Heute vor 60 Jahren: Erster Bundesliga-Auswärtssieg für Borussia!

Elmar May schockt mit zwei frühen Toren den Hamburger SV / Taktisches Konzept von Trainer Horst Buhtz geht auf / Borussia vorübergehend offensichtlich Angstgegner des HSV

Unser Bild: Uwe Seeler hat „abgezogen“ – der Nationalspieler, der im Hinspiel Hamburgs Ehrentreffer zum 1:3 markiert hatte, blieb im Rückspiel ohne Tor. (Foto: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)

Historisches ereignete sich heute vor 60 Jahren im Hamburger Volksparkstadion: Mit 2:1 feierte die Borussia ihren ersten Auswärtssieg in der Bundesliga! Bis zu jenem 23. Januar 1965 hatten die Borussen 13 ihrer 14 Punkte im Ellenfeld-Stadion geholt, das 1:1 in der Glückauf-Kampfbahn beim FC Schalke 04 war bis dahin das einzig Zählbare, was der Bundesliga-Aufsteiger mit nach Hause ins Saarland gebracht hatte. Allerdings hatten die Borussen schon das Hinspiel gegen Uwe Seeler & Co durch Treffer von Paul Pidancet, Elmar May und Achim Melcher mit 3:1 für sich entscheiden können. Und schon ein paar Jahre zuvor konnten die Hamburger in zwei Begegnungen im Rahmen der Endrunde um die deutsche Meisterschaft gegen Borussia nicht gewinnen: In Saarbrücken unterlagen die Rot-Hosen mit 0:3, in Hamburg ertrotzten sich die Borussen ein beachtliches 1:1. „Diese Borussia wäre die Bundesliga wert“, überschrieb Jupp Wolff, Redakteur des „Sport-Magazins“, am 24. Juni 1963 seinen Spielbericht.

Nun also mit 2:1 ein weiterer Sieg für die Borussen! Und das gegen eine Hamburger Mannschaft, die sich zuvor mit drei Siegen in Serie (4:2 beim VfB Stuttgart, 4:1 gegen Hertha BSC, 2:1 bei Hannover 96) vor dem Heimspiel gegen die Borussia klammheimlich bis auf einen Zähler an die Tabellenspitze (mit Werder Bremen und dem 1. FC Köln) herangepirscht hatte. Aber schon im Programmheft „HSV-Post“ schwante den Hansestädtern wenig Gutes, spricht man doch von Borussia als „einer Mannschaft, die dem HSV ziemlich im Magen liegt: Am 12. September des vergangenen Jahres, als die Hamburger auf dem Neunkircher Ellenfeld zwei Punkte holen wollten, war das Endergebnis ein 1:3-Niederlage und ein Platzverweis für Jürgen Kurbjuhn. Die HSV-Mannschaft bot in den 90 Minuten einen ausgesprochen mäßigen Fußball“, heißt es dort, wo dann auch noch an die Begegnungen in der Endrunde um die deutsche Meisterschaft erinnert wird. Auch wenn „es  bislang keine rühmlichen Taten waren, die Borussia Neunkirchen auf den Plätzen der Gegner in der Bundesliga bislang vollbrachte“, warnt die „HSV-Post“ vor der Borussia, denn es sei „gefährlich, die Mannschaft aufgrund dieser Ergebnisse einzuschätzen. Sie wird von Horst Buhtz, einem ausgezeichneten Trainer, der aus Magdeburg stammt, über Kickers Offenbach, VfB Mühlburg (heute Karlsruher SC) zum italienischen Proficlub Juventus Turin ging, über Schweizer Stationen nach Deutschland zurückkehrte, bestimmt defensiv eingestellt. Kirsch ist ein glänzender Torhüter, die Deckung ausgesprochen solide, und aus dem Angriff wird Elmar May am meisten gefürchtet. Weil jedoch allen klar ist, was auf dem Spiel steht, dass gegen Mannschaften wie Borussia Neunkirchen keine Punkte verschenkt werden dürfen, wenn man eine Rolle spielen möchte, ist der Tip einer Revanche für das 1:3 in Neunkirchen kaum gewagt“, formuliert Autor Jupp Wolff die Erwartungen an die Partie.

Kampfszene im Borussen-Strafraum (oben), Günter Schröder kommt zu spät (unten). (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)

Und er sollte gleich mehrfach Recht behalten. Natürlich ließ Horst Buhtz sein Jungs aus einer kompakten Defensive heraus operieren, doch mit zwei überfallartig vorgetragenen Angriffen überrumpelten die Borussen nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Johannes Malka aus Herten ihren Gastgeber in der Anfangsviertelstunde gleich zweimal (12./15. Minute). Zweifacher Torschütze: Der von Jupp Wolff hochgelobte und gleichzeitig gefürchtete Elmar May, der regelrecht zum Schreckgespenst des HSV avancierte und mit der frühen Führung den Grundstein für den ersten Borussen-Sieg in fremden Gefilden legte. Denn im weiteren Spielverlauf agierte auch die angepriesene „solide Deckung“ vor dem „glänzenden Torhüter“ Horst Kirsch sicher. Mehr als den Anschlusstreffer durch Heiko Kurth nach knapp einer Stunde ließ sie nicht mehr zu. So bescherten die Borussen dem HSV, der zuvor lediglich gegen Neunkirchens Namensvetter aus Dortmund zuhause verloren hatte (1:4), die zweite Heimniederlage. Entsprechend lang waren die Gesichter bei den 30.000 Fans.

Das Programm zum Spiel am 23. Januar 1965: Die „HSV-Post“ warnt eindringlich vor dem Gast aus dem Ellenfeld! (Foto: privat)

Mit dem Sieg arbeitete sich die Borussia auf Platz 12 vor (16:22-Punkte) und konnte Schalke 04, Eintracht Braunschweig, Hertha BSC (alle 15:23) und den Karlsruher SC (13:25) hinter sich lassen. Sich auf den Lorbeeren von Hamburg auszuruhen war dennoch nicht angebracht, denn die Clubs lagen ganz eng beeinander – selbst bis zum Tabelensiebten Borussa Dortmund betrug der Abstand auch nur 4 Zähler!

Trainer Horst Buhtz hatte in Volksparkstadion folgender Elf das Vertrauen geschenkt:

Horst Kirsch, Erich Leist, Dieter Schock, Hennes Schreier, Günter Schröder, Erwin Glod, Dieter Harig, Achim Melcher, Horst Berg, Günther Heiden, Elmar May.

Der HSV spielte unter Trainer Georg Gawliczek mit: Horst Schnoor, Holger Dieckmann, Jürgen Kurbhuhn, Heiko Kurth, Harry Bähre, Horst Dehn, Willi Giesemann, Charly Dörfel, Juhani Peltonen, Andy Mate, Uwe Seeler. (-jf-)

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