Der Fußball-Brand ist noch lange nicht gelöscht!

Regionalliga-Rekordtorjäger Horst Brand wird 75 Jahre alt / Mit der Borussia dreimal Südwestmeister: Zweimal als Spieler (1971, 1972), einmal als Trainer (1991) / „Entdecker“ von Jay Jay Okocha

Unser Bild: Erinnerungen an seine große Zeit im Borussen-Trikot – Horst Brand an seinem 75. Geburtstag mit den Mannschaftsfotos von 1970 und 1971. (Foto: -jf-)

Bei diesem Namen und den Torjägerqualitäten liegt die Metapher vom Feuer sofort auf der Hand. „Nur wenn Brand kam, brannte es“, „Brand durch Brand“, „Brand brandgefährlich“, „Brand gelöscht“ – sorgsam in Klarsichthüllen verpackt hütet er die gesammelten Schlagzeilen noch heute in seinem Privatarchiv im Trierer Süden. In der alten, damals noch zweitklassigen Regionalliga Südwest (1963 bis 1974) ist er mit 118 Treffern (48 für Eintracht Trier, 70 für Borussia Neunkirchen) Rekordtorschütze – in 234 Liga-Spielen eine mehr als respektable Quote! „Ich war als Stürmer eher der Gerd-Müller-Typ. Es war Intuition, dass ich häufig besser stand als mein Gegenspieler“, charakterisiert er sich in der Rückschau. Seine Bescheidenheit in allen Ehren, aber Horst Brand war in den Jahren 1969 bis 1973 der treffsicherste Mittelstürmer im Borussen-Trikot! Ins Ellenfeld kehrte der Trierer 1990 als Trainer zurück – mit nicht weniger Erfolg, holte er doch mit der Borussia seine dritte Südwestmeisterschaft und klopfte unüberhörbar ans Tor zur Bundesliga. Leider vergeblich, wie schon 1971 und 1972 als Spieler. Heute am Neujahrstag wird Horst Brand 75 Jahre alt.

Der Jubilar macht keinen Hehl daraus, dass seine Neunkircher Jahre für ihn die attraktivste Zeit seiner Karriere gewesen ist. Dass er es bei der Borussia schnell zum Stammspieler und Torjäger geschafft hat, freut ihn noch heute, aber so richtig stolz ist er, dass er als 24jähriger in der Nachfolge eines Günter Kuntz und Willi Ertz sogar zum Kapitän avancierte: „Das bedeutet mir sehr viel, denn es war ein großer Vertrauensvorschuss, den man mir gegeben hat, zumal der Kapitän ja damals noch gewählt wurde.“ Horst Brand zahlte das Vertrauen mit Toren zurück. Zweimal gewinnt er mit der Borussia die Südwestmeisterschaft, scheitert gleich zweimal in der Aufstiegsrunde (gegen Fortuna Düsseldorf und WSV). Spiele wie gegen St. Pauli („Beim 3:0 habe ich alle drei Tore geschossen!“) und den 1. FC Nürnberg („Das Ellenfeld war mit über 30.000 Fans rappelvoll!“) bleiben ihm dennoch in ewiger Erinnerung. Allerdings gibt er offen zu: „Wären wir aufgestiegen, hätte ich ein Problem gehabt. Denn ich wollte ja noch gerne arbeiten, die Arbeit hat mir immer viel Freude gemacht. Doch sie wäre mit der Bundesliga kaum vereinbar gewesen. Zu unserer Zeit“, erzählt Horst Brand, „gingen fast alle Borussen einer beruflichen Tätigkeit nach, egal ob Gerd Regitz, mein Trierer Mitstreiter Erich Hermesdorf oder Günter Kuntz. Von 7.00 bis 16.00 Uhr war Arbeit angesagt, anschließend Training. Viermal in der Woche haben wir im Ellenfeld trainiert.“

Im Trierer Moselstadion macht Horst Brand in den 60er Jahren auf sich aufmerksam. 1969 fragt Bundesligist 1. FC Kaiserslautern an. Aber da hat der Goalgetter der Borussia bereits seine Zusage gegeben, und da Horst Brand ein Mensch ist, dessen Wort noch etwas zählt, ist an seiner Zusage nicht mehr zu rütteln, zumal für den Produktionsleiter der Trierer Firma Essig Voss in der Schlossbrauerei eine führende Position in der Logistik frei ist. „So konnte ich mich in Neunkirchen sportlich und beruflich weiterentwickeln. Das Gesamtpaket hat einfach gepasst“, lässt das „Geburtstagskind“ jene Tage noch einmal Revue passieren.

Torjubel im Ellenfeld – für Horst Brand an der Tagesordnung! Oben mit Erich Hermesdorf (li.) und Günter Kuntz (re.), unten im Juni 1971 beim 2:1 im Aufstiegsspiel zur Bundesliga gegen Wacker 04 Berln. (Fotos: Hoch lebe Eisen! Festschrift zum 75jährigen Bestehen der Borussia / Mythos Ellenfeld – 100 Jahre Borussia Neunkirchen)

Schon früh hat ihn, der unweit der Porta Nigra und nur einen Steilpass vom Trierer Moselstadion groß geworden war, die Faszination des runden Leders gepackt und nie mehr losgelassen. Mitverantwortlich: Seine Mutter Katharina („Mein Vater hat sich nur für seine Brieftauben interessiert!“), an der er so lange herum quengelt, bis er im Alter von acht Jahren zum Training darf. Als er mit 17 Jahren gegen Wormatia Worms in der ersten Mannschaft debütiert, ist der stolzeste Tag für die Mama gekommen. Immer an Brands Seite auch Gattin Monika – eine Leichtathletin, die er beim Training im Moselstadion kennengelernt hat. Mit der gelernten Bauingenieurin ist Horst Brand über 50 Jahre verheiratet. Auch mit dem Datum der Eheschließung hat die Borussia etwas zu tun: „Donnerstags haben wir kirchlich geheiratet, freitags standesamtlich und samstags haben wir 5:2 gegen Alsenborn gewonnen und ich habe drei Tore erzielt!“ „Hochzeiter Brand mit Hattrick“ titelt der „Kicker“.

1973 dann die Rückkehr an die Mosel, zunächst zum FSV Salmrohr als Spielertrainer, ab 1975 bei der Eintracht als Mittelstürmer. Gemeinsam mit dem wieselflinken Isländer Elmar Geirsson und Torhüter Charly Schroeder, einem Ex-Borussen, hat Horst Brand wesentlichen Anteil daran, dass sich die favorisierte Borussia in zwei Spielen in der Aufstiegsrunde zur 2. Liga an der Eintracht die Zähne ausbeisst. Unvergessen bis heute der Krimi im Glutofen Ellenfeld, als Horst Brand nach Trierer 1:4-Rückstand zur Aufholjagd bläst und der Eintracht mit seinem Tor zum 4:4 einen entscheidenden Punkt sichert. In Trier wirkt Horst Brand dann fünf Jahre erfolgreich als Trainer, holt 1987 die Südwestmeisterschaft. In der Aufstiegsrunde ist Kickers Offenbach mit seinem ewigen „Trainer-Rivalen“ Robert Jung Endstation. Brands absoluter Coup: Mit lauter Amateuren schaltet er den im DFB-Pokal den amtierenden Cup-Sieger Bayer Uerdingen in der Krefelder Grotenburg-Kampfbahn aus!

Vier Jahre später klingelt bei dem damals 45jährigen, der sich inzwischen mit einem Transportunternehmen beruflich selbständig gemacht hat, das Telefon. Wieder ruft das Ellenfeld. Horst Brand erinnert sich: „Gerd Schwickert sollte eigentlich Borussias Coach bleiben, nahm aber ein Engagement des FC Homburg an. Daraufhin stellte Borussia Schwickert sofort frei, ich habe den Job übernommen und bin dann zum Einstieg mit einem 6:0 über SV Ludweiler gleich mal Saarlandpokalsieger geworden. Dafür konnte ich aber nichts“, so Horst Brand mit entwaffnender Ehrlichkeit.

Die anschließende Spielzeit 1990/91 wird dann zum unerwarteten Triumphzug. Trotz einer großen Verletztenmisere wird Borussia am Ende Südwestmeister. „Unser Vorteil war, dass die damalige Mannschaft sehr ausgeglichen war. So konnte ich die verletzten Spieler gut kompensieren, weil die, die einspringen mussten, nicht viel schlechter waren“, so der Meistertrainer. Doch beinahe hätten die Borussen trotz zeitweiligem 5Punkte-Vorsprung noch vergeigt: Am letzten Spieltag muss im Titelrennen gegen Brands Ex-Club Trier, gegen den Borussia beide Ligaspiele 0:1 verloren hat, gegen Saarwellingen noch ein Punkt her. Zur Halbzeit liegt Borussia 0:2 hinten, Trier führt bei Saar 05 1:0 und ist zu diesem Zeitpunkt Meister gewesen. Aber angetrieben von fast 6000 Fans schaffen die Borussen binnen kurzer Zeit die Wende und siegen 3:2. Die Aufstiegsrunde gegen 1860, Pforzheim und Hessen Kassel ist zwar ein tolles Erlebnis, aber wieder einmal nicht von Erfolg gekrönt.

Lust und Frust: Jay Jay Okochas Stern stieg unter Horst Brand wie ein Komet am Fußballhimmel auf. Im Titelrennen 1991 war der Nigerianer (im Zweikampf mit Triers Jörg Marcnkowski, Bild oben) kaum zu stoppen, in der Aufstiegsrunde war er zum eigenen Verdruss und dem von Horst Brand (Foto unten) statutenbedingt zum Zuschauen verurteilt. (Fotos: -jf- / Mythos Ellenfeld – 100 Jahre Borussi Neunkirchen)

So ganz nebenbei geht unter Brands Ägide im Ellenfeld der Stern eines späteren Weltstars auf: Okocha. Horst Brand erinnert sich: „Wir hatten damals einen Spieler namens Carlos Binebi Numa. Der Nigerianer brachte aus dem Umfeld von Anthony Yeboah in Saarbrücke immer wieder mal ein Talent aus Afrika mit. Die waren aber alle nicht so gut. Eines Tages kam er wieder mal: `Trainer, ich kenne da einen, der ist richtig gut!´ ´Okay´, hab ich gesagt, `den einen kannst du noch mitbringen, aber dann ist Schluss.´ Als ich den damals 17jährigen Okocha im Training sah, war ich baff. Der hatte eine unglaubliche Technik und Ballbehandlung, der hat Dinge gemacht, da hätten wir uns alle Füße gebrochen. Schüsse mit rechts und links aus dem Fußgelenk, dazu noch weite Einwürfe.“ Als Entdecker von Okocha sieht er sich in seiner ihm eigenen Bescheidenheit nicht: „Da gehörte nicht viel dazu, zu erkennen, was der drauf hat!“ Leider ist Zauberer Okocha in der Aufstiegsrunde laut Statuten nicht spielberechtigt. „Unsere Aufstiegschancen wären erheblich größer gewesen“, ist sich Horst Brand noch heute sicher. 1992 trennen sich die Wege von Horst Brand und der Borussia, von Unruhe in der Mannschaft und Unstimmigkeiten wegen der Suspendierung einiger Spieler ist in der Borussia-Chronik die Rede.

Doch Horst Brand bleibt dem Fußball eng verbunden, arbeitet als Trainer und sportlicher Leiter in Salmrohr und Trier weiter. Sein Unternehmen hat er vertrauensvoll in die Hände seines Sohnes Christian gelegt, doch was das runde Leder angeht, gibt es noch keinen Ruhestand. Der Fußball-Brand ist noch lange nicht gelöscht! Bei seinem Heimatverein Eintracht, bei dem er seit 1954 Mitglied ist engagiert er sich nach wie vor im sportlichen Vorstand. Wie lange noch? „Vielleicht zwei, drei Jahre. Mit jungen Leuten zu arbeiten hält fit und jung. Trotzdem muss irgendwann Schluss sein.“ Auch durch zwischenzeitliche gesundheitliche Probleme hat er sich nicht unterkriegen lassen, hält sich weiter mit Laufen fit, tut was für die Gesundheit. Und so blickt Horst Brand heute mit Zufriedenheit auf sein 75jähriges Leben zurück – ein Leben für den Fußball, in dem auch die Borussia einen unverrückbaren Platz in seinem Herzen hat!

Borussia gratuliert Horst Brand ganz herzlich zum Ehrentag und wünscht dem verdienten Torjäger alles Gute, Gesundheit und viel Glück – ad multos annos, Horst Brand! (-jf-)

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