Der Herr der Lüfte

Kamil Czeremurzynskis Stärken: Kopfballspiel und Zweikampfführung / Seit 2015 im Ellenfeld / Sein Wunsch zum 28. Geburtstag: Nochmal ins Pokalhalbfinale einziehen!

Er ist einer der dienstältesten Borussen und Mitglied des Mannschaftsrates. Dort hat sein Wort Gewicht. Auf dem Rasen zeichnet ihn die pure Leidenschaft aus. Angst ist für ihn ein Fremdwort, kompromisslos sein Zweikampfverhalten, Aufgeben kommt für ihn nie in Frage. Und kaum einer lässt Freude und Lust so raus wie er, wenn ihm ein Tor gelungen ist (Foto oben). Heute wird er 28 Jahre alt: Borussias Innenverteidiger Kamil Czeremurzynski.

Als er im Sommer 2015 ins Ellenfeld kam, hätte er nicht unbedingt gedacht, dass er dort fünf Jahre bleiben würde. Mit der Borussia hat Kamil Czeremurzynski alle Höhen und Tiefen mitgemacht. Am meisten getroffen hat den baumlangen Innenverteidiger der unnötige Abstieg aus der Oberliga 2017. Aber auch der ein Jahr später nur hauchdünn verpasste direkte Wiederaufstieg bedeutete eine große Enttäuschung: „Wir hatten uns nach schlechtem Saisonstart an die Spitze gekämpft und brauchten beim letzten Spiel in Dillingen noch einen Punkt. Den hätten wir auch geholt, wenn mich der Schiedsrichter nicht nach 35 Minuten vom Platz gestellt hätte“, ärgert sich der Abwehrrecke, der an der Papiermühle wegen einer Gesichtsverletzung mit Maske aufgelaufen war, noch heute. Nicht zu unrecht: Denn der Platzverweis war, gelinde ausgedrückt, höchst umstritten, die Video-Aufzeichnungen ließen argen Zweifel daran aufkommen, dass Kamil Czeremurzynski beim Versuch, vor seinem Kontrahenten an den Ball zu kommen, Dillingens Juri Dill überhaupt berührt hatte. Doch auch viel Positives hat er im Ellenfeld erlebt, allen voran zwei Pokalpartien, die ihm noch in lebhafter Erinnerung sind: „Zum einen das Spiel gegen den 1. FC Saarbrücken, das wir denkbar knapp mit 0:1 verloren haben – das erste und bislang einzige Flutlichtspiel im Ellenfeld war für mich ein ganz besonders intensives Erlebnis. Dann natürlich das Halbfinale im Vorjahr gegen Elversberg, wobei ich die Partie gegen den FCS von der Atmosphäre her unvergleichlich fand.“

Apropos Saarbrücken: Von den Amateuren der Malstatter war Kamil Czeremurzynski ins Ellenfeld gewechselt. Zuvor hatte er das Fußball-ABC von der Picke auf in Köllerbach gelernt. „Von den Minis bis in die erste Mannschaft, dabei habe ich das letzte A-Jugend-Jahr sogar übersprungen“, weiß er zu berichten. 33 Oberligaspiele für den FCS, 46 für die Borussia und dazu 82 Partien im Borussen-Dress in der Saarlandliga stehen in seiner Bilanz. Die meisten seiner 7 Tore verdankt Kamil Czeremurzynski seiner Körpergröße und der gewaltigen Sprungkraft: Wenn der 28jährige bei Standardsituationen nach vorne eilt und seine mehr als 1 Meter 90 unwiderstehlich in den Himmel schraubt, herrscht meist Alarmstufe Rot im gegnerischen Strafraum – kein Zweifel: Kamil kann Kopfball, ist defensiv wie offensiv Herr der Lüfte! In „Kopfballspiel und Zweikampfstärke“ sieht er denn auch selbst sein großes Plus, „mein Aufbauspiel aus der Abwehr heraus ist zwar besser geworden, stellt aber immer noch einen Bereich dar, an dem ich fleißig arbeiten muss“, gibt er ehrlich zu. Dabei ist ausgerechnet der feine Techniker David Beckham sein großes Vorbild (gewesen): „Vielleicht genau deshalb, weil mir die Technik nicht so in die Wiege gelegt wurde“, meint er schmunzeln.

Gewaltige Sprungkraft (Bild oben) und keine Angst im Zweikampf (Bild unten) sind die Stärken von Borussias Innenverteidiger Kamil Czeremurzynski. (Fotos: -jf-)

Dass aus ihm ein Fußballer geworden ist, muss indes nicht verwundern. Denn sein Vater kickte in Polen in der zweiten Liga und war nach der Übersiedlung nach Deutschland bei den Sportfreunden in Köllerbach aktiv. Mit sechs Jahren kam der kleine Kamil zusammen mit seinen Eltern aus der polnischen Lausitz aus seinem Heimatort Zary ins Saarland, wo er zweisprachig (polnisch und deutsch) aufwuchs und über den Fußball schnell Kontakte und Freundschaften knüpfte. Auf die Frage, wem er für die eigene Karriere viel zu verdanken hat, fällt die Antwort nicht schwer: „Da gehören vor allem vier Personen dazu. Melori Bigvava, der ja auch für die Borussia gespielt hat, gab mir als ganz jungem Kerl in Köllerbach in der ersten Mannschaft die Chance, dafür bin ich heute noch dankbar. In Saarbrücken hat mir Bernd Eichmann, der heute den TuS Herrensohr trainiert, die andere Seite gezeigt – mir wurde klar, dass es ohne Disziplin nicht geht. Unter Michael Petry habe ich mich im Ellenfeld weiter entwickeln können, und Björn Klos hat mir bei der Borussia viel Verantwortung gegeben – durch mein Bemühen, dieses Vertrauen zurückzuzahlen, habe ich sicher den größten Sprung gemacht.“

Gedanken über seine eine Verbundenheit zum Fußball über die Aktivenzeit hinaus hat er sich noch nicht wirklich gemacht. Ist ein Trainer Kamil Czeremurzynski denkbar? „Theoretisch ja, aber Ich bezweifle, ob ich in der Praxis ein guter Trainer wäre. Denn dazu habe ich die Nerven nicht. Ich rege mich ja jetzt schon wahnsinnig auf, wenn ich aus Verletzungsgründen mal nicht spielen kann und mir das Ganze von draußen ansehen muss“, gibt er zu bedenken. Nicht ganz abwegig, denn wer Kamil Czeremurzynski während der 90 Minuten einmal auf der Bank beobachtet hat, spürt sofort totale Anspannung und helle Aufregung: Die Leidenschaft, mit der er auf dem Rasen zu Werke geht, würde ihm als Trainer wohl zu viele Leiden schaffen!

Fokussiert auf das runde Leder (Bild oben) und große Anspannung auf der Bank (Bild unten): Kamil Czeremurzynski ist stets mit Leidenschaft dabei. (Fotos: -jf-)

Für realistischer hält er es da schon, dass die Borussia mittelfristig wieder in die Oberliga zurückkehrt. „Der derzeitigen Weg, den Gunther Persch und Björn Klos eingeschlagen haben, sich zu konsolidieren und mit jungen, hungrigen Spielern wieder nach oben zu kommen, halte ich für absolut richtig und vernünftig. Dieser Weg wird Früchte tragen, auch wenn er anfänglich etwas holprig schien“, davon ist der Abwehrhüne, der bei AC Süppmeyer in Kleinblittersdorf, einem Unternehmen für Datenschutz und Qualitätsmonitoring arbeitet, überzeugt. Fraglich ist für ihn jedoch, ob die aktuelle Saison überhaupt noch zu Ende gespielt werden kann. „Ich würde mich freuen, wenn es so wäre, auch wenn es im Moment kaum vorstellbar ist.“ Wenigstens die Pokalrunde möchte Kamil Czeremurzynski aber noch fortsetzen: „Die Chance auf das zweite Halbfinale hintereinander ist nicht schlecht, das würden wir alle gerne mitnehmen.“ Beeindruckend findet er auf jeden Fall, wie die Fußballfans weit über die Grenzen des Saarlandes hinaus in Form der virtuellen Tickets die Borussia unterstützen: „Mehr als 5000 Stück, Wahnsinn! Das zeigt, welche Strahlkraft der Club immer noch hat!“

Borussia gratuliert Kamil Czeremurzynski herzlich zum heutigen Geburtstag und wünscht unserem Abwehrstrategen alles Liebe und Gute, vor allem Gesundheit, und darüber hinaus Glück und Zufriedenheit auf allen Ebenen – happy birthday, Kamil! (-jf-)

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