Interview mit Helmut Friberg / Der 65jährige ist weit mehr als nur Hertha-Fan und hat noch eine zweite Fußball-Liebe: Die Borussia aus Neunkirchen!
Unser Bild: Eingefleischte Herthaner, aber auch viel Sympathie für die Borussia: Daniela und Helmut Friberg. (Foto: privat)
Seine Welt ist Blau und Weiß. Er ist Hertha-Fan durch und durch. Seit 1971, als er sich, damals noch in Viersen am Niederrhein wohnend, bei einem Spiel am Gladbacher Bökelberg trotz einer 0:4-Niederlage in die alte Dame verliebte, ist Hertha BSC seine Leidenschaft. Kein Heimspiel hat er seitdem ausgelassen, weit über 700 Auswärtsspiele besucht, dabei alle nur denkbaren Höhen und Tiefen erlebt: Champions League in Istanbul, Europa League in Bilbao, Freundschaftsspiele in England bei Crystal Palace, aber auch von Gastspiele in der drittklassigen Oberliga Berlin beim SC Gatow oder VfB Neukölln. Das Fan-Sein versteht er zusammen mit Gattin Daniela sehr aktiv: Beide packen mit an, engagieren sich in verschiedenen Gremien des Herzensvereins. Doch Helmut Friberg hat noch eine zweite Fußball-Liebe: Die Borussia aus dem Ellenfeld. Wie der 65jährige zur Borussia kam, wie er die Ellenfeld-Atmosphäre empfindet und wie er das Happy-End seiner Hertha am Ende der Krisensaison 2021/22 erlebte, verrät Helmut Friberg (HF) im Interview.
Helmut, wie groß war der Stein, der Dir nach dem 2:0-Sieg in der Relegation gegen den Hamburger SV vom Herzen gefallen ist?
HF: Riesig, kein Stein, ein Felsbrocken! Ich war im Volksparkstadion live dabei, war nach dem Spiel fix und fertig, durchgeschwitzt, als hätte ich mitgespielt. Im gewissen Sinn habe ich das ja auch. Es war das erste Mal, dass Hertha ein entscheidendes Spiel gewonnen hat, seit ich dabei bin. Und das sind gute 51 Jahre!
Die Hoffnung war ja vorher nach der 0:1-Heimniederlage nicht mehr groß, oder?
HF: Nein, bei mir höchstens noch 1 Prozent, zumal wir ja vorher schon gegen Bielefeld, Mainz und Dortmund drei Matchbälle hatten liegen lassen. Als wir in Hamburg ankamen, wurden wir überall schon als zukünftiger Zweitligist begrüßt, der HSV hatte für die Pressekonferenz den Sekt schon kalt gestellt. Das war der Punkt, an dem dann doch nochmal irgendwie Hoffnung aufgekeimt ist. Denn bekanntlich soll man ja das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist – erst recht nicht beim Berliner Bär!
Ende gut, alles gut?
HF: Nein. Was Hertha in dieser grottigen Saison gespielt hat, hatte nichts mit Fußball zu tun. Am Schlimmsten für uns Fans: Dreimal gegen die Köpenicker zu verlieren! Ohne Gegenwehr! Wir waren alle richtig sauer, haben uns geschämt. Deshalb muss alles auf den Prüfstand. So weiter machen wie bisher? Unmöglich. Wir brauchen einen kompletten Neuanfang.
Welche Rolle hat in Deinen Augen Felix Magath gespielt?
HF: Er ist eine echte Type und hat großen Anteil daran, dass wir nochmal die Kurve gekriegt haben. Er hat sich ja wesentlich auf das Psychologische fokussiert. und die Jungs sind ihm gefolgt! Felix Magath hat alles richtig gemacht.
Dein Herz schlägt ja auch für die Borussia aus Neunkirchen. Wie ist es dazu gekommen?
HF: Als einer, der seit 1971 zu allen Auswärtsspielen fährt, war ich mit meiner Hertha bei jedem Verein, der irgendwann mal in der Bundesliga gespielt hat. Nur einer fehlte seinerzeit noch: Die Borussia! Denn als die Borussen in den 60er-Jahren in der ersten Liga spielten, war ich noch nicht dabei. Als wir 2008 an einem Freitagabend im August im DFB-Pokal bei Eintracht Trier zu Gast waren und 3:1 gewonnen hatten, habe ich zu meinen Kumpels gesagt: Ihr könnt gerne heimfahren, ich fahre am nächsten Tag ins Ellenfeld nach Neunkirchen. Das Spiel gegen den TuS Mayen war dann mein erstes Spiel im Ellenfeld.
Welche Erinnerungen hast Du noch an dieses Spiel?
HF: Ich war in kompletter Hertha-Montur gekommen. Willi Ertz hat mich darin gesehen und war total begeistert. Er hat sofort Karten organisiert. Wir haben uns gut unterhalten. Borussia hat die Partie mit 4:1 gewonnen, und ich habe später nach dem Spiel bei der Pressekonferenz im VIP-Raum noch mit Willi Ertz zusammen am Tisch gesessen. Darüber hinaus konnte ich noch den Vorstand kennenlernen. Auf diese Weise ist schnell eine persönliche Beziehung zur Borussia entstanden.
Die dafür gesorgt hat, dass es Dich immer wieder ins Ellenfeld gezogen hat.
HF: Ja. Wir haben immer versucht, das mit Auswärtsspielen der Hertha im süddeutschen Raum zu kombinieren. Insgesamt war ich bestimmt zehnmal, elfmal bei der Borussia und habe dabei nur einmal eine Niederlage erlebt: Beim 0:1 im Pokal bei der Flutlichtpremiere im Oktober 2105 gegen den 1. FC Saarbrücken. Das Plakat von diesem Spiel habe ich heute noch. Ein anderes Mal durfte ich sogar in die Kabine, wo ich der Mannschaft Grüße aus Berlin ausgerichtet habe. Durch die Video-Aufnahmen von Kameramann Heinz Petri kann ich mir im Internet immer ein Bild von den Spielen der Borussia machen.
Wann warst Du zuletzt im Ellenfeld?
HF: Das war noch vor Corona im Dezember 2019, als die Borussia im Derby gegen die U23 des FC Homburg mit 4:0 gewonnen hat. Da hatten wir tags zuvor mit der Hertha bei Eintracht Frankfurt gespielt. Wir hatten in Frankfurt ein Hotel gebucht und sind mit einem Mietwagen nach Neunkirchen rübergefahren. Danach hat es mit einem Besuch, auch wegen Corona, leider nicht mehr funktioniert. Aber an der Rekordjagd 2020 haben wir uns durch den Kauf zahlreicher Karten beteiligt, meine Frau Daniela hat sogar noch eine gewonnene Bratwurst offen (schmunzelt). Den Besuch holen wir so bald wie möglich nach, versprochen!
Die Aufstiegsspiele bieten eine gute Gelegenheit!
HF: Das wird wohl nicht gehen, da wir bei der Hertha zurzeit wichtige Treffen und Begegnungen haben, um neue Ideen zu entwickeln, wie wir uns aufstellen und uns in der neuen Saison besser positionieren können. Es stehen wegweisende Vorstands- und Präsidentenwahlen an, da kann ich nicht fehlen.
Dein „Wohnzimmer“ ist das Olympiastadion, Du gehörst zum „Anhängerclub Oberrang 1984.“ Wie empfindest Du denn die Atmosphäre im Ellenfeld?
HF: Für mich und viele andere, denen ich Bilder vom Ellenfeld gezeigt habe, ist dieses Stadion etwas ganz Besonderes! Steile Stufen wie am alten Bökelberg in Gladbach, du bist direkt am Spielfeld dran, ganz enge und dichte Atmosphäre. Dazu das einzige Stadion, das aus den Gründerzeiten der Bundesliga noch nahezu komplett erhalten ist. Ich hoffe sehr, dass das auch so bleibt, denn unter den vielen neuen gleichförmigen und oft seelenlosen Stadien gibt es nur ganz wenige, die mir gefallen. Das Ellenfeld ist ein Pfund, mit dem Verein und Stadt wuchern müssen! Mich wundert sehr, dass trotz der Zusage der Gelder aus Saarbrücken bisher noch nichts passiert ist. Was ist da los, fragt man sich. Es muss doch möglich sein, dieses Stadion so zu modernisieren, dass es seinen Charme, seine Ausstrahlung nicht verliert.
Wie schätzst Du die Chancen der Borussia auf die Rückkehr in die Oberliga ein?
HF: Das ist aus der Distanz schwer zu sagen. Was mich optimistisch stimmt: Personell konnte im Winter noch zugelegt werden, so dass Björn Klos und seine Truppe – anders als bei der Relegation 2018 – nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ gut aufgestellt sind. Sie haben ja auch eine gute Rückrunde gespielt mit einer tollen Serie. Daran müssen sie jetzt anknüpfen. Auf jeden Fall drücken wir hier in Berlin bei der Hertha ganz fest die Daumen. Wir fiebern mit und schicken die besten Wünsche ins Ellenfeld! Vielleicht gelingt es mir ja auch, mal ein Freundschaftsspiel zu initiieren, ich werde das auf jeden Fall mal mit Fredi Bobic und dem neuen Vorstand durchkauen!
Helmut, vielen Dank für das tolle Gespräch und alle guten Wünsche zurück nach Berlin zur Hertha! Du sollst wissen: Gemeinsam mit Deiner Frau Daniela bist Du jederzeit herzlich willkommen im Ellenfeld! (-jf-)
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