf auf Dauer herauszubilden. Wir haben eine junge Mannschaft, und alle 20 Spieler haben den Willen, sich bedingungslos einem harten Training zu unterwerfen, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Es steht natürlich außer Frage, dass unser Ziel erneut auf den Aufstieg in die Bundesliga gerichtet ist. Eine Borussia Neunkirchen ist es sich selbst schuldig, wieder zur höchsten deutschen Fußballklasse zu zählen“, blickt Schriftführer Erich Manz in den „Schwarz-Weißen Blättern“ im August 1966 hoffnungsvoll in die Zukunft. Nicht ohne anzumerken, dass, „wenn Rückschläge eintreten, uns das nicht aus der Ruhe bringen sollte.“

Die Rückschläge sollten schneller da sein als gedacht. Schon zum Auftakt entführte die Spielvereinigung aus dem Mainzer Vorort Weisenau beim 2:2 aus dem Ellenfeld einen Punkt, selbst ein 2:0-Vorsprung, herausgeschossen von den beiden Neuzugängen Wolfgang Gayer (kam vom Wiener SK) und Hans Linsenmaier (aus Landau), reichte nicht zum Sieg. Und auch nach dem zweiten Spieltag (2:3 in Pirmasens) warteten die Borussen auf den ersten doppelten Punktgewinn. Der wurde beim 1:0 gegen TuS Neuendorf eingefahren, erneut zeichnete sich mit dem 21jährigen Erich Hermesdorf (aus Trier) ein Neuer als Torschütze aus. Doch auch bei den Saar-Rivalen gab es anschließend Niederlagen: Jeweils 1:2 zogen die Borussen sowohl beim Neuling FC Homburg als auch bei Röchling Völklingen den Kürzeren. Nach 6 Spieltagen Platz 11, noch kein einziger Punkt auf fremden Plätzen – Borussias Fehlstart war perfekt!

Die Wende: Der 3:2-Sieg gegen Eintracht Trier Anfang Oktober brachte die Borussia (mit Hans Linsenmaier, rechts, beim Torschuss) auf die Erfolgsspur. (Foto: 90 Minuten – mit Ferdi Hartung in die Bundesliga)

„Es musste ja so kommen“, werden im „Jahrbuch des Fußballs“ Fachleute und Fachpresse zitiert, doch sie hätten Neunkirchens Mentalität und die Qualitäten eines Zeljko Cajkovski unterschätzt. Vom Bruder des Bayern-Coaches „Tschik“ Cajkovski heißt es: „Schlank, nahezu asketisch, einen Kopf größer als der Bayern-Trainer, spricht ein gutes Deutsch, ist belesen, literaturbeflissen und ein hervorragender Schachspieler. Was der Schachspieler von Taktik und Psychologie versteht, übertrug er auch auf den Fußball. Und sagte seinen Borussen nach dem verpfuschten Anfang, dass sie fortan nur zu ihrem Vorteil die leidige Favoritenrolle nicht mehr zu spielen hätten.“

Das zeigte Wirkung. Zwar stotterte der Borussen-Motor im Heimspiel gegen Eintracht Trier immer noch ein wenig (nach einer 3:1-Pausenführung durch Pontes, Gayer und Lang traf Horst Brand für die Moselaner und ließ die Borussen-Fans bis zum Schlusspfiff zittern), doch – was zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnte – blieb Borussia von jenem 9. Oktober an fortan in 22 Punktspielen ungeschlagen. Auf des Gegners Platz gelang beim hoffnungslos unterlegenen Neuling und Tabellenschlusslicht Germania Metternich ein 7:1-Kantersieg (drei Pontes-Tore!). Der Bann war gebrochen, der Borussen-Express kam auf Touren. (-jf-/ Fortsetzung folgt)

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