Nyger Hunter hat außergewöhnliche Ballfertigkeit / Vorbild: Der brasilianische Fußball / Schon Trainingserfahrungen in Rio de Janeiro bei Botafogo FR
Unser Bild: Große Freude bei Nyger Hunter nach seinem Tor zum 2:0 gegen den VfL Primstal – sein drittes Saisontor! (Foto: -jf-)
„Gotta get up and try, try, try”, singt die amerikanische Rock-Pop-Ikone Pink in einer ihrer Rückballaden im Jahre 2012. „Steh auf und versuche es immer wieder!“ Das, was Nyger Marley Hunter am vergangenen Samstag in der Saarlandliga-Partie gegen den VfL Primstal auf dem grünen Rasen veranstaltete, hat den einen oder anderen möglicherweise an diesen Refrain im Song der mehrfachen Grammy-Gewinnern erinnert. Denn der wuselige Mittelfeldspieler der Borussia glich in seinem knallgelben Trikot in den 74 Minuten, die er auf dem grünen Rasen stand, in der Tat einem Steh-Auf-Männchen, der sich von rein gar nichts, weder von einem misslungenem Dribbling noch einem Fehlschuss, weder von einer vergebenen Großchance noch von einem gegnerischen Foulspiel, entmutigen ließ. „Gotta get up and try, try, try“ – als habe er den Song von Pink in seiner Mentalität verinnerlicht.
Fast eine Stunde hat man den Eindruck, als bliebe den wiederholten Anstrengungen des jungen Amerikaners der Erfolg verwehrt. Immer wieder stellt der wieselflinke Dribbelkönig die bis dato beste Abwehr der Liga vor Probleme, sorgt bei seinen Gegenspielern für gelegentliche Schwindelanfälle. Immer wieder stellt sich dem ballgewandten 19jährigen ein gegnerisches Bein in den Weg, hin und wieder wird er auch mit weniger fairen Mitteln gebremst. Schon nach 30 Sekunden kann er Borussia in Führung schießen, hat der Primstaler Abwehr durch aggressives Anlaufen den Ball abgeluchst – allein Torwart Simon Holz verhindert durch reaktionsschnelles Eingreifen in der Eins-zu-eins-Situation ein frühes Gegentor. Gleich mehrfach in Halbzeit eins prüft Nyger Hunter den VfL-Keeper, zielt nur knapp am Tor vorbei oder trifft, von Jan Luca Rebmann perfekt angespielt, den Ball nicht richtig – er hätte sich seine schwarzen Locken raufen können!
Doch dafür hat Nyger Hunter gar keine Zeit. Zu viel Spaß hat er im Umgang mit der runden Lederkugel. Schon zum Trainingsauftakt verblüfft er mit seiner Ballbehandlung Zuschauer wie Trainerteam gleichermaßen. „Den müssen wir vorerst noch verstecken“, meint Björn Klos. Artistisch balanciert Nyger Hunter den Ball vom Kopf über den Rücken hinunter auf den Fuß, setzt sich auf den Boden, dreht sich um die eigene Achse – die Lederkugel bleibt dabei an seinem Fuß wie mit Pattex angeklebt: Pure Lust am Spiel. „Where there is desire, there is gonna be a flame“, heißt es weiter im Song von Pink. Und wirklich: Nyger Hunter brennt auf den Fußball. Nyger und der Ball – das muss Liebe auf den ersten Blick gewesen sein!
Sein Faible für den gepflegten Umgang mit dem Spielgerät muss indes nicht verwundern. Zusammen mit seinem um ein Jahr älteren Bruder Frissell ist Nyger Hunter schon früh Teil des Georgia Olympic Development-Programms (ODP) in den USA. Die beiden Jungs zählen zu den aufstrebenden Talenten in Atlantas Soccer-Szene. 2012 bekommen die Brüder die Chance, mit Botafogo FR, einem der traditionsreichsten Fußballclubs Brasilien im gleichnamigen Stadtteil von Rio de Janeiro, zu trainieren. „Einer der ODP-Coaches, Gaucho Pinho, der früher selbst in Brasilien für Flamengo und Botafogo gespielt hat, hat uns kontaktiert, weil er den Eindruck hatte, dass Nyger und Frisell talentiert genug seien, für ein Serie-A-Youth-Team in Brasilien zu spielen“, erinnert sich Vater Ivan Hunter. In einem zweiwöchigen Probetraining konnten die Hunter-Brothers gefallen und wurden für eine ausgedehntere Trainingsperiode erneut eingeladen. „Frissell und Nyger sind absolute Fans des brasilianischen Fußballs. Viele ihrer Fußball-Idole sind Brasilianer“, weiß Ivan Hunter und fügt hinzu: „Die Erfahrung in Brasilien war für die beiden unbezahlbar, hat sie geradezu elektrisiert darauf, immer intensiver zu trainieren, um noch besser zu werden. Aber sie haben dadurch auch gemerkt, welche Opfer junge Fußballer bringen müssen, um ihre Träume von einer Profi-Karriere wahr werden zu lassen.“ Nicht nur in Brasilien haben sich die Hunters Fußball-Erfahrung geholt. Auch in Israel bei Maccabi Tel Aviv und beim FC Utrecht in Holland haben sie schon in Jugendteams trainiert, „einem weiteren Land, in dem der Fokus auf der Entwicklung von technisch begabten jungen Fußballern liegt“ – das ist Ivan Hunter für seine Söhne wichtig.
Gegen den VfL Primstal zahlt sich Nyger Hunters Hartnäckigkeit nach 58 Minuten endlich aus. „Gotta get up and try, try, try“, der nächste Anlauf. “Nyger, go on – next time!” hatte ihn sein Trainer Björn Kloss schon vorher lautstark motiviert. Und jetzt klappt es! Nach einem genau getimten Zuspiel von Tim Klein in den Lauf kennt er nur eine Richtung: Im Sauseschritt Richtung VfL-Tor. Fast scheint der junge Stürmer schon abgedrängt, doch dank seiner Schnelligkeit überläuft er auch Torhüter Simon Holz und schickt die Lederkugel aus spitzem Winkel flach ins Netz. Die diebische Freude ist ihm anschließend ins grinsende Gesicht geschrieben, als er in der Traube seiner jubelnden Mitspieler verschwindet.
Die Nyger-Brüder sind angekommen in Neunkirchen. Freundlich, bodenständig und bei den Fans schon jetzt sowas wie Publikumslieblinge. „Ich hab´ sie regelrecht ins Herz geschlossen“, sagt Borussen-Präsident Alex Kunz. Zuschauen macht einfach Spaß. Insofern ist einer wie Nyger Hunter eine Symbolfigur für die neue Freude an der Borussia. Ein Auftritt wie gegen Primstal trägt sicher dazu bei, die Fußballherzen der Fans noch höher schlagen, gar Erinnerungen wach werden zu lassen. Erinnerungen an den jungen Jay Jay Okocha. Doch soweit ist Nyger Hunter noch nicht. Der kleine Liebhaber des brasilianischen Fußballs steht erst am Anfang seiner Entwicklung – Rückschläge inklusive. Doch er nimmt von Woche zu Woche Fahrt auf. „Für sein Alter hat er nicht nur eine außergewöhnliche Ballfertigkeit, sondern auch enorme Dynamik und Spritzigkeit. Nyger hat sich in der Rückwärtsbewegung, im Spiel gegen den Ball erheblich gesteigert. Zudem bemüht er sich um gute Kommunikation mit den Mannschaftskameraden, ist im Team hilfsbereit und engagiert“, weiß Björn Klos nur Gutes zu berichten.
Was muss er noch lernen? „Den Kopf hochnehmen, den freien Mitspieler sehen, früher abspielen und ohne Ball Wege in den freien Raum machen“, sagt der Trainer, „aber das wird schon werden. Denn Nyger ist wissbegierig und lernwillig, nimmt an, was man ihm sagt.“ Bei aller Lust am perfekten Umgang mit dem runden Leder: Ballverliebtheit ist in einer Mannschaftssportart nicht in jedem Moment das richtige Mittel. Vielleicht sollte Nyger Hunter dann doch bei Gelegenheit an den gut gemeinten Rat eines Borussen-Fans denken. Wegen der mitreißenden Dribblings noch den (Angst)Schweiß auf der Stirn hatte der nach dem Heimspiel gegen die FSG Ottweiler-Steinbach einen heißen Tipp für Borussias Nummer 7 parat: „Don´t fall in love with the ball too much!“ (-jf-)
Ich finde dieses Jahr haben die Verantwortlichen bei Borussia bei allen Neuzugängen ein goldenes Näschen bewiesen! Gratulation für diese ganzen Neugewinne. Charakterlich und kämpferisch erste Sahne !
Weiter so 🙂
Nyger and Frissel Hunter have worked harder and sacrificed more than any other Americans to play futbol in Europe and succeed. They truly deserve all of the accolades due them.