Aus Borussias traditionsreicher Historie: Ausgerechnet gegen die Borussen riss die Sieglos-Serie der Tasmanen / Aufstiegskrimi 1964 bleibt bis heute unvergessen
Unser Bild: Auf Schultern trugen sie die Sieger über Tasmania im Juni 1964 vom Platz: Karl Ringel (li.) und Elmar May, der mit seinem Tor zum 1:0 die Tür zur Bundesliga weit aufstieß, waren in dieser Szene die gefeierten Helden. (Foto: Mythos Ellenfeld – 100 Jahre Borussia Neunkirchen)
Zuletzt waren sie wieder in aller Munde. Mit zehn Punkten abgeschlagen Letzter der ewigen Bundesligatabelle, nur 15 Tore in 34 Spielen, mit 31 sieglosen Partien hintereinander Rekordhalter. Diese Horror-Serie war jetzt in Gefahr, hat aber dank des Sieges von Schalke „40“ am vergangenen Wochenende gegen die TSG Hoffenheim nach wie vor Bestand. Tasmania Berlin – Inbegriff des fußballerischen Scheiterns? Das sieht Almir Numic etwas anders. Der Unternehmer, der im Mai 2020 neuer Vorstandschef des Clubs aus dem Bezirk Neukölln geworden ist, versteht die Tasmania aus der Spielzeit 1965/66 als wichtigen Marketing Faktor, als „enorme Gratis-Werbung“, wie er in einem Beitrag des „Kicker“ sagte. Und er hat große Pläne: „Wir wollen wieder zu den Topvereinen in Berlin gehören!“ Tasmania führt derzeit die Tabelle der Oberliga NFVO-Nord an, hat nach wie vor eine treue Fan-Gemeinde, die den Schalkern am Samstag kräftig die Daumen drückte und auf zahlreichen facebook- und Twitter-Botschaften den Sieg der Knappen begeistert feierte.
Dass es ausgerechnet die Borussen aus Neunkirchen waren, die für das Ende der historischen Sieglos-Serie der Tasmanen sorgten, ist allerdings den wenigsten bewusst. Mit dem 2:1 gegen Borussia feierten die Berliner am vorletzten Spieltag ihren zweiten Saisonsieg. Den ersten hatte man gleich zum Auftakt beim 2:0 gegen den Karlsruher SC eingefahren – vor über 80.000 Zuschauern! Größer konnte der Kontrast zur Partie gegen die Borussen kaum sein, als sich nur noch knapp 2000 Fans auf den gähnend leeren Rängen des Olympia-Stadions verloren.
Die sahen zu Beginn eine erfolgsorientierte Borussia, die nach einer vorangegangenen 0:2-Niederlage bei Schalke 04 unbedingt gewinnen musste, um noch eine Chance auf den Klassenerhalt zu haben. Gleich in der Anfangsviertelstunde vergaben Werner Görts und Günter Kuntz gute Torchancen zur Führung. Dann wurde Tasmania in einem von Unmengen von Fehlpässen geprägten Spiel etwas stärker und kam prompt zum 1:0: Neumanns Einwurf hatte Rosenfeldt nicht unter Kontrolle bekommen, doch Lothar Zeh preschte energisch dazwischen und wuchtete das Leder resolut in die Maschen von Torhüter Horst Kirsch. Tasmania blieb am Drücker, ehe ein unnötiges Handspiel von Volker Becker Günter Kuntz die Chance zum Ausgleich bot: Der Borussen-Stürmer ließ sich diese nicht entgehen und verwandelte den Strafstoß sicher (37.).
Auch nach dem Seitenwechsel, so berichten es die Zeitungen, erreichte die Partie in keiner Phase Bundesliga-Niveau. Nur zwei Torannäherungen sind zu notieren: Lothar Zeh versagte alleinstehend vor Horst Kirsch und schoss hoch über den Kasten, auf der Gegenseite verfehlte ein Geschoss von Melcher das Tor knapp. Es dauerte bis zur 83. Minute, ehe Wolfgang Neumann für die Gastgeber aus dem Gewühl heraus zum 2:1 traf. Borussia warf jetzt noch einmal alles nach vorne, doch zu einem Treffer reichten die Bemühungen nicht mehr. Jetzt stand fest: Die Borussen mussten Tasmania in die Regionalliga begleiten, der 1:0-Sieg am letzten Spieltag gegen den Karlsruher SC kam zu spät. Für die Tasmanen war es ein versöhnlicher Saisonausgleich im Olympia-Stadion. Der damalige Kapitän Hans-Günter Becker, heute 82, erinnert sich: „Da haben wir voller Ironie gesagt: Der Knoten ist geplatzt, jetzt rollen wir das Feld von hinten auf!“
Das Hinspiel hatte Borussia im Dezember 1965 im Ellenfeld noch mit 3:1 gewonnen, war dabei aber lange Zeit von der Rolle. Nach der frühen Führung durch einen von Elmar May verwandelten Foulelfmeter (9.) verzettelten sich die Borussen immer mehr, die Berliner, bestens dirigiert von Nationalspieler Horst Szymaniak, gewannen die Oberhand und glichen durch Lothar Zeh (28.) verdientermaßen aus. Nur mit viel Glück überstanden die Ellenfelder diese kritische Phase vor der Pause, steigerten sich aber nach dem Wechsel zusehends. Linksaußen Werner Görts bereitete die beiden spielentscheidenden Treffer vor: Zuerst köpfte Jürgen Wingert eine Flanke des blonden Flügelstürmers ein, ehe Simmet im Fallen eine Hereingabe von Görts verwertete.
Überhaupt waren die Tasmanen in den 60er Jahren – trotz ihrer Zugehörigkeit zur Regionalliga Berlin – immer wieder mal Gegner der Borussia. Die Gesamtbilanz fällt dabei zugunsten der Berliner aus. In sieben Spielen stehen für Borussia vier Niederlagen und drei Siege zu Buche. Gewonnen wurde ausschließlich im Ellenfeld, verloren ausschließlich im Olympia-Stadion. Einmal siegte Tasmania im Saarland: Im Rahmen der Endrunde um die deutsche Meisterschaft hieß es in Saarbrücken im Mai 1962 0:1 für die Berliner. Höchster Sieg der Borussen: 10:0 in der Aufstiegsrunde 1972, allein Jürgen Papies schoss fünf Tore, drei weitere steuerte Horst Brand bei, Jürgen Pontes und ein Eigentor von Lothar Groß machten das zweistellige Ergebnis perfekt. Höchste Niederlage. 1:5 am ersten Spieltag der Aufstiegsrunde 1964, da schienen Borussias Bundesliga-Träume schon ausgeträumt. Doch es kam anders: Als beide Mannschaften Ende Juni um Glutofen Ludwigspark in Saarbrücken sich zum Finale wiedertrafen, hieß der Aufsteiger nach hochspannenden 90 Minuten und dem „goldenen Tor“ nach einer Co-Produktion der Ex-Trierer Elmar May und Paul Pidancet bekanntlich Borussia Neunkirchen – 42.000 Fans feierten ihr Team mit überschwänglicher Freude. Ein Für alle, die dabei waren, ein unvergessliches Erlebnis, das die Erinnerungen an Tasmania Berlin für immer in positivem Licht erstrahlen lassen! (-jf-)
Erinnerungen werden wach, was wäre Borussia ohne
die Spieler von der Trierer Eintracht geworden?
Gruß aus *Frakfurt am Main
Werner Bohr
*Von der SGE kam Papies