Unser Bild: Einfach in die Tormitte gechipt und damit Merchweilers Torhüter Kevin Collofong verladen hat Borussen-Kapitän Marco Dahler – sein Elfmetertor rettet der Borussia (nach 0:1-Rückstand) wenigstens einen hochverdienten Zähler. (Foto: -jf-)
Tine Dahler ist sichtlich angespannt. „Ich bin froh, wenn das Spiel vorbei ist“, sagt sie, als die Mannschaften aus Neunkirchen und Merchweiler die Ferraro-Sportarena betreten. Kein Wunder, wohnen doch, wie Goethes melancholischer Doktor Faustus sein tragisches Dilemma formuliert, „zwei Seelen ach in ihrer Brust“: Einerseits ihrem Sohn, Borussen-Kapitän Marco Dahler, zugeneigt, andererseits dem Schwiegersohn, Merchweilers Coach Björn Klos, verbunden – die Sympathien sind auf beiden Seiten. Dennoch ist für Tine Dahler klar: „Wenn´s hart auf hart geht, bin ich dann doch für die Borussia!“ Nach 90 Minuten im strömenden Regen ist kein Familienstress zu befürchten: Die Borussen aus dem Ellenfeld und die Preußen aus Merchweiler trennen sich schiedlich-friedlich 1:1.
Mit ihrer Bewertung gehen beide Trainer nicht ganz so konform. Während Christian Schübelin, spürbar leicht angefressen, von „zwei verlorenen Punkten“ spricht, „weil wir bis zum 0:1 die klar dominierende Mannschaft waren, es aber leider vorher verpasst haben, die sich uns bietenden Möglichkeiten in Treffer umzumünzen, und quasi aus dem Nichts in Rückstand gerieten“, ist das Ergebnis für Björn Klos „leistungsgerecht und ein Bonuspunkt im Kampf um den Liga-Erhalt“, wobei auch der Preußen-Coach „verpasste Gelegenheiten“ erwähnt, „weil wir es nach dem 1:0 versäumt haben, Borussias Neusortierungsphase zu nutzen und mit einem zweiten Tor für eine Vorentscheidung zu sorgen.“ Beide Trainer haben gute Argumente für ihre Einschätzung.
Tolle Unterstützung trotz „Sauwetter“: Auf den Borussen-Anhang war auch gegen Preußen Merchweiler Verlass – vielen Dank! (Foto: -jf-)
Denn die Borussen, die kurzfristig auf den erkrankten Tim Cullmann verzichten mussten, nahmen trotz schwieriger äußerer Bedingungen (der Himmel hatte scheinbar alle Schleusen geöffnet!) von Beginn an das Szepter in die Hand und initiierten mit schnellem Direktspiel vor allem über die rechte Angriffsseite erste Offensivaktionen, bei denen Simon Schreibeisen mehrfach im Mittelpunkt stand. So wurde sein Vorstoß nach wenigen Minuten erst im allerletzten Moment abgeblockt (4.), kurz darauf tauchte Merchweilers Torwart Kevin Collofong bei einem Schreibeisen-Schuss ins bedrohte kurze Eck und konnte parieren (12.) und nach etwas mehr als 20 Minuten zielte Borussias Nummer 10 nur knapp am Tor vorbei. Eine gute halbe Stunde war vorbei, als Simon Schreibeisen die beste Chance, die Schwarz-Weißen aus dem Ellenfeld in Führung zu bringen, vorbereitete: Seine lang gezogene Flanke nahm Sayfedine El Khadem auf der linken Seite gekonnt direkt, doch dank einer Faustabwehr des in die Hocke gegangenen Kevin Collofong kam Merchweiler mit einigen Schweißperlen aus der gefährlichen Situation ungeschoren heraus. Noch zweimal musste der Preußen-Keeper, der genauso wie sein Gegenüber Maximilian Strack, viel Sicherheit ausstrahlte, vor der Pause eingreifen und einen Rückstand verhindern: Zunächst als Tim Klein aus etwa 18 Metern mit dem linken Fuß abzog (39.), dann bei Nico Christmanns Schuss kurz vor dem Seitenwechsel (44.). Die Gäste aus Merchweiler taten sich in den ersten 45 Minuten offensiv noch etwas schwer, lediglich Maxim Stenger (29.) und Felix Keßler (37.) sorgten bei ihren Versuchen aus der zweiten Reihe für Torannäherungen. Einen Elfmeter reklamierten die Preußen nach rund 20 Minuten, als David Keller nach einem robusten Einsatz von Christoph Stemmler im Borussen-Strafraum zu Boden ging, doch der sicher leitende Unparteiische Tobias Hauer winkte ab. Unter dem Strich war eine Borussen-Führung zur Pause durchaus realistisch.
Auch nach dem Seitenwechsel starteten die Borussen druckvoll, erneut mit Simon Schreibeisen im Blickpunkt: Borussias Flügelflitzer profitierte von einer Balleroberung und drang in den Strafraum ein, traf dort aber leider die falsche Entscheidung und schoss weit vorbei – anstatt das Leder in die Mitte zu Sayfedine El Khadem oder Dominik Cullmann zurückzulegen, die zweifellos eine bessere Einschussposition gehabt hätten (46.). Nachdem Nico Christmann, durch eine schnelle Ballstafette über Sayfedine El Khadem und Dominik Cullmann in eine gute Abschlussposition gebracht, aus kurzer Distanz erneut den reaktionsschnellen Kevin Collofong auf dem Posten gefunden hatte (55.), wurden die Borussen nach knapp einer Stunde dann nicht nur durch den unaufhörlich herunterprasselnden Regen eiskalt abgeduscht: David Keller war bei Sascha Bambergs Hereingabe genau im richtigen Moment in die Einflugschneise eingelaufen und brachte das Leder vor Nico Purket hinter Maximilian Strack im Netz unter (59.). Plötzlich führte der Aufsteiger mit 0:1 – ein Treffer, der nicht ohne Wirkung blieb. Denn die Borussen brauchten ein bisschen Zeit, um sich neu zu sammeln. In dieser Phase hätte Merchweiler bei geschickt aufgezogenen Kontern gleich zweimal nachlegen können, doch Maximilian Strack konnte sich sowohl gegen Maxim Stenger als auch Vano Mchedlishvili, die beide ziemlich alleine vor ihm aufkreuzten, in Eins-zu-eins-Situationen behaupten und seine Mannschaftskameraden im Spiel halten.
Hoch her ging es in den Schlussminuten im Preußen-Strafraum, in dem sich Torwart Kevin Collofong als „Turm in der Schlacht“ erwies und nach Marco Dahlers Elfmeter keinen Treffer der Borussia mehr zuließ. (Foto: -jf-)
Die hatten sich nach zehn Minuten wieder gefunden und setzten zur Schlussoffensive an. Die Bemühungen wurden schnell belohnt: Nach hartem Einsteigen von David Lesch gegen Dominik Cullmann zögerte Schiri Tobias Hauer keine Sekunde und zeigte auf den ominösen Punkt. „Eigentlich eine unnötige Aktion, da der Neunkircher Spieler eher nach draußen abgedrängt war und David Lesch zusätzlich durch Lucas Becker innen abgesichert war“, meinte nach dem Spiel Merchweilers sportlicher Leiter Peter Hornung. Marco Dahler war´s egal, er schnappte sich das Leder, schickte Kevin Collofong in die (von ihm aus gesehen) linke Ecke und lupfte den Ball ganz cool in die Mitte des Tores (74.). Die finale Viertelstunde entwickelte sich jetzt zu einem offenen Schlagabtausch, in dem man beiden Mannschaften die Lust auf den „lucky punch“ deutlich anmerkte. Den hätte für die Gäste David Keller nach 77 Minuten machen können, doch sein Schuss von rechts außen strich am Tor vorbei. Die aussichtsreichste Gelegenheit für die Borussen bot sich Dominik Cullmann: Der dribbelstarke Mittelfeldspieler machte jedoch im Strafraum einen Haken zu viel und verpasste das Momentum des Abschlusses, so dass der eingewechselte Simon Jostock dem Schuss im letzten Augenblick die Schärfe nehmen und Kevin Collofong das Leder aufnehmen konnte (83.).
Da auch Borussen-Joker Dominik Jost diesmal nicht zu stechen vermochte, konnten die Preußen nach dem Abpfiff mit dem einen hart erkämpften Zähler gut leben, hatten sie doch in den 90 Minuten zuvor Nachweis des bislang besten Aufsteiger durchaus abgeliefert. „Der Auftritt war vom Engagement und der Disziplin her absolut in Ordnung, wobei man sehen konnte, dass wir im Vergleich mit der Borussia doch noch ein bisschen `grüner´ hinter den Ohren sind“, bilanzierte Björn Klos. Sein Kollege auf Neunkircher Seite war ehrlich genug zuzugeben, „dass die Partie nach dem 0:1 bei den Kontern der Preußen, die sie gut gespielt haben, auch in eine ganz andere Richtung hätte laufen können, denn da wurden wir ein bisschen fahrig und haben die Ordnung verloren“, so Christian Schübelin, der seinen Schützlingen zum wiederholten Male eine „ordentliche Willensleistung“ bescheinigte, jedoch „eine gewisse Galligkeit im Angriff“ vermisste: „Der letzte Pass, die letzte Aktion zum Tor war leider oft zu ungenau, es fehlte auch die Überzeugung. Da müssen wir einfach ein bisschen schärfer sein, um uns dann letztlich für den enormen Aufwand zu belohnen.“ (-jf-)
Unsere Bilder zeigen Eindrücke vom Duell zwischen Borussia und Preußen in der Ferraro-Sportarena. (Fotos: -jf-)
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