Trauer um Gerd Schwickert

Der frühere Trainer der Borussia ist im Alter von 73 Jahren gestorben – ein Nachruf

Diese Nachricht macht auch die Borussen-Familie sehr traurig: Gerd Schwickert ist nicht mehr unter uns. Am vergangenen Dienstag ist der frühere Borussen-Trainer im Alter von 73 Jahren aus diesem Leben geschieden. Mit ihm verlässt eine Persönlichkeit die Bühne, die den saarländischen Fußball in den 80er- und 90er-Jahren menschlich und sportlich geprägt hat. Vor allem den FC Homburg verkörperte Gerd Schwickert in den erfolgreichen Zeiten wie kaum ein anderer. Als Spieler stieg er mit den Grün-Weißen in die Bundesliga auf, war darüber hinaus in vielen Funktionen – als Geschäftsführer, Interims- und Cheftrainer – im Waldstadion tätig. Dabei kann er als einer der ganz wenigen in Fußball-Deutschland für sich beanspruchen, den großen FC Bayern sowohl in der Liga (3:1) als auch im Pokal (4:2 im Olympiastadion!) besiegt zu haben.

Begonnen hatte alles im Westerwald, wo der kleine Gerd Schwickert bei seinem Heimatverein SV Hillscheid das Fußball-ABC lernte. Durch herausragende Leistungen konnte er bald auf sich aufmerksam machen und durfte als 18jähriger auf dem Koblenzer Oberwerth im Trikot von TuS Neuendorf seine Profi-Premiere feiern. Über die Stationen SV Alsenborn und Mainz 05 fand Gerd Schwickert seine sportliche Heimat ab 1976 im Saarland, wo er für den FC Homburg sechs Jahre lang als Spieler aktiv war – unterbrochen lediglich durch ein dreijähriges Intermezzo beim SV Neckargerach.

Nach seiner Zeit im Waldstadion führte die Trainerlaufbahn Gerd Schwickert zu Eintracht Trier, zum FC Augburg und zum SV Wehen, ehe er seine Karriere 2004 an der Kaiserlinde in Elversberg ausklingen ließ. Gleich zweimal übernahm der sehr professionell arbeitende Coach als Übungsleiter Verantwortung im Ellenfeld. Auf Initiative des Ehrenpräsidenten Kurt Gluding wurde Gerd Schwickert im Herbst 1988 in höchster Not verpflichtet und übernahm eine Borussen-Mannschaft, die jegliches Selbstbewusstsein verloren hatte und an das Tabellenende der Oberliga (damals 3. Liga) abgerutscht war. Im Zusammenwirken mit dem neuen Präsidium, dem bis dahin jüngsten in der Vereinsgeschichte, gelang es dem neuen Trainer, seine Jungs neu zu motivieren und am Saisonende auf einen nicht mehr erwarteten 8. Tabellenplatz zu führen.

In memoriam Gerd Schwickert (1): Der Coach führte die Borussia 1989 vom Tabellenende auf den 8. Platz, einer seiner Vertrauten im Ellenfeld: Der damals 26jährige Spielausschussvorsitzende Martin Bach (re.). (Fotos: Ellenfeld-Verein / Archiv Borussia Neunkirchen)

Diesen Aufwärtstrend konnte die klug und gezielt verstärkte Mannschaft unter Gerd Schwickert in der nachfolgenden Spielzeit fortsetzen. „Endlich wurde im Ellenfeld wieder schöner Fußball gespielt und mit dem Erfolg kehrten auch die Zuschauer ins Stadion zurück“, heißt es in Borussias Chronik zum 100jährigen Jubiläum. Beim 1:1 gegen den späteren Meister Mainz 05 füllte eine lange nicht mehr gesehene Kulisse von 4500 Fans die Ränge des Ellenfelds. Schon frühzeitig stand die Planung für die kommende Saison unter Chefcoach Gerd Schwickert an, dem dann aber plötzlich das Angebot seines Ex-Clubs FC Homburg ins Haus flatterte, in der nächsten Spielzeit die erneut in die Bundesliga aufgestiegene Mannschaft zu übernehmen – ein Chance, der Schickert einerseits nicht widerstehen und Borussia andererseits keine Steine in den Weg legen wollte. So trennte man sich einvernehmlich. Auf jeden Fall war es Gerd Schwickert gelungen, in seiner Amtszeit die Basis zu legen für die erfolgreiche Arbeit seines Nachfolgers Horst Brand, der die Borussia in der Saison 1990/91 zur Südwestmeisterschaft und in die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga führte.

Dem zweiten Engagement Gerd Schwickerts war ein solcher Erfolg leider nicht mehr beschieden. Als Nachfolger von Guido Mey übernahm der Trainer die Mannschaft auf dem letzten Tabellenplatz der Regionalliga West/Südwest. Mit dem 2:0 gegen den FSV Salmrohr (beide Tore: Markus Kneip) und einem 2:2 im Saarderby gegen den 1. FC Saarbrücken im Ludwigspark gelingen beachtliche Erfolge, doch „hat nach den zahlreichen Spielerabgängen vor der Saison hintenraus einfach die Qualität gefehlt, um die Klasse halten zu können“, erinnert sich Markus Kneip, der vor allem die Professionalität Gerd Schwickerts hervorhebt: „Er hat uns mit seiner großen Expertise zu hundert Prozent auf jedes Spiel vorbereitet, wusste über jeden Gegner genauestens Bescheid. `Geht mit Mut und Begeisterung raus´ – mit diesen Worten hat er seine Kabinenansprachen meist beendet“, erinnert sich der damalige Mittelfeldspieler der Borussen. Auch Thorsten Lahm hat Gerd Schwickert als Trainer erlebt – und das sowohl in Homburg als auch im Ellenfeld: „Ein Typ, der sehr geradeaus war und eine ganz eigene Art hatte, eine Mannschaft zu führen. Man hat viel bei Gerd Schwickert gelernt, er war auch menschlich total in Ordnung“, berichtet Borussias derzeitiger Trainer, der Gerd Schwickert auch später noch hin und wieder beim Einkaufen oder auf Sportplätzen getroffen hat.

In memoriam Gerd Schwickert (2): Impressionen vom Borussen-Trainer im Ellenfeld. (Fotos: Ellenfeld-Verein / Archiv Borussia Neunkirchen)

Denn nach der Trainerkarriere hat der Fußball Gerd Schwickert nicht losgelassen. 1988 hatte er Christian Streich vom SC Freiburg als Spieler nach Homburg gelotst – der Beginn einer freundschaftlichen Beziehung, die bis zum Schluss anhielt, denn für den heutigen Freiburger Chefcoach war Gerd Schwickert bis 2017 als Scout in ganz Europa unterwegs und hielt nach talentierten Spielern Ausschau.

Nun ist das Leben von Gerd Schwickert zu Ende gegangen. Die Borussia blickt mit großer Dankbarkeit zurück – nicht nur auf das, was Gerd Schwickert mit großem Engagement im Ellenfeld bewirkt, sondern auch auf die Dienste, die er dem Fußball im Saarland erwiesen hat. Seiner Familie, seinen Angehörigen, Freunden und allen, die um den Fußballlehrer trauern, seien mit den Worten Dietrich Bonhoeffers aus den vielen schönen Erinnerungen heraus Stärke und Trost gewünscht: „Trauer heißt: Nicht lautes Klagen. Trauer heißt: Liebevolles Erinnern. Das Leben ist begrenzt, doch unendlich die Erinnerung. Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.“ Ruhe in Frieden, Gerd Schwickert! (-jf-)

5 Kommentare

  1. Der Tod eines Menschen ist zwar eine unausweichliche Station im Leben, doch macht sie einen immer besonders fassungslos, wenn man den verstorbenen Menschen persönlich kennen gelernt hat. So auch in meinem Falle mit Gerd Schwickert, unserem Erfolgstrainer der späten 1980er-Jahre und den frühen 1990er-Jahren. Ich erinnere mich sehr gerne an ein sehr ausgiebiges Interview, das ich mit ihm in den Räumen der Borussia-Geschäftsstelle geführt habe. Zuerst ist mir seine Ankunft am Ellenfeld noch lebendig vor Augen, als er mit seinem weißen sportiven Porsche im hohen Tempo den Mantes-la ville-Platz passierte, sodass ich schon fast Angst haben musste, er touchiert die Immobilie Ellenfeld-Stadion. Schon diese Situation beschreibt die sehr dynamische Art und Weise von Gerd Schwickert.
    Mit den Worten „Ach, sie sind das“ ist er mir dann erstmals geplant persönlich begegnet, also hatte er mich schon vorher im Umfeld der Borussia registriert. In diesem Interview nahm er sich doch außergewöhnlich viel Zeit, um mir umfassende Einblicke in seine zwei Amtszeiten rund ums Ellenfeld zu geben. Die Gesprächsatmosphäre, die damals dort geherrscht hat, empfinde ich noch heute als sehr intensiv und aufschlussreich. Ich danke Gerd Schwickert bis heute für dieses ausführliche Zwei-Augen-Gespräch!
    Leider waren seine zwei Amtszeiten im Ellenfeld von sehr unterschiedlichen Erfolgen geprägt. Seine erste, die überhaupt erst Dank unseres Ehrenpräsidenten Kurt Gluding zustande kam, war zunächst von eine riesigen Aussichtslosigkeit geprägt, die Mannschaft stand recht abgeschlagen auf einem Abstiegsplatz. Doch er formte eine Mannschaft und eine Spielweise, die so erfolgreich schon in seiner ersten Spielzeit wurde, dass am Saisonende ein einstelliger Tabellenplatz und die Stellung als bester Saarverein verzeichnet werden durfte. Dabei erinnere ich mich noch sehr gut an die Feierorgien im Ellenfeld-Stadion, als sei man Meister der Amateur Oberliga Südwest geworden. Ein toller, mutiger und attraktiver Angriffsfußball wurde zelebriert, große Hilfe dabei waren die Verpflichtungen von Achim Therre und ins besondere Gerald „Gerry“ Klein vom Ligarivalen SC. Birkenfeld. Gerald Klein als Libero(als es den noch gab) war entscheidender Organisator von hinten raus, der immer wieder wichtige Impulse dem Offensivspiel verlieh und mit traumhaften Kopfballtreffern dank seiner Köpergröße von sich reden machte. Ich habe sie bis heute vor Augen!
    Mit weiteren sehr guten Verstärkungen und weiter unter Gerd Schwickert gelang mit der gleichen Art Fußball spiele zu lassen schon am Ende der Saison der tolle dritte Tabellenplatz. Im Saarlandpokal erreichte die Mannschaft dann das Maximum, denn der Pokal wanderte dieses Mal wieder ins Ellenfeld-Stadion. Leider saß Gerd Schwickert beim Endspiel schon nicht mehr auf der Borussen-Bank, der FC08 Homburg hatte ihn an seine vertraglichen Pflichten erinnert, er war für diese ganze Amtszeit im Ellenfeld von den Ostsaarländern ohnehin nur freigestellt. Ich empfinde bis heute eine große Dankbarkeit gegenüber Kurt Gluding, dass er diese Idee mit Gerd Schwickert geboren hatte und natürlich auch gegenüber Gerd Schwickert, der eine von seinem ersten Amtstag an nicht für möglich gehaltene Entwicklung realisiert hat.
    Seine zweite Amtszeit im Ellenfeld, verbunden mit großer Hoffnung, verlief leider nicht erfolgreich. Die gut gemeinte Absicht von Martin Bach und Co. Gerd Schwickerts tolle erste Amtszeit von 1988-1990 in die Saison 1995/1996 übertragen zu wollen, schlug fehl.
    Wie so oft, wie auch bei vielen anderen Vereinen, steht am Ende die Konstatierung, dass ein Trainer möglichst kein zweites Mal zu jenem Verein zurückkehren sollte, bei dem er in seiner ersten Amtsleitung äußerst erfolgreich gewirkt hat, die Messlatte liegt einfach vielfach zu hoch, und die Mannschaft und Allgemeinsituation ist dann auch nicht mehr identisch.
    In den vielen Jahren bis heute ist vor allem die erste Phase unter Gerd Schwickert immer wieder beliebtes Gesprächsthema, die Spieler, die wir hatten und die Spielweise im Ellenfeld und auch bei den Auswärtsspielen war schon „Marke Fußball 2000“, das stammt übrigens nicht von mir, sondern von Gerhard Seiler, unserem tollen Karikaturisten von den Stadionmagazinen „Blick ins Ellenfeld“ und „Treffpunkt Ellenfeld“.
    Dass Gerd Schwickert nun nicht mehr unter uns ist, ist eine sehr traurige Neuigkeit. Aber bei solchen Anlässen wie diesen kann man sich immer wieder damit trösten, was Edgar Froese von der berühmten deutschen Musikformation Tangerine Dream zu Lebzeiten einmal sagte: Es gibt eigentlich gar keinen Tod, es gibt nur einen Wechsel auf der kosmischen Adresse.
    Ich wünsche nun jedenfalls Familie Schwickert viel Kraft und wünsche Gerd Schwickert nun einen angenehmen Aufenthalt in seiner neuen Sphäre an seiner neuen kosmischen Adresse. Ich und sicherlich die gesamte Borussen-Familie behalten Gerd Schwickert immer in sehr guter Erinnerung, die sehr viel Dankbarkeit beinhaltet.
    Craig-Maikel Kunz( ehemaliger Redakteur „Blick ins Ellenfeld“, „Treffpunkt Ellenfeld“ und „Borussia-Online“ sowie Mitarbeiter Archivgruppe Borussia Neunkirchen)

    • Korrektur!
      Im zweiten Abschnitt meines Beitrages schrieb ich von einem Zwei-Augen-Gespräch, natürlich ist es ein Vier-Augen-Gespräch gewesen!
      Craig-Maikel Kunz( ehemaliger Redakteur „Blick ins Ellenfeld“, „Treffpunkt Ellenfeld“ und „Borussia-Online“ sowie Mitarbeiter Archivgruppe Borussia Neunkirchen)

  2. Danke Gerd,

    dafür, dass ich zwei Spielzeiten von Dir trainiert werden und eine erfolgreiche Zeit als Spieler erleben durfte.
    Als Du gekommen bist standen wir mit 2:8 Punkten am Ende der Tabelle.
    Nachdem Du dich bei uns vorgestellt und uns deine Vorstellung vom Fußball mitgeteilt hattest gingen wir raus zum Training und wussten, dass wir einen tollen Trainer bekamen und mit Sicherheit nicht absteigen werden.
    Gerd war ein überragender Trainer und ohne jemanden zu nahe treten zu wollen, mit Abstand der Beste, den ich in den vielen Jahren Borussia hatte.
    Ehrlich und gradlinig manchmal etwas stur, aber immer wissend was zu tun ist und überaus fair.
    Seine Anwesenheit war absolut motivierend für uns.
    Mach’s gut Gerd, für mich persönlich bist Du zehn Jahre zu spät zur Borussia gekommen.

    Danke für alles

    Uwe Grub

    • Lieber Uwe!
      Deinem Kommentar ist von meiner Seite nichts hinzuzufügen. Bei der Borussia und später nochmal in Trier der beste Trainer, den ich je hatte.

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