Am 14. Juli 1912 wurde die historische Sportstätte mit nationalen olympischen Spielen offiziell eröffnet / Rasenerneuerung verzögert sich: Einweihung für Frühjahr 2024 vorgesehen / Schriftzug „Neunkircher Stahl“ soll nachgebildet werden
„Für jeden von uns gibt es besondere Orte, mit denen wir Erinnerungen an den Fußball verbinden. Der Platz, auf dem wir unser erstes Spiel bestritten haben. Der Stammplatz auf der Tribüne. Oder die Tankstelle, die bei jedem Auswärtsspiel angefahren wird. Und wir haben unsere Sehnsuchtsorte: Stadien, die wir besuchen wollen, und Clubs, die wir unbedingt mal spielen sehen wollen.“ Unter diesem Motto nahm das Fußballmagazin 11FREUNDE in seiner Juni-Ausgabe 2020 die Freunde des runden Leders mit auf eine große Deutschlandreise, „zu besonderen Stätten des Fußballs und seiner Kultur“. Dazu gehört auch das Ellenfeld-Stadion in Neunkirchen (Foto oben: Tobias Amelong). Die historische Sportstätte feiert heute mit einer sogenannten „Schnapszahl“ einen besonderen Geburtstag: Den 111. In Worten: Den einhundertelften!
Der Bau des vereinseigenen Borussia-Sportplatz, der mit einem Pachtvertrag am 9. Oktober 1911 eingeläutet wurde, bedeutete seinerzeit ein großes Wagnis. „Denn in den Ellenfeldern ist viel zu tun, bevor die Borussia dort einziehen kann. Das Tal hinter dem früheren Heusnersweiher ist ein Sumpfgebiet. Es muss zugeschüttet, mit Erdmassen aus den umliegenden Hängen überzogen und ein ebener Platz angelegt werden“, erinnern Jens Kelm und Tobias Fuchs in der Festschrift zum 100jährigen Bestehen des Stadions an die Anfänge. Dank der im Archiv erhaltenen „Nachrichtenblätter“ der Borussia sind auch die Ausgaben im Verhältnis zu den Einnahmen noch feststellbar: Im Geschäftsjahr 1911/12 schlägt die Sportstätte mit 22.209 Mark (darunter 6.000 Mark verzinste Anleihe) zu Buche, während sich die Einnahmen aus den Beiträgen der rund 500 Mitglieder und den Wettspielen auf 5.661 Mark belaufen. Zum Vergleich: Ein Bergarbeiter im Saarrevier bringt 1.122 Mark mit nach Hause – im Jahr!
Auf dem rechteckigen Grundriss entsteht in den Ellenfeldern ein sich in die Landschaft einpassendes Erdstadion mit Rasenplatz, das von einer umlaufenden Mauer eingeschlossen wird. An den Längsseiten finden die Zuschauer auf Rängen Platz, die meisten am terrassierten Hang unterhalb der Schlossbrauerei. Am 7. April 1912 ist es schließlich so weit: Die Borussen tragen gegen die Kicker des 6. Königlich-Sächsischen Infanterie-Regiments Nr. 105 aus Straßburg ihr erstes Fußballspiel aus und gewinnen vor etwa 2000 Zuschauern mit 6:3. Offiziell eröffnet wurde das Stadion dagegen erst einige Monate später: Heute vor 111 Jahren am 14. Juli mit nationalen olympischen Wettkämpfen!
„Sicherlich stand der Fußball auch damals schon im Verein an erster Stelle. Auch wird auf den ersten Seiten des Programmheftes der `erzieherische Wert´ des Fußballspiels erörtert. Doch bei der Einweihung des Platzes ruht der Ball. Der ´Borussia-Sportplatz´ soll eine Werbefläche für die bürgerliche Sportbewegung insgesamt sein“, schreiben Tobias Fuchs und Jens Kelm im Jubiläumsbuch „100 Jahre Ellenfeld“. 22 Vereine beteiligen sich an den Wettkämpfen, aus dem Umkreis sind unter anderem die Neunkircher Viktoria, die Turnvereine aus Illingen und Merchweiler, der SC Saar 05 Saarbrücken und der SV 06 Völklingen dabei. Aber auch aus Kaiserslautern, Trier, Pirmasens, ja sogar Karlsruhe, Mannheim und Metz beteiligen sich. Die weitesten Anreisen bringen der VfB Breslau, Pfeil Kassel und der Akademische Sportclub aus Münster sowie der Kölner Ballspielclub, aus dem nach dem 2. Weltkrieg der 1. FC Köln hervorging, hinter sich.
Am Vormittag finden die Qualifikationskämpfe statt, um 15.00 Uhr geht es „um die Wurst“. Auf dem Programm stehen Laufwettbewerbe über verschiedene Distanzen (von 50 m bis 1500 m) und Staffelläufe über 4×100 Meter und 3×1000 Meter. Dazu messen die Wettkämpfer ihre Kräfte im Weitsprung, Dreisprung, Stabhochsprung, Diskuswerfen, Speerwerfen, Kugelstoßen, Steinstoßen und im Dreikampf. Die Grubenkapelle Heinitz begleitet alle Wettbewerbe mit einem Konzert. Erwachsene zahlen 50 Pfennig Eintritt, Kinder 30.
Ein paar Monate später feiert das Ellenfeld-Stadion dann eine besondere Fußballpremiere: Nach dem Aufstieg der Borussia (durch ein 4:1 im Entscheidungsspiel gegen Germania Ludwigshafen) sehen die Fans das erste Erstligaspiel auf dem „Borussia-Sportplatz“. Die Borussen und Phönix Mannheim trennen sich 0:0.
Zur Zeit fallen keine Tore im Ellenfeld-Stadion. Wegen der Erneuerung des alten Bundesliga-Rasens, der seit 1964 seine Dienste verrichtete, findet der Spielbetrieb im Schatten der Haupttribüne auf dem Kunstrasen der Ferraro-Sportarena statt. Pünktlich zum 111. Geburtstag gibt es neue Nachrichten zum Ellenfeld. Die „Saarbrücker Zeitung“ hat in Person ihres Redakteurs Marc Prams bei der Stadtverwaltung zum derzeitigen Stand der Dinge angefragt und Antworten erhalten. Den von der Stadiongesellschaft initiierten ursprünglichen Plan, den Originalschriftzug des ehemaligen Gasometers (`Neunkircher Stahl´) auf der Wiese gegenüber der Gegengeraden zu installieren, werde man wohl aufgeben müssen, so Oberbürgermeister Jörg Aumann. Mehrere Fachleute verschiedener Metallbaufirmen hätten das Vorhaben für nicht realisierbar gehalten, da der Schriftzug bei der Sprengung des Gasometers durch seinen Fall aus 50 Metern Höhe beträchtlichen Schaden genommen habe. Dennoch habe man die Idee nicht aufgegeben, so Aumann weiter: „Wir haben eine Alternative ausarbeiten lassen, eine 15 mal 7,5 Meter Nachbildung herstellen und dort aufstellen zu lassen.“
Gedulden muss sich die Borussia auch hinsichtlich des neuen Rasens. „Unser ursprüngliches Ziel war Juni 2023“, so der Oberbürgermeister, der einräumt, dass sich witterungsbedingt, vor allem durch die lange Regenphase im Frühjahr, die Aussaat des Rasensamens verzögert habe. Mit der Borussia sei nun vereinbart, dass die Einweihung des Rasens mit dem ersten Heimspiel der Rückrunde im Frühjahr 2024 erfolgen solle. Grundsätzlich teilbelastbar wird der Rasen – laut SZ-Bericht – im Oktober/November 2023. Er könnte dann etwa von Kinder-Mannschaften bespielt werden. Mit den Experten der Baufirmen habe man vereinbart, dass dem Rasen eine zusätzliche Entwicklungs- und Fertigungsphase über den Winter zugute kommen solle, erklärt Jörg Aumann. Schließlich wolle die Stadt eine Spielfläche, von der der Verein lange und nachhaltig profitiere.
Sich mit viel Herzblut dem Ellenfeld verschrieben hat sich inzwischen eine Facebook-Seite. Initiator ist Borussen-Fan Michael Knoll, der bei vielen Spielen der Borussia mit seiner Zaunfahne „Hessen“ Präsenz zeigt. „Ellenfeld-Stadion – Heimat seit 1912“ hat er seine Seite benannt, die sich als „Fan-Initiative zur optischen Sanierung und Erhalt des altehrwürdigen Ellenfeld-Stadions“ versteht. Mit fast täglichen Updates wird in Form von Geschichten, Anekdoten und Fotos an die lange Geschichte der Borussen-Heimstatt erinnert. Bei 484 Followern hat die Seite mittlerweile großen Anklang gefunden. „Ellenfeld-Stadion – Heimat seit 1912“ – mit diesem Schriftzug soll auch die Betonwand unterhalb der Haupttribüne versehen werden. Zur Umsetzung des Vorhabens hat Michael Knoll über eine Spendenaktion auf seiner Website mittlerweile bereits über 1750,- Euro eingesammelt. Die Arbeiten hierzu sind in vollem Gange, auch die erste Mannschaft der Borussia hat sich mit einem Arbeitseinsatz am vergangenen Samstag beteiligt und die Fans bei ihrem Wirken unterstützt. Ebenfalls nicht untätig: Borussias AH. Die „Attraktiven Herren“ haben sich in einer „Trainingseinheit“ der Ferraro-Sportarena angenommen und vor und hinter dem Zaun den Wildwuchs beschnitten. Insgesamt ein großartiges Zusammenwirken, das zeigt, dass der Verein lebt und zusammenhält. Borussia sagt Michael Knoll und allen Beteiligten ein herzliches „Danke schön“!
So dürfen sich alle, die es mit der Borussia und der Fußballhistorie halten, schon jetzt auf die Wiederaufnahme des Spielbetriebs in ihrem Ellenfeld-Stadion freuen: Einem Ort, der von nicht wenigen als einer der schönsten Spielstätten im Saarland, ja in ganz Deutschland angesehen wird. Einem „langlebigem, Generationen überdauernden Kristallisationspunkt kollektiver Erinnerung und Identität“ (Etienne Francois / Hagen Schulz)! (-jf-)
Beeindruckende Blicke aus der Vogelperspektive auf das Ellenfeld-Stadion bietet ein Film aus der Reihe „Stadiums from the sky“ auf youtube, der unter folgendem Link anzusehen ist:
Unser „Ellenfed“ ist das dienstälteste BL-Stadion,
da im Stadion an der Waldau (Stuttgarter Kickers)
von 1905 keine BL-Spiele stattfanden!
Werner Bohr, Ffm.
Ich freue mich über die Aktionen der Fans, wundere mich nicht über den Rohrkrepierer „Neunkircher Stahl“ und weiß, dass auch zum ersten Heimspiel der Rückrunde die erste Mannschaft der Borussia nicht auf dem neuen Rasen im Ellenfeld spielen wird.
Trotzdem
Glückwunsch Ellenfeld-Stadion, ich hatte Dich besucht.
Hoch lebe Eisen und unser Ellenfeld, mehr als nur ein Stadion ⚒🏟⚒
Prof. Dr. Jens Kelm
Mitglied im ÄR der Borussia
Stadiongesellschaft Ellenfeld
ELLENFELD e.V.