Borussias früherer Libero Gerd Zewe ist 70 geworden / Mit dem „Fubben“ auf dem heimischen Sportplatz die Grundlagen gelegt / Ellenfeld wurde schließlich zum Sprungbrett für eine große Kariere / Happy birthday, Gerd Zewe!
Die kleine Gemeinde Stennweiler ist mit ihren rund 2500 Einwohnern sicher nicht der Nabel der Welt. Doch für den Ehrenspielführer von Fortuna Düsseldorf war Stennweiler die Startrampe für eine große Karriere, die ihn bis auf´s internationale Parkett und bis in die deutsche Nationalmannschaft führte. WM-Teilnehmer 1978 in Argentinien, vier A-Länderspiele, mit 847 (!) Partien in allen Wettbewerben (darunter 440 Bundesliga-Einsätze mit 42 Toren) Rekordspieler der Fortuna, zweimaliger DFB-Pokalsieger, Finalist im Europapokal der Pokalsieger 1980 – so lautet, kurz zusammengefasst, die mehr als beeindruckende Bilanz eines klassischen Liberos, der in diesen Tagen seinen 70. Geburtstag feiert: Gerd Zewe!
Als Gerd Zewe 1971 in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga mit der Neunkircher Borussia an Fortuna Düsseldorf scheiterte, konnte noch niemand ahnen, dass diese sportlichen Begegnungen für den damals 21jährigen wegweisend sein sollten. Denn er hatte bei den Verantwortlichen aus der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. „Ein echter Rohdiamant“, schwärmte Fortunas damaliger Cheftrainer Heinz Lucas bei seinem Vorstand über den technisch versierten Libero der Borussia. Ein Jahr später, die Borussen hatten in der Aufstiegsrunde 1972 erneut gegen einen Westvertreter, den Wuppertaler SV, den Kürzeren gezogen, war es soweit: Heinz Lucas machte sich auf den Weg ins Saarland und lockte den blonden Abiturienten aus dem Ellenfeld an den Rhein. Für nur 180.000 Euro Ablöse. Ein Schnäppchen, das sich für die Fortuna wie ein Hauptgewinn in der Lotterie entpuppen sollte. Ganz anders die Stimmung bei Borussia: „Ich könnte ganze Eimer Tränen weinen, weil er geht“, so Zewes damaliger Neunkircher Trainer Addi Preißler.
Die Jahre im heimatlichen Stennweiler und im Ellenfeld haben Gerd Zewe mit viel Stärken für den weiteren Weg ausgestattet. Deshalb misst der Jubilar diesen Zeiten noch heute einen hohen Stellen- und Erinnerungswert ein. „Borussia war als Zwischenstation zur Bundesliga sehr wichtig und auch erfolgreich“, so Gerd Zewe, der als schmächtiger Junge ins Ellenfeld gewechselt war und dort zunächst im Mittelfeld agierte. Als die Libero-Position vakant war, wagte man das Experiment mit dem Techniker Gerd Zewe, der nunmehr seinen Stammplatz auf dem grünen Rasen gefunden hatte. In Stennweiler, so erinnert er sich, hatte er „einen riesengroßen Verschleiß an Fußballschuhen“. Denn hinter dem Elternhaus musste der kleine Gerd nur eine Böschung hinunterlaufen und schon war er auf dem Sportplatz. Das tat er fast an jedem Mittag ausgiebig, sobald die Schulaufgaben erledigt waren.
Gerd Zewe war das jüngste von vier Kindern (ein Mädchen, drei Jungen) aus einer Bergmannsfamilie. Den Eltern ist er sehr dankbar dafür, „dass sie mir viel Unterstützung und Freizeit gegeben haben für meine Neigung zum runden Leder.“ Die Kosten für den intensiven Schuhverbrauch haben sich gelohnt! Denn ohne das tägliche „Fubben“ auf dem heimischen Sportgelände wäre er im Profifußball nicht so weit gekommen. Davon ist Gerd Zewe noch heute überzeugt: „In Stennweiler habe ich mir die Grundlagen geholt und mir schon viel an Technik angeeignet, an der ich später nur noch zu feilen brauchte.“ Das tat er dann in 82 Spielen und 6 Toren im Trikot der Borussia mit großem Fleiß. Trainer Kurt Sommerlatt verhalf dem jungen Talent am 10. August 1969 beim Regionalliga-Auftakt in Landau zum allerersten Einsatz.
In Düsseldorf startete er dann richtig durch. Anführer, Taktgeber, Kapitän – im alten Rheinstadion avancierte Gerd Zewe zum absoluten Leistungsträger und Vorbild. Er war der Kopf der Mannschaft, die drei Pokalendspiele in Folge bestritt und zwei davon (1979 mit 1:0 gegen Hertha BSC und 1980 mit 2:1 gegen den rheinischen Rivalen 1. FC Köln) gewann. Gerd Zewe stand auf dem Rasen, als die Fortunen im Dezember 1978 den FC Bayern München in einer legendären Partie mit 7:1 vom Platz fegten, und war 1979 natürlich auch im Endspiel um den Europapokal der Cupsieger, in dem Außenseiter Fortuna in Basel dem FC Barcelona erst nach hartem Kampf mit 3:4 unterlag. Das I-Tüpfelchen einer großen Karriere: Die WM-Teilnahme in Argentinien, wo Bundestrainer Helmut Schön allerdings der Mut fehlte, den mit viel Übersicht, Ruhe und Offensivdrang ausgestatteten Gerd Zewe (statt den Hamburger Manfred Kaltz) zum Libero zu machen. Dass er letztlich erst nach der WM im Nationaltrikot zum Einsatz kam, wurmt den stets bescheidenen und bodenständigen Ex-Borussen bis heute allerdings nicht: „Es war für mich unglaublich, dabei sein zu dürfen. Ich hatte keine großen Ansprüche. Es war einfach ein großartiges Erlebnis.“ Beim 3:1 gegen den WM-Zweiten Holland im Dezember 1978 war Zewe im heimischen Rheinstadion der überragende Mann auf dem Platz.
15 Jahre lang (bis 1987) blieb Gerd Zewe der Fortuna treu, schlug zwischendurch ein gut dotiertes Angebot des Hamburger SV aus. Auch wenn er anschließend noch ein Jahr lang seine aktive Laufbahn bei den Würzburger Kickers ausklingen ließ und bis 2013 als Coach im Amateurbereich (u.a. U23 Borussia Mönchengladbach, Union Solingen, SC Kapellen-Erft, TuS Grevenbroich und 1. FC Viersen) an junge Fußballer sein Wissen weitergab – Düsseldorf ist zu seiner Heimat geworden. 2016 verlieh ihm die Fortuna die Ehrenspielführer-Würde, erst das zweite Mal in der 125jährigen Vereinsgeschichte. Das zeigt: Bei Fortuna ist Gerd Zewe Kult.
Natürlich ist er noch heute bei jedem Heimspiel Stammgast. Soweit es das Wetter erlaubt, fährt er mit dem Fahrrad zur Arena. Das Radfahren hilft ihm, fit zu bleiben. Mit Einsätzen in der Traditionsmannschaft der Fortunen bleibt er auch dem aktiven Fußball treu, in der Düsseldorfer Bürgerstiftung sowie in der Fußballschule des früheren Bundesliga-Torjägers Klaus Fischer trainiert er mit Kindern. So ist Fortunas Legende zwar im Rentenalter, doch ein richtiger Ruhestand liegt ihm eher fern: „Ich brauche einfach immer eine Aufgabe.“
Den runden Geburtstag feiert Gerd Zewe mit der Familie im kleinen ruhigen Rahmen. Die Zahl 70 beschäftigt ihn schon ein wenig, das gesteht er im Gespräch mit der „Rheinischen Post“ offen, denn sie zeige ihm, dass er doch im fortgeschrittenen Alter angekommen ist. „Wenn ich die Zahl schreibe, ist das schon ein bisschen komisch.“ Den Weg der Borussia verfolgt er natürlich trotz räumlicher Distanz sehr intensiv: „Ich hoffe, dass dieser Traditionsverein bald wieder eine bessere Rolle spielen wird“, drückt Gerd Zewe die Daumen in Richtung Neunkirchen. Mit Borussias Sportvortstand Gunther Persch hat er in früheren Zeiten einige spannende Tennnis-Matches bestritten. Dass Gerd Zewe in der saarländischen Heimat unvergessen geblieben ist, zeigt seine Berufung in die Saarland-Jubiläumsmannschaft, in die der Ex-Borusse 2013 anlässlich des 50jährigen Bestehens der Bundesliga gewählt wurde.
Die Borussia gratuliert ihrem früheren Libero in Verbundenheit und Erinnerung an seine herausragenden Leistungen ganz herzlich zum großen Tag und wünscht für das neue Lebensjahrzehnt alles Liebe und Gute, Glück, Gesundheit und Zufriedenheit. Ad multos annos, Gerd Zewe! (-jf-)
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