Der 2. Mai 1949 ist in Neunkirchen ein ganz normaler Montag, Beginn einer neuen Woche nach dem Mai-Feiertag. Ganz normal? Normal ja, aber nicht ganz. Zumindest nicht für die Familie Henkes am Neunkircher Storchenplatz. Denn dort wird ein Junge geboren, der einmal zu einem außergewöhnlichen Fußballer werden sollte. Heinz-Jürgen Henkes! Für Fans und Freunde ist er meist der „Jupp“, mit seinem „richtigen“ Vornamen Heinz Jürgen findet man ihn nur in Nachschlagewerken und Annalen zur Fußball-Bundesliga. SZ-Redakteur Erich Philippi nennt in seinem Beitrag für die Festschrift „Mythos Ellenfeld“ zum 100jährigen Bestehen der Borussia den Grund: „Den `Jupp´ hat der ehemalige Mittelfeldspieler und Torvorbereiter Henkes vom damaligen Gladbacher Vollblutstürmer Jupp Heynckes geerbt.“ Philippi weiß auch, dass Henkes aufgrund seiner herausragenden spielerischen Fähigkeiten von manchen Fans auch mit „Kaiser“ Franz Beckenbauer in Verbindung gebracht wurde – mit dem Zusatz: „Vom Storchenplatz“. Heute wird der Spielmacher vom Storchenplatz 75 Jahre alt.
Von seinem Elternhaus am selbigen Platz hatte der kleine „Jupp“, der schon als 8jähriger ins schwarz-weiße Borussen-Trikot schlüpfte, nur zwei Kilometer Fußweg ins Ellenfeld zurückzulegen. 1968, als sich die Borussia aus der Bundesliga verabschiedete, erhielt er seinen ersten Vertrag. Drei Jahre lang versuchte Henkes, mit seiner Borussia in 49 Spielen (15 Tore) wieder die Rückkehr in die „Bel etage“ des deutschen Fußballs zu ermöglichen – vergebens! Nach Platz fünf und vier gelang zwar 1971 der Titelgewinn in der Regionalliga Südwest (damals 2. Liga), doch in der Aufstiegsrunde waren die Träume – trotz des legendären 1:0-Heimsiegs zu Beginn der Runde vor 30.000 Fans im Ellenfeld gegen Südmeister 1. FC Nürnberg – zu Ende. Nicht aber die Träume des jungen Mittelfeldregisseurs: Der war nämlich mittlerweile längst zu einer zentralen Figur im Spiel der Borussia geworden und so auch in den Fokus anderer Clubs geraten. Trainer Dietrich Weise holte ihn zum FCK auf den Betzenberg. 16 Bundesliga-Einsätze waren es im ersten Jahr, nur noch drei im zweiten. „Weise wollte mich unbedingt haben, hat mich dann aber kaum noch aufgestellt“, erinnert sich Henkes an die Zeit bei den Roten Teufeln.
Der Kapitän geht voran – ob im Kopfball-Training (vorne) …
… im Spiel, wenn es gilt, die Ärmel hochzukrempeln, …
… mit seinem unverkennbar strategischen Blick …
… oder als treffsicherer Torschütze. (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)
Bei seiner Borussia wurde der Heimkehrer im Sommer 1972 mit offenen Armen empfangen. Zehn Jahre lang (1972 – 1982) trug er in 120 Spielen in Regionalliga und 2. Liga wieder den traditionsreichen schwarz-weißen Dress, erzielte 29 Tore. Darunter waren auch drei Zweitliga-Spielzeiten: 1974/75, 1978/79 und 1980/81. „Von den drei Bundesligajahren sprechen noch viele, von den drei Jahren zweite Liga kaum noch jemand“ – Henkes bedauert, dass die ebenfalls erfolgreiche Zeit zu wenig gewürdigt wird. Beim Zweitliga-Einstand der Borussia im August 1974 gehörte der Spielmacher am 15. Mai 1981 ebenso zu den Torschützen wie bei seiner Abschiedsvorstellung am 15. Mai 1981: Beim 3:3 gegen die Spvgg Fürth lagen die Borussen schon 0:3 zurück, Henkes trug dazu bei, dass noch ein Punkt gerettet wurde (3:3).
Seine zweite Karriere begann der technisch versierte Fußballer dann als Spielertrainer der zweiten Mannschaft der Borussia, trainierte später den FV Eppelborn, Palatia Limbach, den SC Friedrichsthal, FC Neuweiler und FC Kleinblittersdorf. Nach weiteren Stationen als Übungsleiter bei Türkiyem Sulzbach und SC Ay Yildiz in Völklingen, wo er die deutsch-türkische Freundschaft förderte, dann 2007 die erneute Rückkehr ins Ellenfeld, wo ein bis dahin unerfüllter Wunsch wahr wurde: Als Interimscoach blieb das Borussen-Urgestein in acht Oberligaspielen mit seinen Jungs ungeschlagen! 2008 der nächste Erfolg: Aufstieg mit Borussia II in die Saarlandliga – dorthin, wo heute die erste Mannschaft spielt. 2009 die Berufung zum Cheftrainer, doch hier durfte er sich nur fünf Spieltage lang beweisen (ein Sieg, vier Niederlagen), ehe er vom ehemaligen Bundesligaspieler Kurt Knoll abgelöst wurde. Doch Henkes blieb nicht lange untätig, übernahm die DJK Ballweiler-Wecklingen, anschließend den SV Bliesmengen-Bolchen. Dass er dort den Trainerjob übernahm, daran hatte seine Frau offensichtlich großen Anteil: „Sie hat gesagt, ich wäre zu Hause ungenießbar“, kann man noch heute in der „Saarbrücker Zeitung“ (vom 16. September 2011) nachlesen.
Meisterschaften und Aufstiegsrunden: „Jupp“ Henkes erlebte Anfang der 70er-Jahre mit der Borussia erfolgreiche Zeiten! (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)
Heute ist sein Verhältnis zur Borussia leider nicht ungetrübt. Heinz Jürgen Henkes hadert mit Missständen in der Vergangenheit – warum er nicht mehr ins Ellenfeld geht, hat seine Gründe. So hat er die Umstände seiner Entlassung als Trainer 2009 nicht vergessen können. „Klar, wenn du einen Trainervertrag unterschreibst, unterschreibst du immer auch gleich deine Entlassung mit“, war ihm schon bewusst, aber die Art und Weise und mangelnde Kommunikation hat ihn sehr geärgert. Gerne wären er und auch andere Ex-Spieler später auch als Präsident angetreten, „aber wir waren nicht gefragt. Traditionspflege, gerade den alten Spielern gegenüber, die mit Sicherheit auch Verantwortung übernommen hätten, sieht anders aus“, bemängelt der frühere Mittelfeldstratege, der auch an eine mögliche Einbindung eines gewissen Frank Holzer, eines gebürtigen Neunkirchers, erinnert: „Das wurde damals abgebügelt. Sehr schade, denn wir müssten heute über das Ellenfeld gar nicht mehr reden.“
Im altehrwürdigen Stadion war Jupp Henkes schon an der Hand seines Vaters als Fan bei Spielen der Borussia. „Damals waren ringsum noch die Bäume da“, erinnert er sich. Und auch die Stimmung sei grandios gewesen: „Gerade gegen Saarbrücken, Worms oder Pirmasens war die Bude immer voll. Ich habe ja später mit dem FCK vor großen Kulissen gespielt, zum Beispiel 1972 vor 70.000 im Pokalfinale gegen Schalke 04. Selbst da war die Atmosphäre nicht so gut wie bei 30.000 im Ellenfeld. Es wäre ein Jammer, wenn das Stadion nicht mehr da wäre.“ Jupp Henkes ist froh, „dass die Stadiongesellschaft sich um das Thema Ellenfeld so engagiert kümmert. Dieses Stadion ist etwas ganz Besonderes und Erhaltenswertes.“ Dass dies dem „Beckenbauer vom Storchenplatz“ ein ernstes Anliegen ist, spürt man an dem sehr emotionalen Worten am Schluss: „Ganz ehrlich: Ich würde alles darum geben, dort noch einmal als Spieler einlaufen zu dürfen!“ Denn sein Herz hängt nach wie vor an der Borussia. Mit ehemaligen Mitstreitern wie Heinz Histing, Dietmar Conrad, Werner Weiss oder Bernhard Roth trifft er sich regelmäßig beim Kaffee zum geselligen Austausch, auch die Borussia und die an ihr hängenden Erinnerungen sind dann ein Thema. Schließlich sind 14 Jahre seines Lebens, das bedeutet konkret 5110 Tage, mehr als 120.000 Stunden und gar über 7 Millionen Minuten, dem Verein gewidmet!
Deshalb gratuliert die Borussia ihrem „Jupp“ Henkes – verbunden mit großem Respekt und Dank für die vielen engagierten Jahre im Ellenfeld – ganz herzlich zum Ehrentag, wünscht alles Liebe und Gute, Gesundheit, Glück und Zufriedenheit und heute einen tollen Geburtstag im Kreise seiner Liebsten. Auf noch viele Jahre, „Jupp“ Henkes! (-jf-)
Ein Blick ins Fotoalbum weckt weitere schöne Erinnerungen an die erfolgreiche Zeit von „Jupp“ Henkes im Borussia-Trikot. (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)