Eine ganz andere Borussia

Mit 3:0 gelingt der erste Saarlandliga-Sieg in Quierschied / Nico Christmann, Sayfedine El Khadem und Niklas Backes die Torschützen

Bild mit Symbolgehalt: Ein ganz anderer Spirit zeigte sich nicht nur in dieser Szene (mit Johannes Reichrath und Dominik Jost am Boden) – sowohl auf dem Rasen als auch auf der Borussen-Bank (im Hintergrund). (Foto: -jf-)

Louis Cupelli brachte es nach dem Spiel auf den Punkt: „Philippe Persch hat uns vier Punkte genannt: Erstens: Herz! Zweitens: Kopf! Drittens: Technik! Viertens: Taktik! Wenn Nummer drei und vier nicht funktionieren, dann habt ihr immer noch eins und zwei, hat er gesagt. Und diese Richtschnur unseres Trainers haben wir heute perfekt auf den Platz gebracht“, bilanzierte Borussias Stürmer, nicht nur wegen seines 80minütigen Einsatzes auf dem Platz, sondern auch des engagierten Mitfieberns danach auf der Bank etwas ausgepumpt, nach den 95 Minuten bei der Spvgg Quierschied. Mit 3:0 feierten die Borussen ihren ersten Saarlandliga-Sieg am Franzenhaus, im Saarlandpokal war man vorher schon zweimal erfolgreich gewesen. War das jetzt der Turn-around? Louis Cupell jedenfalls glaubt daran: „Wir haben als Kollektiv ein Super-Spiel gemacht, haben gekämpft wie die Löwen, viel Energie und Emotion auf den Platz gebracht und uns als Einheit präsentiert. Damit kannst du gegen jeden Gegner bestehen. Die individuelle Qualität haben wir ohnehin in der Mannschaft.“ Davon konnte sich auch das neue Trainerteam um Jan Berger und Jörg Backes vor Ort überzeugen.

Spürbare Erleichterung: Fast erdrückt von den Fans wurde Sayfedine El Khadem nach seinem Treffer zum wichtigen 0:2 kurz nach der Pause. (Foto: -jf-)

In der Tat rieben sich die zahlreichen mitgereisten Borussen-Fans von Beginn an die Augen: „Ist das wirklich unsere Mannschaft, die beim 0:0 gegen Saar 05 so enttäuscht hat?“ Ihre Jungs präsentierten sich nämlich gegenüber dem Spiel vom letzten Freitag wie ausgewechselt: Bissiges Zweikampfverhalten, aggressives Anlaufen, viele Flanken- und Positionswechsel, Raum greifende Diagonalpässe, Gewinn der sogenannten „zweiten Bälle“ – all das, was man gegen Saar 05 so schmerzlich vermisst hatte, war in Quierschied von der ersten Minute an zu sehen. „Neunkirchen kaufte uns in den ersten 30 Minuten den Schneid ab“, ist in der Kurzanalyse auf der facebook-Seite der Spvgg Quierschied zu lesen. Das trifft die Sache ziemlich gut.

Denn die Borussia dominierte die Anfangsphase deutlich. Gewiss kein Zufall, dass ausgerechnet Nico Christmann nach 10 Minuten für den ersten Abschluss verantwortlich zeigte: Borussias Nummer 6 traf aber das Leder nicht richtig, das dann am Tor vorbei ging. Ein paar Minuten später hatte der auffällig agierende Mittelfeldspieler nach einem sehenswerten Spielzug über die linke Seite mehr Zielwasser getrunken: Tim Braun setzte mit einem Außenrist-Pass Nico Purket in Szene, der in den Rückraum ablegte, wo Nico Christmann zur Stelle war und den Ball humorlos ins Netz schickte (14.). „Da hat einfach alles gepasst: Die Laufwege, das Zuspiel in die Tiefe, die Hereingabe und der Abschluss. Genau das haben wir im Training noch geübt, es hat sich ausgezahlt“, strahlte Louis Cupelli beim Rückblick auf die Szene. Anschließend hätten die Borussen das Ergebnis im Zwei-Minuten-Takt noch erhöhen können: Zunächst scheiterte Tim Cullmann an Quierschieds Keeper Wüschner, der um Sekundenbruchteile vor ihm am Ball war und abwehren konnte (16.), dann verfehlte Sayfedine El Khadem mit wuchtigem Schuss das Toreck nur um Haaresbreite(18.), ehe Wüschner sich im Hechtsprung ganz schön strecken musste, um ein Geschoss von Nico Christmann zu entschärfen (20.).

Nico Christmann belohnt sich für eine starke Leistung, trifft zum 1:0 (oben) und darf sich anschließend zurecht mit Alexander Schmieden (li.) und nach der Partie mit seinem Vater Steffen über sein erstes Saisontor freuen (unten). (Fotos: -jf-)

Torgefahr im Borussen-Strafraum war erstmals nach 25 Minuten zu verzeichnen, als das Leder nach einer Hereingabe von Luca Lambert mit vereinten Kräften geklärt werden konnte. Quierschied wurde jetzt stärker, und wenig später (28.) verfehlten Henri Dorst und Luca Lambert im Duell mit Tim Braun per Kopf den Ball nur knapp. Auf der anderen Seite verpasste der aufgerückte Lukas Hoffmann nach einer Ecke von Tim Cullmann mit einem Kopfball nur Zentimeter über das Tor das 0:2 (37.). Gemessen an Ballbesitz, Spielanteilen und Torchancen gingen die Borussen mit einem verdienten Vorsprung in die Kabinen.

Und kamen hellwach aus ihnen wieder heraus.  Zwar hatten die Gastgeber nach Lars Brückners Freistoß aus halbrechter Position durch Luca Lamberts Kopfball die erste Gelegenheit (48.), doch kurz danach klingelte es nach turbulenter Situation zum zweiten Mal im Quierschieder Gehäuse. Torwart Wüschner konnte Sayfedine El Khadems Abschluss von links nur abklatschen, machte sich aber beim Nachschuss von Louis Cupelli ganz breit, um den Einschlag zu verhindern. Auf der rechten Seite nahm Christoph Stemmler dann das abgewehrte Leder auf – seine butterweiche Flanke nickte Sayfedine El Khadem, der am langen Eck die Position gehalten hatte, ins Netz ein. Ein wichtiges Tor zu einem ganz wichtigen Zeitpunkt!

Denn nach gut einer Stunde übernahmen die Gastgeber jetzt zunehmend das Kommando. Eine Schlüsselszene ganz sicher die 66. Minute, als sich Lukas Grünbeck aus dem Hinterhalt ein Herz fasste und nur das Lattenkreuz einen Torerfolg verhinderte. „Wenn der Ball in dieser Phase, in der wir am Drücker waren, reingeht, können wir dem Spiel vielleicht noch einmal eine Wende geben“, bedauerte Quierschieds Coach Thomas Bettinger im Rückblick. Womit er sicher nicht Unrecht hatte, denn anschließend boten sich erneut Lukas Grünbeck (67.), Fabio Klyk (71.) und Lars Brückner (71. / 74.) gute Gelegenheiten. Der Anschlusstreffer lag auch nach 76 Minuten in der Luft: Sebastian Kelm im Borussen-Tor musste Kopf und Kragen riskieren, um gegen Philipp-Marco Wunn die Oberhand zu gewinnen. „Ihr müsst sie jagen“, trieb Philippe Persch seine Schützlinge von außen immer wieder an. Hier zeigte sich bei den Borussen der wieder erwachte Teamgeist: Die Jungs auf dem Platz feuerten sich gegenseitig an, feierten gemeinsam mit der Bank jeden gewonnenen Zweikampf wie ein Tor. Das vom Interimscoach angesprochene Borussen-Herz schlug jetzt im Voll-Takt – fünf gelbe Karten und zwei Zeitstrafen sind ein unübersehbares Zeichen für entschlossene Gegenwehr!

Die Entscheidung in vier Phasen: Dominik Jost gewinnt das Kopfballduell mit Tiziano Pompa …,

… Niklas Backes stoppt die Vorlage mit der Brust …,

… netzt mit dem rechten Fuß aus etwa 10 Metern ein

… und dreht jubelnd ab. (Fotos: -jf-)

Und die Männer aus dem Ellenfeld schlugen nach gut 80 Minuten nach gelungenem Zusammenspiel zweier eingewechselter Akteure erbarmungslos zu. Nachdem Niklas Backes schon ein paar Minuten zuvor, in aussichtsreiche Position gebracht, nach links abgedrängt und damit am Abschluss gehindert worden war, machte es Borussias Nummer 14 jetzt besser. Ausgangspunkt war Lukas Hoffmanns weiter Schlag aus der Defensive, Dominik Jost behielt im Kopfball-Duell gegen Tiziano Pompa die Lufthoheit, Niklas Backes nahm das Leder auf und schlenzte es nach ein paar Schritten cool unten rechts, unhaltbar für Wüschner, ins Quierschieder Netz. Damit war der Deckel drauf, denn die Truppe von Thomas Bettinger konnte trotz allen Bemühens auch den nach zwei Zeitstrafen für Alexander Schmieden und Niklas Backes sowie der roten Karte für Luca Lambert (nach Notbremse gegen den durchgebrochenen Sebastian Cullmann) frei gewordenen Platz nicht mehr für einen eigenen Treffer nutzen. So sprach denn auch Quierschieds Coach anschließend von einem „verdienten Neunkircher Sieg“, auch wenn er nach der Partie im Gespräch mit Schiedsrichter Thomas Haab noch Klärungsbedarf zu einigen Szenen sah.

Die Borussen feierten indes mit dem eigenen Anhang den ersten Auswärtssieg der Saison, während Philippe Persch, a là Franz Beckenbauer nach dem WM-Gewinn 1990 in Rom, den Erfolg eher im Stillen genoss. Doch er darf für sich in Anspruch nehmen, der wohl bislang beste Interimscoach der Borussia zu sein. Bereits im Saisonfinale 2022/23 hatte er, nach dem Ausscheiden von Thorsten Lahm, das Szepter übernommen und mit seiner Mannschaft sechs Spiele hintereinander „zu null“ gewonnen. Das 3:0 in Quierschied ist Nummer 7! Und das mit einer an sich ganz simplen Botschaft: Erstens: Herz! Zweitens: Kopf! Drittens: Technik! Viertens: Taktik! Das Entscheidende am Franzenhaus war das Herz – und damit konnten die Borussen, mindestens genauso wichtig wie die drei Punkte – auch das Herz ihres Anhangs wieder gewinnen. (-jf-)

Statistik: Spvgg Quierschied – Borussia 0:3 (0:2)

Borussia: Sebastian Kelm – Tim Braun, Tim Cullmann (ab 46. Niklas Backes), Marco Dahler (C), Lukas Hoffmann, Nico Purket, Christoph Stemmler (ab 80. Stefano Sottosanti), Nico Christmann (ab 68. Ralph Smith), Sayfedine El Khadem (ab 68. Sebastian Cullmann), Alexander Schmieden, Louis Cupelli (ab 80. Dominik Jost). – Trainer: Philippe Persch.

Tore: 0:1 (14.) Nico Christmann, 0:2 (52.) Sayfedine El Khadem, 0:3 (82.) Niklas Backes. – Schiedsrichter: Thomas Haab (STV Urweiler). – Zuschauer: 320. – Gelbe Karten Borussia: Lukas Hoffmann (29.), Louis Cupelli (45.), Sayfedine El Khadem (57.), Christoph Stemmler (74.), Stefano Sottosanti (84.). – Zeitstrafen Borussia: Alexander Schmieden (86.), Niklas Backes (90.+3).

Unsere Bilder zeigen Eindrücke von der beherzten Vorstellung der Borussia bei der Spvgg Quierschied. (Fotos: -jf-)

4 Kommentare

  1. Top, weiter so! Ganz anderes Bild als vergangenen Samstag.

    Die Artkel und Berichte von jf sind einfach exzellent!

    VG aus dem Hochwald

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