Von Jo Frisch
Seit ein paar Wochen hängt in der Geschäftsstelle im Ellenfeld ein Bild (unser Foto mit v.l. Joachim Weber, Präsident Martin Bach und Sportvorstand Gunther Persch). „Keith Haring meets Borussia“, so der Titel. Übermitteln soll das Acryl-Gemälde, das Borussia im September 2016 in schwieriger Lage geschenkt wurde, die Botschaft: „Nur gemeinsam geht´s wieder aufwärts!“ Diesem Motto verpflichtet fühlte sich auch der erstmals durchgeführte Fan-Stammtisch am vergangenen Sonntag, der mit fast 40 Borussen-Anhängern, die den Weg ins Borussia-Heim gefunden hatten, auf große Resonanz stieß. Aufsichtsrat, aktuelle Stimmung, Jugendarbeit, Ellenfeld-Stadion – das waren die Schwerpunkte einer lebendigen und ehrlichen Aussprache, bei der Aufsichtsratvorsitzender Gerd Müller, Sportvorstand Gunther Persch, Kapitän Yannick Bach und das kooptierte Aufsichtsratsmitglied Jörg Eisenhuth den Borussen-Fans Rede und Antwort standen.
Den Gedanken der Einheit, der dem Wort „Verein“ innewohnt, griff denn auch der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Gerd Müller, in seiner Begrüßung auf. „Wir haben uns dafür stark gemacht, dass wir alle wieder näher zusammenwachsen. Heute ist der Aufsichtsratsvorsitzende bei den Fans, morgen in unserer Aufsichtsratssitzung ist ein Fan dabei – das ist was Neues bei Borussia“, spielte Müller auf die Berufung von Jörg Eisenhuth als kooptiertes Mitglied des Aufsichtsrates an. Eisenhuth wird in diesem Gremium die Stimme der Fans sein. Auch Sportvorstand Gunther Persch betonte in seinen einleitenden Worten, wie wichtig es sei, dass Borussia als Verein auftritt: „`Die da oben´ und `die da unten´- das darf es nicht mehr geben, das entspricht nicht meinem Denken“, appellierte Persch an die anwesenden Fans, alle ihren Beitrag zum Erfolg des Vereins zu leisten. Denn Borussia sei ein besonderer Verein mit viel Tradition, einem tollen Stadion und viel Fanpotential – da mache es keinen Unterschied, ob man in der Oberliga oder in der Saarlandliga spiele: „Entweder ist es mein Verein oder nicht!“ Es lohne sich, so Persch weiter, zu engagieren, um mit Borussia wieder nach oben zu kommen.
Sportlich laufe es derzeit zwar gut, aber man müsse sich auch fragen, wo Borussia gelandet sei, so der Sportvorsitzende kritisch: „Diese Entwicklung war leider in den letzten Jahren absehbar.“ Doch Gunther Persch wollte sich nicht lange mit der Vergangenheit befassen, sondern lieber nach vorne schauen: „Es gilt, die Reset-Taste zu drücken und neu zu starten. Die Voraussetzungen dazu sind nicht schlecht. Ein neuer Aufsichtsrat mit Verzweigungen in alle Berufssparten, engagierte Menschen wie Jens Kelm, der um das Stadion kämpft wie ein Löwe, Rainer Lauffer und Martin Bach, dazu mit Björn Klos ein authentischer Trainer, der mit seiner Begeisterung neues Leben entfacht hat, eine Mannschaft, in der gute Charaktere stehen wie lange nicht mehr, der 12. Mann in Gestalt unserer Fans und ein Stadion, das sonst keiner hat – das sind Pfunde, mit denen wir wuchern können. Mit solider und vor allem transparenter Arbeit sind wir auf einem vernünftigen Weg, aber das dauert seine Zeit“, forderte Persch auch Geduld ein und verteilte anschließend ein großes Lob an Kapitän Yannick Bach: „Er ist trotz der langwierigen Verletzung immer da, bei jedem Training, bei jedem Spiel. Er geht immer vorne weg und ist als Kapitän ein echtes Vorbild!“Der so Gelobte räumte nichtsdestotrotz ein, er tue sich schwer, von außen zu helfen, würde stattdessen viel lieber auf dem Platz stehen und mit anpacken, dass Borussia wieder nach oben komme. „Die Reha nach meiner OP läuft gut. Ich hoffe, Ende März, Anfang April wieder angreifen zu können“, stellte Yannick Bach dem Borussen-Anhang in Aussicht. Unter den Fans macht sich derweil tatsächlich ein Hauch von Optimismus breit. „Wir haben eine Mannschaft, die wieder als echtes Team auftritt, einen guten Trainer, einen Vorstand, der mit den Fans zusammenarbeitet. Da ist wieder Zug drin, darauf kann man aufbauen, ich habe jedenfalls seit langem wieder ein gutes Gefühl“, war eine Stimme aus Fankreisen, in denen freilich auch skeptische Töne zu hören waren: Schließlich habe man in den letzten Jahren des Öfteren einen Neuanfang proklamiert, ohne dass sich entscheidendes verbessert habe.
Deshalb betonten Gerd Müller und Gunther Persch nochmals die Transparenz als oberstes Handlungskriterium: „Dass die Fans mit Jörg Eisenhuth einen Vertreter im Aufsichtsrat haben, ist ein klares Signal in diese Richtung. Dafür haben wir uns eingesetzt, werben aber auch um Vertrauen, denn die initiierte Entwicklung braucht Zeit.“Zeit – das benötigt auch, so Christoph Serr, der Wiederaufbau der Jugendabteilung. Serr, der in 15 Jahren Jugendarbeit bei Borussia alle Höhen und Tiefen miterlebt hat, konnte aus den unteren Jahrgängen erfreuliches berichten: „Wir haben für die G- und F-Jugend erstmals seit langem wieder aktuell lizenzierte Trainer gewinnen können. Das zahlt sich aus. Die beiden Mannschaften spielen einen sehr erfolgreichen Fußball.“ Allerdings rächten sich in höheren Jahrgängen die Versäumnisse der letzten Jahre: Aktuell habe Borussia keine E- und D-Jugend, der A-Jugend-Kader bestehe aus lediglich fünf Spielern und müsse mit B-Jugendlichen aufgefüllt werden, die einer Doppelbelastung unterlägen. „Ganz ehrlich gesagt: In den nächsten Jahre ist es nicht absehbar, dass ein Spieler aus der eigenen Jugend den Sprung in die erste Mannschaft schafft“, so das nüchterne Fazit von Christoph Serr. Hoffnung mache aber die seit letztem Jahr existierende Jugendakademie, die ausschließlich für die Jugendabteilung tätig sei. Hier sei das Engagement von Martin Gonschorek besonders beim Umbau der Jugendräume hervorzuheben, die bald in neuem Glanz erstrahlten.
Zur Sprache kam natürlich auch die Stadionfrage. Die meisten Fans befürworten einen Auftritt des derzeit heimatlosen 1. FC Saarbrücken im Ellenfeld als eine Chance, das altehrwürdige Stadion zu erhalten, fordern aber auch intensive Überlegungen für eine nachhaltige Entwicklung.
Länger als ein Pokalspiel inklusive Verlängerung und Elfmeterschießen dauerte der erste Fan-Stammtisch im Ellenfeld. Allgemeiner Eindruck: Borussia ist auf einem guten Weg. Man geht aufeinander zu, kommt ins Gespräch, baut Vertrauen auf. Der Beweis: Borussia konnte gleich sechs neue Mitglieder gewinnen! Die Veranstaltung hat sich allemal gelohnt, Wiederholung wünschenswert. (-jf-)
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