Unser Bild: Herr der verlorenen Bälle – Gerry Klaper und seine „Ausbeute“ vom Tribünendach. (Fotos: -jf-/-gk-)
Sie kennen nahezu jeden Grashalm, können zu nahezu jedem Stein eine Geschichte erzählen. Besucher sind immer wieder beeindruckt, wenn sie von Professor Dr. Jens Kelm und Wolfgang Rausch mit profunder Ortsenntnis durch das Ellenfeld geführt werden und auf höchst lebendige Weise in die Historie der altehrwürdigen Spielstätte, die jüngst ihren 112. Geburtstag gefeiert hat, eintauchen können. Doch es gibt einen Platz, von dem aus Borussias Stadionexperten das Ellenfeld-Stadion wohl noch nicht inspiziert haben. Einen ungewöhnlichen Platz, den Gerry Klaper kennt, weil er schon dort oben in luftiger Höhe war. Mit einer bestimmten Mission!
Gerry Klaper ist im Ellenfeld und rund um das Ellenfeld bekannt wie ein bunter Hund. In seiner hessischen Heimat war er selbst als Fußballer bei Rot-Weiß Wetzlar aktiv, trainierte dort sogar eine Damenmannschaft. Die Liebe führte den Vater von Zwillingen ins Saarland, wo er in Neunkirchen und bei der Borussia heimisch geworden ist – kein Spiel, kaum ein Training im Ellenfeld ohne Gerry Klaper!
Ihn als einen der „guten Seelen“ der Borussia zu bezeichnen, ist sicher nicht übertrieben. Das Spiel ist aus – die Eckfahnen stehen noch, Gerry Klaper sammelt sie ein. Einer der Borussen hat sein Leibchen auf der Bank liegen lassen, Gerry Klaper nimmt es mit in die Kabine. Hier und da liegt eine verlassene Getränkeflasche, Gerry Klaper entsorgt sie. Während die Mannschaften schon längst unter der Dusche stehen, während die Fans längst bei Kaltgetränken und Würstchen über die 90 Minuten diskutieren, geht der 71jährige wie ein einsamer Wolf mit hellwachen Augen nochmal über den Platz, sein Revier. Doch auch abseits der Spiele ist Gerry Klaper im Einsatz und unterstützt seine Borussia mit vielen kleinen Handgriffen: Überquellende Mülleimer leeren, heruntergefallene Werbe-Transparente wieder geraderücken, das sprießende Unkraut und die Ränge überwucherndes Gestrüpp beseitigen, die Schalensitze auf der Tribüne säubern, Fanblock 5 reinigen, den Kunstrasen von Laub befreien – es gibt kaum etwas, was Gerry Klaper, der nur einen Steilpass vom Ellenfeld entfernt zuhause ist, noch nicht für Borussia erledigt hat.
Nah dran am Team: Gerry Klaper beim Trainngsauftakt um Gespräch mit Borussias Neuzugängen Sebastian Kelm (li.) und Stefano Sottosanti (kniend). (Foto -jf-)
Doch eines war für ihn besonders beeindruckend. Der Auftrag: Die von verzweifelten Awehrspielern in purer Not auf das Tribünendach gedroschenen Bälle herunterholen! Aus dieser Perspektive hatte er sein Ellenfeld-Stadion bislang noch nicht gesehen. In schwindelerregender Höhe bot sich Gerry Klaper eine atemberaubende und ungewöhnliche Sicht auf das traditionsreiche Stadion und darüber hinaus: Auf Block 5, wo die treuesten der treuen Anhänger lautstark ihre Borussia anfeuern. Auf die mächtige Spieser Kurve, hinter der sich das Neubaugebiet des Altseitertals Schritt für Schritt an das Stadion „herangerobbt“ hat. Auf die Gegengerade, die – wäre es nach dem Willen des damaligen Präsidiums gegangen – ebenso hoch wie die Hintertortribüne aufgestockt worden wäre. Auf das Gelände der ehemaligen Schlossbrauerei, an deren Stelle sich heute moderne Gebäudekomplexe mit Eigentumswohnungen erheben – das Gelände jener Schlossbrauerei, die seiner Zeit eines der Wahrzeichen der Stadt und Sponsor der Borussia war und sich doch geweigert hatte, die für die Erhöhung der Gegengerade notwendigen Wiesen-Grundstücke abzugeben. Schließlich auf die 1960 errichtete Sporthalle und die Dächer der Stadt. Nicht mehr oder nur noch in der Phantasie des Betrachters im Blickfeld: Das 1961 eröffnete und 2009 abgerissene Neunkircher Stadtbad mit seinem Turm und der in Deutschland einmalig hängenden Dachkonstruktion.
In den 60er-Jahren ähnlich einmalig: Die über den Köpfen der Besucher schwebende Dachkonstruktion mit 90 Tonnen schweren Stahlträgern war damals eine architektonische Meisterleistung – ohne die Sicht beeinträchtigende Stahlträger diente sie als Vorbild des einen oder anderen Tribünenneubaus, so zum Beispiel auf dem Mönchengladbacher Bökelberg. 2002 wird das Bauwerk, das in seinem Bauch noch die alten Räumlichkeiten der 1930 errichteten Vorgängertribüne (Geschäftsstelle, Duschen, Kohlekeller zum Beheizen) beherbergt, eingerüstet und durch ein mehrstufiges Sanierungskonzept auf Vordermann gebracht. Dabei werden auch die alten Holzbänke durch rote Sitzschalen ersetzt.
Gerry Klaper hat für uns sein Fotoalbum geöffnet und lässt uns mit einigen Bilder an seinem beeindruckenden „Ausflug“ in luftige Sphären teilhaben – herzlichen Dank dafür! Denn den meisten Zuschauern im Ellenfeld bleiben solche Aussichten verwehrt. Doch das Hinaufsteigen hat sich für Gerry Klaper nicht nur wegen des wunderbaren Rundumblicks gelohnt: 20 Bälle hat er eingesammelt, Derbystar, Joma, Uhlsport – die Fabrikatsnamen zeigen ebenso wie der Zustand, dass sie zum Teil schon längere Zeit auf dem Tribünendach Wind und Wetter ausgesetzt waren. Ja, einige der Spielgeräte hatten schon ihr Leben, sprich: ihre Luft, ausgehaucht – da kam auch Gerry Klapers Rettungsmission zu spät! (-jf-)
Hallo Jo,
ich bin sehr freudig überrascht bzgl. deines tollen Berichts einschl. den Fotos. Danke dafür, danke auch den vielen treuen Seelen der Borussia, ohne die es nicht geht. Go Borussia, Go, Grüße Gerry
Toller Bericht Jo
Ja, der Gerry ist eine gute Seele! Wir (Wolfgang Rausch und ich) haben gerne mit ihm zusammen an den Tribünensitzen für das Pokalspiel im März gearbeitet. Er ist ein stiller Star ohne Allüren.
Mit ihm kann Eisen hoch leben und Unser Ellenfeld mehr als nur ein Stadion sein ⚒🏟⚒
JK
Ergänzend möchte ich die Gelegenheit nutzen: Der “ kleine Handgriff“ Unkraut jäten bzw. beseitigen ist für mich allein ein sehr harter „Knochenjob“. Über Wochen, Monate 2-3 x im Ellenfeld herum das Unkraut „bekämpfen“. Es wächst schneller als man alleine arbeiten kann. Hierfür suche ich junge, jüngere Helfer die diese Arbeit verrichten. Je mehr Helfer, umso leichter und schneller, für überall im Ellenfeld, werden die Arbeiten geschafft.
DANKE im Vorraus auch an Jens Kelm für seine tollen Worte. Toi, toi, toi für Timmi Klein morgen, Go Borussia Go Gerry