Zuerst „kalt“ erwischt, doch am Ende den Gegner punktemäßig „naggisch“ gemacht / Nach schwieriger Anfangsphase immer besser ins Spiel hineingekämpft / Marco Dahler (Foulelfmeter), Simon Schreibeisen und Alexander Velikov treffen für die Borussen
Unser Bild: Viel Arbeit mit Herrensohrs Jodi Daoud (blaues Trikot) hatten die Borussen um (v.l.) Lars André Kaula, Sayfedine El Khadem und Michael Müller in der Sturm- und Drangphase des TuS zu Spielbeginn. (Foto: -jf-)
Man sollte zwar Resultate eines Fußballspiels in ihrer geschichtlichen Bedeutung nicht überhöhen. Dennoch hat die Borussia gestern beim TuS Herrensohr Vereinshistorisches geschafft: Im siebten Jahr der Zugehörigkeit zur Saarlandliga gelang mit dem 3:1 zum ersten Mal ein Sieg in „Kaltnaggisch“. Wenn nicht jetzt, wann dann? Das schienen sich die Schützlinge von Trainer Christian Schübelin gefragt zu haben. Gefragt, getan! In einer Partie, die bis weit in die zweite Halbzeit hinein pari-pari stand, senkte sich dank zweier herausragender Spielzüge mit Pässen in die Tiefe auf die Vollstrecker Simon Schreibeisen und Alexander Velikov die Waagschale zugunsten der Borussia, die sich nach schwieriger Anfangsphase Stück für Stück in das Spiel hineinkämpfte und dann auch -spielte. Während Christian Schübelin nach den 90 zwar nicht hochklassigen, aber spannenden Minuten von einem „verdienten Sieg in einer regelrechten Hitzeschlacht“ sprach, war sein Trainerkollege Manuel Schuck „fassungslos, dass wir dieses Spiel verloren haben“, suchte aber die Schuld nicht bei anderen: „Das müssen wir ganz allein auf unsere Kappe nehmen, weil wir ganz viele Chancen nicht genutzt haben.“ So war die Borussia, die auch in Herrensohr vom eigenen Anhang wieder lautstark unterstützt wurde, zwar mit dem frühen Rückstand „kalt“ erwischt worden, konnte aber nach einer deutlichen Leistungssteigerung den Gegner am Ende punktemäßig „naggisch“ machen.
Respekt verdienen allerdings beide Mannschaft für das, was sie bei den hohen Temperaturen auf dem Kunstrasen abgeliefert haben. Während sich die rund 300 Zuschauer in die letzten schattigen Zipfel der Sportanlage flüchteten, gab es für die 22 Akteure inklusive des Schiedsrichterteams keine Gelegenheit, den gnadenlos sich über das Spielfeld ergießenden Sonnenstrahlen zu entrinnen. Dass dabei manch einer bis an die körperliche Belastungsgrenze und darüber hinaus gefordert wurde, offenbarte sich nach dem Spiel auch darin, dass Borussias offensiver Mittelfeldspieler Sayfedine El Khadem beim gemeinsamen Essen nach der Partie am Tisch kollabierte. Doch dank des beherzten Eingreifens seiner Teamkollegen war der 28jährige schnell wieder „auf dem Damm“. Die Szene verdeutlichte gleichzeitig auch die derzeit äußerst stimmige Atmosphäre im Borussen-Team, in dem einer für den anderen da ist – nicht nur auf dem Spielfeld!
Dort legten die Gastgeber, die auf Routinier und Torjäger Valentin Solovej verletzungsbedingt verzichten mussten, von Minute eins an los wie die Feuerwehr, schienen die Borussen geradezu überrennen zu wollen. Mit enormem Druck und viel Laufarbeit rollte ein Angriff nach dem anderen auf das Tor von Maximilian Strack, der in den ersten 15 Minuten kaum mehr wusste, wo ihm der Kopf stand, und am liebsten hundert Arme und Beine zur Verfügung gehabt hätte: „Da habe ich mich gefragt, wohin ich denn springen sollte: Oben links, rechts unten, unten links, oben rechts“, hätte der stark beschäftigte Keeper angesichts der Hitze auf diese Art des Warmschießens gerne verzichtet! Der Sekundenzeiger hatte sich auf der Uhr kaum einmal gedreht, da musste der 26jährige sein ganzes Können auspacken, um mit einem reaktionsschnellen Reflex den Schuss des Ex-Borussen Jodi Daoud über die Latte zu schaufeln, war aber nur wenig später chancenlos, als Lesson Ruster nach einer gefühlvollen Hereingabe von Marius Neumeier auf der rechten Seite mutterseelenalleine vor ihm auftauchte und das Leder ins Netz spitzelte (3.) – ein perfekter Auftakt für die Blauen, bei denen der umtriebige Hasan Sonsuz mit gefährlichen Distanzschüssen (15. / 17.) gleich mal die Dominanz der Hausherren dokumentierte, während die Borussen noch reichlich unsortiert, ja gar nicht richtig präsent zu sein schienen. „Da haben wir Herrensohr viel zu viele Räume gelassen, obwohl wir vorher besprochen hatten, dass die erste Viertelstunde hier richtig knackig werden könnte“, übte Christian Schübelin berechtigte Kritik an seiner Mannschaft, die sich zu diesem Zeitpunkt über einen höheren Rückstand nicht hätte beschweren dürfen!
Der Ausgleich: Nur noch hinterherschauen konnte TuS-Keeper Marc Silva dem Ball bei Marco Dahlers Elfmeter (li.), der Schütze durfte sich derweilen über die Glückwünsche von Nico Christmann freuen. (Fotos: -jf-)
Der erste offensive Akzent gelang Nico Christmann, der bei seinem kraftvollen Abschluss nach Auflage von Dominik Cullmann seinen Meister in Marc Silva fand. Der TuS-Keeper stand nach 24 Minuten zum zweiten Mal im Focus des Geschehens, als er den nach Steckpass von Dominik Cullmann alleine vor ihm auftauchenden Tim Klein im Strafraum nur noch regelwidrig am Einschuss zu verhindern wusste und folgerichtig die gelbe Karte kassierte. Den fälligen Strafstoß verwandelte Marco Dahler – in Tropenhitze kalt wie eine Hundeschnauze – mit gewohnter Präzision zum bis dahin eigentlich eher schmeichelhaften Ausgleich. Doch der Treffer gab den Borussen sichtlich Auftrieb. Sichtbares Signal: Ein beherzter Schuss von Nico Christmann, der aus etwa 17 Metern knapp drüber zielte (26.). Und hätte Dominik Cullmann mit wuchtigem Schuss eine geschickte Hereingabe von Simon Schreibeisen in den Rücken der TuS-Abwehr nicht an den Innenpfosten gesetzt (34.), hätten die Borussen die Partie schon in Halbzeit eins gedreht.
Die zweiten 45 Minuten begannen wie die ersten: Mit einer starken Phase der Gastgeber, für die Hasan Sonzuz (knapp am Tor vorbei, 47.) und Jodi Daoud (per Kopf drüber, 59.) gute Gelegenheiten zur erneuten Führung ausließen. Nico Christmann hauchte nach gut einer Stunde mit trockenem Schuss knapp über die Querlatte den Offensivbemühungen der Borussia neuen Geist ein. In einer Partie, in der jetzt beide Mannschaften der großen Hitze Tribut zollen mussten, fiel die Entscheidung binnen zehn Minuten. Zunächst nahm Simon Schreibeisen einen weiten Schlag von Tim Cullmann aus der eigenen Hälfte heraus geschickt an – sprintete „wie ein Blitz“ (Liveticker fupa.net) an der rechten Seite entlang Richtung TuS-Tor. Just in dem Moment, in dem der Borussen-Stürmer schon zu weit nach außen abgedrängt schien, packte er einen fulminanten Hammer aus, der an Torwart Silva vorbei unten in der langen Ecke einschlug (75.). Dieser Treffer zeigte Wirkung: Herrensohr fiel trotz viel Ballbesitz anschließend nicht mehr viel ein, um die immer sicherer stehende Defensive der Borussia in ernsthafte Verlegenheit zu bringen. Den Deckel endgültig drauf machte der eingewechselte Alexander Velikov: Die Nummer 28 übernahm eine Vorlage von Nico Christmann, schüttelte im Laufduell seinen Gegenspieler Mick Roller ab, behielt auch alleine vor dem herausstürzenden Torwart Silva die Nerven und belohnte sich (nach seinem Lattenschuss am vergangenen Samstag in Hasborn) für eine engagierte Leistung, mit der er nach seiner Einwechslung nochmal neuen Schwung ins Team gebracht hatte.
Die Entscheidung: Alex Velikov überwindet Torwart Marc Silva (oben), um anschließend in einem scheinbar unentwirrbaren Freuden-Knäuel seiner Mannschaftskameraden zu verschwinden (unten). (Fotos: -jf-)
Das sah auch Christian Schübelin so: „Durch die Wechsel kam von der Bank nochmal ein neuer Push rein, wobei es bei diesen Witterungsverhältnissen auch eine Charakterfrage war. Die haben beide Mannschaften, die viel gelaufen sind, bestanden“, fand der Borussen-Coach, der bei einigen Abseitsentscheidungen „auch das Glück auf unserer Seite“ sah: „Da geben wir noch zu viel preis und gehen mit offenen Seiten ins Risiko.“ Bisher wollte der Trainer die ersten Spiele noch nicht abschließend bewerten, konnte sich nun aber zu einer Beurteilung durchringen: „Jetzt nach fünf Spieltagen sage ich: Der Saisonstart ist geglückt!“ Ein Urteil, dem man durchaus zustimmen kann. Denn zum einen bekommen durch die zwischenzeitlichen Ergebnisse die hart erkämpften Siege der Borussia, die auch beim TuS durch die Fans großartig unterstützt wurde, gegen die Aufsteiger Reisbach (zuletzt mit zwei Siegen gegen Köllerbach und bei Saar 05!) und Marpingen (3:1-Sieg gegen Mettlach und 1:1-Achtungserfolg in Eppelborn) eine andere Gewichtung, zum anderen bestand die Truppe von Christian Schübelin nun auch die Feuerproben bei Vizemeister Hasborn und Tabellenführer TuS Herrensohr, selbst wenn nicht alles rundlief, letztlich mit Bravour. Das sollte die Menschen in Neunkirchen aufgeweckt haben – diese Mannschaft hat im Heimspiel am kommenden Samstag gegen die SG Mettlach-Merzig (Anstoß: 16.00 Uhr) eine gute Kulisse verdient! (-jf-)
Statistik: TuS Herrensohr – Borussia 1:3 (1:1)
Borussia: Maximilian Strack – Tim Cullmann, Marco Dahler (C), Nico Christmann, Dominik Cullmann (ab 68. Alexander Velikov), Sayfedine El Khadem, Michael Müller, Simon Schreibeisen, Dylan Sodji (ab 62, Ralph Smith), Lars André Kaula (ab 62. Christoph Stemmler), Tim Klein (ab 78. Kamil Czeremurzynski). – Trainer: Christian Schübelin.
Tore: 1:0 (3.) Lesson Ruster, 1:1 (24.) Marco Dahler (Foulelfmeter), 1:2 (75.) Simon Schreibeisen, 1:3 (85.) Alexander Velikov. – Schiedsrichter: Maximilian Lauer (SV Altheim-Böckweiler). Zuschauer: 300. – Gelbe Karten Borussia: Dylan Sodji (38.), Sayfedin El Khadem (50.), Simon Schreibeisen (66.).
Unsere Bilder zeigen Eindrücke vom Premieren-Sieg der Borussia beim TuS Herrensohr. (Fotos: -jf-)
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