2:2 gegen Herrensohr – ein Punkt besser als nichts

Unser Bild: Nico Purket, der sich in dieser Szene gegen Herrensohrs Jodi Daoud durchsetzt, sicherte den Borussen mit seinem Tor zum 2:2 noch vor der Pause nach zwei Heimniederlagen zuvor diesmal wenigstens einen Punkt. (Foto: -jf-)

Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Spätestens als Schiedsrichter Luca Schilirò den bereits mit der gelben Karte verwarnten Christoph Stemmler ein paar Minuten vor dem Abpfiff mit der 10-Minuten-Zeitstrafe belegte, mag Christian Schübelin an das alte deutsche Sprichwort gedacht haben. Lieber den kleinen Nutzen, sprich: ein Punkt, als den großen, der mit Risiko verbunden ist. Dabei wollte der Borussen Coach gerade „all in“ gehen, hatte zuvor mit Louis Cupelli eine weitere Offensivkraft aufs Feld gebracht. Doch die Überzeugung siegte: „Da sind wir dann doch mit dem einen Punkt zufrieden.“ Denn immerhin konnte mit dem insgesamt leistungsgerechten 2:2 gegen den TuS Herrensohr (nach dem 1:3 gegen Reisbach und dem 0:3 gegen Hasborn) die dritte Heimniederlage in Folge vermieden werden. Das hatte es letztmals in der reichlich desaströsen Rückrunde der Saison 2018/19 gegeben, als binnen vier Wochen gegen Köllerbach (0:3), den FC Homburg II (1:4), die Sportfreunde Rehlingen-Fremersdorf (2:4) und den SC Halberg-Brebach (1:2) sogar gleich viermal den Gästen im Ellenfeld die Punkte überlassen wurden.

Apropos Überzeugung, apropos Zufriedenheit: Zufriedene Gesichter sehen anders aus als die, die die ausgepumpten Borussen nach dem Abpfiff auf der Bank zeigten. „Die letzte Überzeugung in Defensive und Offensive hat gefehlt“, hatten Christian Schübelin und sein Kapitän Marco Dahler unter dem Strich bei allem Bemühen, die schwache zweite Halbzeit aus dem Spiel gegen Hasborn vergessen zu machen, für den Verlust zweier Punkte verantwortlich gemacht. „Immer dann, wenn wir über schnelle Kombinationen gekommen sind, waren wir gut. Doch das haben wir nach der Pause zu selten gemacht, haben uns dem langsam gewordenen Spiel mehr und mehr angepasst, uns auch zu wenig zugetraut“, monierte der Trainer.

Dabei hatte es für die Borussen so gut angefangen. Es waren noch keine 30 Sekunden gespielt, als ein überfallartiger Angriff über die linke Seite Herrensohrs Abwehr überraschte: Dominik Cullmanns Hereingabe fand Niki Backes, doch TuS-Keeper Georg Amann war um Sekundenbruchteile schneller am Ball, warf sich Borussias Winterneuzugang aus Auersmacher vor die Füße und konnte so den Einschlag gerade noch so verhindern. Der Torwart stand auch in der nächsten Szene im Mittelpunkt, aber sicher ganz anders, als er sich das gewünscht hatte: Nach einem Rückpass wollte er den langen Ball nach vorne schlagen, traf dabei aber den ihn anlaufenden Tim Klein, von dem das Leder sich über den verdutzten Keeper hinweg ins Netz senkte. Aus Amann war urplötzlich ein „Oh, Mann!“ geworden, der aber gleich von seinen Mannschaftskameraden wieder aufgemuntert wurde.

Das konnte er auch gebrauchen, denn nach 15 Minuten war der Routinier zwischen den TuS-Pfosten wieder gefordert: Nach flüssiger Kombination über Dylan Sodji und Tim Klein zog der freigespielte Tim Cullmann aus etwa 11 Metern aus halbrechter Position entschlossen ab, traf aber nur den rechten Pfosten – fraglich, ob der fliegende Amann da herangekommen wäre! So langsam wagten sich die Gäste nun auch über die Mittellinie und hatten in Mike Seewalds Distanzschuss den ersten nennenswerten Abschluss, den ein Borussen-Abwehrbein aber über das Tor lenken konnte. Gleich der nächste Versuch aber saß: Nach einem Eckball konnte die Situation im Strafraum der Borussia nicht überzeugend genug geklärt werden, der erste Versuch landete am Innenpfosten, ehe Simon Ikas das Leder vor die Füße fiel und Herrensohrs aufgerückter langer Abwehrspieler an den sich ihm entgegenstemmenden Tim Cullmann und Dylan Sodji vorbei entschlossen zum Ausgleich einnetzte (25.). Nun bekam der TuS Oberwasser, und nur sechs Minuten später hatten die Gäste die Partie komplett gedreht: Erneut war ein Eckball Ausgangspunkt, in dessen Folge Jodi Daoud im Fünf-MeterRaum nach einer Kopfballvorlage von Mike Seewald vor Maximilan Strack am Ball war und den Ball ins Tor bugsierte (31.) – schon sein 11. Saisontreffer!

Da war es passiert: Simon Ikas (re.) schießt zum 1:1 in, Dylan Sodji und Tim Cullmann können den Einschlag nicht mehr verhindern (oben). Wenig später lagen die Borussen sogar zurück: Jodi Daoud (von Herrensohrs Tim Greulach, Nr. 19, verdeckt,kommt vor Maximilian Strack an das Leder und netzt aus kurzer Distanz ein (unten). (Fotos: -jf-)

Doch die Borussen ließen den Rückstand nicht lange unbeantwortet. Gleich zweimal verfehlten wuchtige Distanzschüsse die gegnerische Kiste nur um Haaresbreite: Zunächst drehte Dominik Cullmann, von Dylan Sodji auf dem linken Flügel in Szene gesetzt, auf, zieht nach innen und zielt knapp über das lange Kreuzeck, Georg Amann konnte dem Leder nur noch entgeistert hinterherschauen (34.), dann zischte ein Flachschuss von Nico Christmann am rechten Pfosten vorbei (37.). Kurz vor dem Pausenpfiff belohnten sich die Borussen für ihr unermüdliches Bemühen um den Ausgleich: Nachdem Georg Amann einen Hammer von Tim Klein nur an die Unterkante der Latte abwehren konnte, schaltete Nico Purket am schnellsten und donnerte das Leder aus kurzer Distanz regelrecht mit Wut im Bauch ins Netz. Nach munteren 45 Minuten und vier Toren stand beim Pausenpfiff von Luca Schilirò ein gerechtes 2:2, das den wechselvollen Spielverlauf korrekt spiegelte.

Dass dies bereits der Endstand sein würde, hätte sicher zu diesem Zeitpunkt keiner der etwa 350 Zuschauer gedacht. Doch nach Wiederbeginn verflachte die Partie zusehends, beide Mannschaften neutralisierten sich weitgehend. Zwar wurde um jeden Ball gekämpft und um jeden Zentimeter Kunstrasen gerungen, aber das spielerisch-fußballerische Niveau war eher überschaubar. „Auf beiden Seiten war das jetzt kein gutes Spiel mehr, phasenweise langweilig“, so Christian Schübelin. Das dokumentierte auch die Anzahl an Torchancen, auf die man lange warten musste. Bei einem strammen Schuss des eingewechselten Hassan Sonsuz wählte Maximilian Strack die sichere Variante und faustete das Leder aus der Gefahrenzone (76.). Zehn Minuten später musste sich Georg Amann auf der anderen Seite strecken: Louis Cupelli hatte einen langen Ball geschickt mit dem Körper abgeschirmt und Tim Klein in Szene gesetzt, den Drehschuss des Borussen-Torjägers konnte Amann mit letzter Kraft gerade noch so um den Pfosten lenken.

Premierentreffer für Nico Purket: Gemeinsam mit Nico Christmann freut sich Borussias Nr. 5 über sein erstes Saisontor. (Foto: -jf-)

Just als die Borussen die letzten Tropfen Sprit im Tank aktivieren wollten, um vielleicht doch noch drei Punkte einzufahren, streckte der Unparteiische nach hartem Einsteigen von Christoph Stemmler die zweimal erhobene Hand mit den gespreizten fünf Fingern in den Himmel über dem Ellenfeld: Zehn-Minuten raus! In Überzahl, das war zu spüren, wollten die Gäste jetzt in den letzten Minuten den Sieg – im Hinterkopf den Gedanken, sich für die 1:3-Niederlage zu revanchieren. Inzwischen war auch TuS-Torjäger Valentin Solovej (er trifft eigentlich fast immer gegen Borussia!) auf dem Platz – er stand in den vergangenen zwei Wochen aus beruflichen Gründen nicht zu Verfügung und hatte deshalb zunächst nur auf der Bank Platz genommen. Mit ihm drückte Herrensohr nochmal aufs Tempo, aber außer einem Freistoß an der Strafraumgrenze, den Nils Becker in den Wald Richtung Altseiterstal schickte, ergab sich keine ernsthafte Gefahr mehr für das Borussen-Tor. Die hatten dann am Ende den Spatz in der Hand, die Taube auf dem Dach war entfleucht. Das schiedlich-friedliche 2:2 war denn auch ein Wunschergebnis für Dr. Sebastian Richter, wohnen doch in der Brust des TuS-Fußballchefs und Vereinsarzt der Borussia zwei Herzen. Zudem konnte er sich die Auszahlung der Siegprämien an seine Herrensohrer sparen. Ein Punkt – bei aller Enttäuschung besser als nichts. Das gilt eigentlich für beide Clubs. Eine wahre, aber keine neue Erkenntnis. Denn das wussten schon die alten Römer, denen beim Vogelfang bekanntlich manches Federvieh buchstäblich auf den Leim ging: „Capta avis melior est quam mille in gramine ruris“ – ein gefangener Vogel ist besser als tausend, die im Gras hüpfen. (-jf-)

Statistik: Borussias – TuS Herrensohr 2:2 (2:2)

Borussia: Maximilian Strack – Tim Cullmann (ab 87. Lars-André Kaula), Marco Dahler, Nico Purket, Christoph Stemmler, Niklas Backes (ab 65l. Sayfedine El Khadem), Nico Christmann, Dominik Cullmann (ab 87. Tim Braun), Michael Müller, Dylan Sodji (ab 75. Louis Cupelli), Tim Klein. – Trainer: Christian Schübelin.

Tore: 1:0 (5.) Tim Klein, 1:1 (25.) Simon Ikas, 1:2 (31.) Jodi Daoud, 2:2 (42.) Nico Purket. – Schiedsrichter: Luca Schilirò (SV Hermann-Röchling Hütte). – Zuschauer: 350. – Gelbe Karten Borussia: Niklas Backes (53.), Christoph Stemmler (61.), Dylan Sodji (70.). – Zeitstrafe Borussia: Christoph Stemmler (87.).

Unsere Bilder zeigen Eindrücke vom Spiel der Borussia gegen den TuS Herrensohr. (Fotos: -jf-)

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