1:0 gegen FC Homburg II: Zusammenspiel der eingewechselten Sebastian Cullmann und Vincenzo Accursio sorgt für einen glücklichen, aber verdienten Spielausgang zum Saarlandliga-Abschied von Trainer Björn Klos
Unser Bild: Das Lattenkreuz visiert Kevin Saks mit diesem fulminanten Linksschuss an – weder Homburgs Torhüter Justin Brown (hinten) noch Kapitän Michael Müller können das verhindern. (Foto: -jf-)
Das Drehbuch ist das Herzstück eines jeden guten Films. Ohne spannendes Drehbuch helfen auch die besten Schauspieler und die atemberaubendsten Special-Effects nicht weiter. Wenn die Story nicht stimmt, wird der Film langatmig. Ein guter Film braucht einen Spannungsbogen, der die Charaktere entwickelt und bei den Zuschauern sukzessive das Verlangen nach einer Lösung erzeugt, die dann erst spät in Szene gesetzt wird. Legt man diese Kriterien zugrunde, dann hat der Regisseur des Spiels der Borussia gegen die U23 des FC Homburg am gestrigen Samstag herausragende Arbeit geleistet!
Warum? Ganz einfach: Man stelle sich vor, das entscheidende Tor zum 1:0-Sieg der Borussia (übrigens schon der fünfte in der Rückrunde mit dem knappsten aller Ergebnisse!) wäre schon nach 2 Minuten gefallen. Anschließend 88 Minuten Spielgeplätscher hin und her, vielleicht sogar mit Zittern und Bangen. Nein, der Spannungsbogen gestern im Ellenfeld war aus Borussen-Sicht um Klassen dramatischer, vielleicht sogar reif für einen Saarlandliga-„Oscar“.
Nach der Choreo für den scheidenden Trainer Björn Klos (siehe eigener Beitrag) sind die emotionalen Voraussetzungen für einen spannungsgeladenen Spiel-Plot gegeben. Die Borussen, die weiter auf Marco Dahler und Fabian Scheffer verzichten müssen, beginnen nervös. Die stimmungsvolle Kulisse scheint über weite Strecken der ersten Halbzeit eher zu hemmen als zu beflügeln. Die Homburger Gäste setzen die ersten Akzente: Tim Braun grätscht Stürmer Ercan das Leder in höchster Not vom Fuß, beim anschließenden Eckball wird der Ball im Strafraumgetümmel irgendwie abgeblockt (15.). Borussias erste aussichtsreiche Gelegenheit hat Simon Schreibeisen, der nach Henderson-Hereingabe bei einem Schuss den Ball nicht richtig trifft und im Fallen an Keeper Brown scheitert. Die Partie nimmt jetzt langsam Fahrt auf, die Borussen finden besser ins Spiel, haben nach 39 Minuten bei einem Kopfball von Daniel Schlicker (nach langem Allenfort-Einwurf) und einem Distanzschuss von Christoph Stemmler, der knapp am Tor vorbei saust, gleich eine Doppelchance. Der fleißige Kevin Saks verzieht in der Nachspielzeit aus guter Position über den Querbalken. Als Schiedsrichter Maximilian Fischer zur Halbzeit pfeift, darf die Borussia, die sich ins Spiel hineingearbeitet hat, ein Chancenplus für sich verbuchen.
Björn Klos hat erkannt, „dass das Bemühen, den Zuspruch, den wir von außen erhalten haben, zurückzuzahlen, in den ersten 45 Minuten nicht so gut gelungen ist.“ Deshalb spricht der Coach seinen Schützlingen Mut zu: „Mut, nach vorne zu spielen, die Offensivaktionen umzusetzen, mit Druck, aber auch mit Spaß auf unsere Kurve zuzuspielen, alles dafür zu tun, den Sieg einzutüten.“ Mit seiner Kabinenansprache entwickelt der Coach den Spielcharakter der zweiten Halbzeit. Die Körperspannung, das Auftreten der Klos-Schützlinge lässt in den Fans nach und nach das Verlangen nach der Entscheidung des Spiels wachsen. „Steht auf, wenn Ihr Borussen seid“, schallt es von Block 5 Richtung Haupttribüne – wann hat es das im Ellenfeld zuletzt gegeben? Und sie stehen auf, die Borussen – von den Sitzschalen auf der Tribüne, aber auch auf dem grünen Rasen.
Denn jetzt nimmt Borussia das Heft in die Hand, drückt die Gäste, die fast nur noch mit langen Bällen operieren, zunehmend in die eigene Hälfte, nagelt sie dort regelrecht fest. Nach Nyger Hunters Linksschuss, der gleich nach 47 Minuten das Ziel nur knapp verfehlt, verbringt Kevin Collofong im Borussen-Tor einen recht ruhigen Nachmittag, kann sich auf die Beobachtung manch guter Chancen seiner Kameraden konzentrieren. Gleich zweimal binnen weniger Minuten rettet das Aluminium für die jungen Homburger vorerst die Null: Zuerst bei Kevin Saks´ fulminantem Geschoss mit dem linken Fuß ans Kreuzeck, wenig später bei Timothy Ugo geschicktem Schlenzer an den Pfosten. Die Kulisse ist weiter hellwach, treibt die Borussen nach vorne. In der Schlussphase dann schrittweise, wie von einem „glücklichen (Trainer)Händchen“ in Szene gesetzt, die Lösung des Spielknotens: Sie beginnt nach 72 Minuten mit der Einwechslung von Sebastian Cullmann, der auf dem linken Flügel viel Wirbel entfacht, und setzt sich nach 84 Minuten fort, als Vincenzo Accursio auf´s Feld kommt. Vincenzo – nomen est omen! Vincenzo, der Siegende, Vincenzo, der Sieger. Nachdem Kevin Saks nach 80 Minuten noch alleine auf Gäste-Keeper Brown zusteuert, Ball und Abschlusschance aber (auf dem mehr als holprigen Platz) verstolpert, schaut Maximilian Fischer schon auf die Uhr, als Borussias Stürmer seinem Namen alle Ehre macht und die präzise Hereingabe Sebastian Cullmanns mit dem ausgestreckten rechten Fuß ins rechte untere Toreck bugsiert. Dass „Vini“ anschließend zum Borussen-Anhang in die Kurve läuft – exakt dorthin, wo er früher selbst als Fan gestanden und die Borussia angefeuert hat – verleiht der Dramaturgie das „Sahnehäubchen“. Ein „Oscar“ für Vini – der Kreis der Spielregie hat sich geschlossen!
„Manch einer wird vielleicht kritisch hinterfragt haben, dass ich Kevin Saks, der ja bis dahin wirklich ein gutes Spiel gemacht hat, rausgenommen habe. Aber ich hatte das Gefühl, dass mit Vini noch was geht. Am Ende des Tages sollte es halt so sein. Der Junge hat sich das aber auch verdient, weil er super im Training ist und immer Vollgas gibt“ begründete Björn Klos nach den 90 Minuten den womöglich entscheidenden Wechsel, der den 21jährigen wenig später dazu prädestinierte, im Rahmen der Feierlichkeiten auf den Zaun zu klettern, vor Block 5 mit dem Anhang eine zünftige und stimmgewaltige Humba zu inszenieren und so ganz nebenbei für Geburtstagskind Daniel Schlicker ein „Ständchen“ zu intonieren.
„Man muss beim Drehbuchschreiben darauf achten, dass man das Publikum nie loslässt“, benennt der britische Regisseur und Filmemacher Steven Knigt einen seiner Grundsätze. Borussia hat das am Samstag in der zweiten Halbzeit nahezu perfekt, auf jeden Fall eindrucksvoll in die Tat umgesetzt. Und das weit über das Ellenfeld hinaus. „I will be there for the next game. Can´t wait to see the team play“, schreibt die Familie des auch diesmal wieder sehr agilen und spielfreudigen Roman Torres in einer facebook-Nachricht aus Amerika – wenn das mal keine gute Nachricht ist! (-jf-)
Statistik: Borussia – FC Homburg II 1:0 (0:0)
Borussia: Kevin Collofong – Niklas Allenfort, Tim Braun, Kamil Czeremurzynski (ab 64. Tim Klein), Christoph Stemmler, Daniel Schlicker, Simon Schreibeisen (ab 72. Sebastian Cullmann), Dylan Sodji, Roman Torres, Quincy Henderson (ab 64. Timothy Ugo), Kevin Saks (ab 84. Vincenzo Accursio). – Trainer: Björn Klos. – Co-Trainer: Özal Acar.
Tor: 1:0 (90.) Vincenzo Accursio. – Schiedsrichter: Maximilian Fischer (St. Wendel). – Zuschauer: 700. – Gelbe Karten Borussia: Quincy Henderson (32.), Roman Torres (33.), Christoph Stemmler (50.), Daniel Schlicker (70.).
Unsere Bilder zeigen Szenen aus der Partie der Borussia gegen die U23 des FC Homburg. (Fotos: -jf-)
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