„Taktische und technische Fehler“ (Christian Schübelin) machten dem Gegner das Toreschießen einfach und sorgten beim 3:4 gegen Schwalbach für die fünfte Heimniederlage der Borussia
Bild mit Symbolcharakter: Schwalbachs hellwache Akteure waren meist einen Schritt schneller am Ball als die Borussen, wie in dieser Szene Kapitän Jan von dem Broch (li.) gegen Sayfedine El Khadem. (Foto: -jf-)
Bald ist es wieder soweit: Am Dienstag nach Pfingsten kommen viele Pilger im luxemburgischen Echternach zur sogenannten „Springprozession“ zusammen. Dabei tanzen die Teilnehmer, mit Hilfe eines weißen Taschentuches verbunden, zu Polka-Melodien im Echternacher „Pilgerschritt“ (zwei oder drei Schritte vor, einer oder zwei zurück) in Reihen durch die Straßen der Stadt zum Grab des heiligen Wilibrord, eines angelsächsischen Missionars, in der Echternacher Basilika. Borussen-Trainer Christian Schübelin mag sich mit seiner Mannschaft am Sonntag beim 3:4 gegen den FV Schwalbach wie ein Teilnehmer dieser Springprozession vorgekommen sein. Mehr noch: „Letzten Freitag beim 3:2 in Jägersburg haben wir einen Schritt nach vorne gemacht, heute gefühlte fünf Schritte zurück“, beklagte der Trainer und war deshalb nach Spielschluss auch stinksauer.
„Was für haarsträubende Fehler wir machen! Wir laden den Gegner durch taktische und technische Unzulänglichkeiten förmlich zu Toren ein, laufen zeitweise nur hinterher “, bekam Borussias Trainer nach der 3:4-Heimniederlage gegen den FV Schwalbach Enttäuschung und Zorn gleichermaßen kaum in den Griff. Auf der anderen Seite gab ein sichtlich erleichterter Toni Jakic den Strahlemann: „Wir wollten den Ligaverbleib aus eigener Kraft endgültig klar machen, und das ist uns gelungen. Borussia hatte zwar mehr Ballbesitz, aber wir gewann mehr entscheidende Zweikämpfe“, so das kurze Fazit von Schwalbachs Trainer, ehe er sich zu seinen Jungs gesellte, die nach aufopferungsvollem Kampf und cleverem Spiel den durchaus verdienten Sieg mit einem Jubelfoto im historischen Stadion dokumentierten. Borussias kleine Mini-Serie (10 Punkte aus vier Spiele ohne Niederlage) war gerissen, Schwalbach gewann in der Historie erstmals im Ellenfeld, Borussia kassierte erstmals seit dem Saisonfinale 2018/19 am 24. Mai 2019 (0:4 gegen TuS Herrensohr) im Ellenfeld-Stadion wieder vier Gegentore in einem Liga-Spiel und konnte im Kampf um Platz 4 die Steilvorlage, die die Konkurrenten durch ihre Punktverluste (Hasborn 1:5 gegen Merchweiler, Herrensohr 0:0 in Ballweiler) geliefert hatten, nicht nutzen. Die Heimbilanz bleibt mager: Nur 5 Siege aus 16 Spielen bei 21 Punkten und 28:28 Toren – das genügt fraglos nicht den selbstgestellten Ansprüchen! Dennoch bleiben Marco Dahler und Co. erstaunlich gut im Rennen, wenn es um die Position „best of the rest“ geht.
Die Zuschauer im Ellenfeld sahen eine erste Torannäherung von Sayfedine El Khadem, der nach 8 Minuten in guter (halbrechter) Schussposition beim Abschluss entscheidend gestört werden konnte. Danach kamen die Gäste besser ins Spiel und gingen mit der ersten sich bietenden Chance gleich in Führung: Schwalbachs Torjäger Justin Mayan hatte sich im Rücken der Borussen-Abwehr in den Strafraum geschlichen, konnte das Chip-Zuspiel von Felix Martin seelenruhig annehmen und sich vor dem ihm entgegenstürzenden Maximilian Strack die lange Ecke aussuchen (12.). Wenig später fast schon das 0:2, als Felix Martin nach einem Borussen-Ballverlust durch Mittelfeld marschierte und aus der Distanz nur knapp vorbeizielte (16.). Nach etwa 20 Minuten bekamen die Borussen dann die Partie in den Griff, entwickelten mehr Initiativen. Zwei Gelegenheiten binnen einer Minute (Tim Klein mit abgefälschtem Schuss übers Tor, 18.) und Nico Christmann (Kopfball ebenfalls über das Tor, 19.) blieben jedoch zunächst ohne zählbaren Erfolg. Die anschließende Trinkpause bekam den Männern in Schwarz offensichtlich besser, denn innerhalb von drei Minuten war das Resultat durch zwei Standardsituationen gedreht: Ausgangspunkt war jeweils ein Eckball von der linken Angriffsseite. Zunächst wuchtete Michael Müller mit entschlossenem Sprung Tim Kleins präzise geschlagenen Ball ins Netz (28.), dann stieg Nico Christmann nach diesmal kurz ausgeführter Ecke und Dominik Cullmanns Hereingabe am langen Pfosten am höchsten und jagte das Leder mit unwiderstehlichlicher Willensleistung ins Tor (31.). Die beiden Treffer verliehen dem Spiel der Borussen sichtlich mehr Sicherheit. Gleich dreimal bot sich jetzt die Chance, das Ergebnis zu erhöhen: Sowohl Tim Brauns Distanzschuss (36.) als auch Nico Christmanns Kopfball (45.) verfehlten das Ziel, zwischendurch hatte Dominik Cullmann, von Sayfedine El Khadem bedient, mit energischem Einsatz auf der linken Außenbahn seinen Gegenspieler Jonas Schwarz abgeschüttelt, war jedoch in allerletzter Minute von einem Abwehrbein am Einschuss gehindert worden.
Dribbelstark und schwer vom Ball zu trennen, deshalb des Öfteren hart rangenommen: Borussias Wirbelwind Dominik Cullmann, der hier gleich gegen vier Schwalbacher das Nachsehen hat. (Foto: -jf-)
Die Borussen machten nach dem Wiederanpfiff ordentlich Dampf und dort weiter, wo sie vor der Pause aufgehört hatten. Das Bemühen, die Sache jetzt klar zu machen, war den Schützlingen von Christian Schübelin deutlich anzumerken. Doch sie schafften es einfach nicht, die sich bietenden Gelegenheiten auszunutzen: Zunächst rauschte ein Schuss von Safyedine El Khadem am Tor vorbei (47.), dann verpasste Tim Klein aus guter Position zweimal sein 16. Saisontor (50. / 51.). Und so stand es statt 3:1 oder 4:1 urplötzlich – wie aus dem Nichts – 2:2! Was war passiert? Der junge, zur Halbzeit eingewechselte Lukas Detzler nutzte ein grobes Missverständnis zwischen Nico Purket und Michael Müller eiskalt aus und schob das Leder locker und leicht an Maximilian Strack vorbei rechts unten ins Eck (53.). „Jungs, wir sind gut im Spiel, behaltet die Nerven“, versuchte Christian Schübelin bei seinen Jungs die Köpfe klar zu halten. Doch die konnten kurz darauf eine Eckball-Situation nicht sauber bereinigen und sahen sich nach Jonas Schwarz´ Gewaltschuss aus dem Hinterhalt, der durch Freund und Feind hindurchsausend im Netz einschlug, auf einmal sogar mit 2:3 im Rückstand (56.)! Dieser Treffer hinterließ ganz offensichtlich Wirkung, Borussia machte jetzt gegen weiter mutig nach vorne spielende Schwalbacher zunehmend einen verunsicherten Eindruck und hätte in der Folge gleich mehrmals das 2:4 kassieren können, doch gelang es, die einschussbereiten Nico Staub (61.), Justin Mayan (65.) sowie Lukas Detzler und Colin Mathis (72.) gleich mehrfach im letzten Moment abzublocken. Machtlos war Maximilian Strack dagegen eine Viertelstunde vor Schluss, als Colin Mathis nach Zuspiel von Jan Basenach, der reichlich frei im Strafraum unbedrängt auflegen konnte, das Leder – aus allerdings stark abseitsverdächtiger Position – aus kurzer Distanz im Netz unterbrachte. Die Vorentscheidung?
Daran glaubte Christian Schübelin allerdings noch nicht: „Wir haben noch 15 Minuten Zeit, haut alles raus! Wenn wir ein Tor machen, schaffen wir auch noch den Ausgleich“, versuchte der Trainer, bei seinen Jungs trotz der sommerlichen Temperaturen die letzten Körner herauszukitzeln. Zuvor waren mit Alexander Velikov und dem wieder eingewechselten Louis Cupelli neue Offensivkräfte auf den Platz gekommen. Die erste Gelegenheit zum Anschluss hatte der quirlige Dominik Cullmann, der nach einem weiten Schlag von Dylan Sodji aus spitzem Winkel an Schwalbachs Keeper Manuel Hirtz scheiterte (77.). Louis Cupelli ließ das Fünkchen Hoffnung auf eine erneute Wendung der Partie wieder aufglimmen, als sich sein platzierter Kopfball nach butterweicher Flanke von Alexander Velikov zum 3:4 ins lange Toreck hinabsenkte. Anschließend parierte Manuel Hitz einen Dahler-Kopfball (89.) ebenso sicher wie einen Freistoß von Tim Klein (90.), ehe in Abschluss von Nico Christmann in der Nachspielzeit am kurzen Eck knapp am Tor vorbeizischte. Doch permanenter Druck aufs Schwalbacher Tor entwickelte sich kaum, im Gegenteil: Aufpassen mussten die Borussen immer wieder beim schnellen Umschaltspiel der Gäste, die bei Kontern auch in der Schlussphase durch Nico Staub (78.) und Colin (87.) zwei gute Chancen hatten, allerdings Maximilian Strack auf dem Posten fanden.
Diesmal ohne Erfolgserlebnis: Borussias Torjäger Tim Klein muss weiter auf seinen 16. Saisontreffer warten. (Foto: -jf-)
„Klar waren noch Chancen auf ein 4:4 da, das wäre gut für die Moral gewesen, aber unter dem Strich war das heute einfach zu wenig“, bilanzierte Christian Schübelin, der vor allem deshalb sehr enttäuscht war, „weil wir Dinge falsch gemacht haben, die vorher ausdrücklich angesprochen worden waren.“ Der Coach vermisste „klare Bälle und das Flügelspiel: Wir waren viel zu ungeduldig, haben es immer wieder durch die Mitte versucht, die der Gegner aber gut zugemacht hat. Immer, wenn wir über die Flügel kamen, boten sich Chancen.“ Insgesamt sei die Partie, so der Coach, wieder einmal ein Spiegelbild der gesamten Saison gewesen: „Wir haben Phasen, in denen wir guten Fußball gespielt haben, bekommen es aber nicht hin, das auch konzentriert zu Ende zu spielen, und machen es durch zum Teil krasse taktische und technische Fehler dem Gegner zu leicht, zu Toren zu kommen. Wir haben heute als Kollektiv nicht funktioniert. Deshalb ist Kritik berechtigt, und der müssen wir uns stellen.“
Traurig war auch Torschütze Nico Christmann, der mit einigen Teamkameraden noch lange nach dem Schlusspfiff vor der Ersatzbank hockend im selbstkritischen Gespräch verweilte: „Zum ersten Mal haben wir heute ein Spiel verloren, in dem ich getroffen habe. Sonst haben wir dann immer gewonnen“, so der Mittelfeldspieler, der auch diesmal wieder zu den Aktivposten gehörte und trotz der Niederlage optimistisch bleiben will: „Unser angestrebtes Ziel, Platz 4, können wir immer noch aus eigener Kraft erreichen!“ Doch dazu bedarf es am kommenden Sonntag als Gast bei Aufsteiger Preußen Merchweiler und Ex-Borussen-Trainer Björn Klos wieder einen, besser zwei Schritte vorwärts: Wie bei der Springprozession im luxemburgischen Echternach. Den Schritt rückwärts hat die Borussia ja jetzt hinter sich! (-jf-)
Statistik: Borussia – FV Schwalbach 3:4 (2:1)
Borussia: Maximilian Strack – Tim Braun (ab 64. Alexander Velikov), Tim Cullmann, Marco Dahler (C), Michael Müller, Nico Purket (ab 76. Louis Cupelli), Nico Christmann, Dominik Cullmann, Sayfedine El Khadem, Louis Cupelli (ab 46. Dylan Sodji), Tim Klein. – Trainer: Christian Schübelin.
Tore: 0:1 (12.) Justin Mayan, 1:1 (28.) Michael Müller, 2:1 (31.) Nico Christmann, 2:2 (53.) Lukas Detzler, 2:3 (56.) Jonas Schwarz, 2:4 (75.) Colin Mathis, 3:4 (86.) Louis Cupelli. – Schiedsrichter: Maximilian Schommer (FC Freisen). – Zuschauer: 250. – Gelbe Karten Borussia: Tim Braun (30.), Nico Christmann (79.).
Unsere Bilder vermitteln ein paar Impressionen vom Spiel der Borussia gegen den FV Schwalbach. (Fotos: -jf-)