Bitteres Debakel im Borussen-Duell

Heute vor 60 Jahren: Borussia kommt in Dortmund mit 1:5 unter die Räder – höchste Niederlage in der Bundesliga-Premierensaison / Horst Berg erzielt Ehrentreffer / Starker Horst Kirsch im Tor verhinderte Schlimmeres

Unser Bild: Rettung in höchster Not – Dortmunds Torwart Bernhard Wessel und Libero Rudi Asssauer haben ihre liebe Mühe und Not mit Elmar May, der das Leder nur knapp verfehlt. (Foto: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)

Im Winter 1964/65 steckte die Bundesliga noch in de Kinderschuhen. Eine Winterpause gab es noch nicht, ungeachtet widriger Platzverhältnisse wurde über die Feiertage und den Jahreswechsel durchgespielt. Vor Weihnachten hatten die Borussen sich im Ellenfeld ein beachtliches 1:1 gegen den Tabellenvierten 1. FC Nürnberg erkämpft. Anfang Januar musste der Bundesliga-Aufsteiger zum Borussen-Duell nach Dortmund reisen, wo kurz zuvor am zweiten Weihnachtstag der Winter Einzug gehalten hatte. Drei Tage vor dem Spiel war der Platz im altehrwürdigen Stadion „Rote Erde“ noch mit 14 Zentimetern Schnee bedeckt (Quelle: kachelmannwetter.de), doch dann setzte Tauwetter ein, das für tiefes Geläuf sorgte. Das Leder lief nur sehr schwer und erlaubte den Akteuren in Gelb-schwarz und ganz in Weiß nur selten ein flüssiges Kombinationsspiel.

Entsprechend niederschwellig war das Niveau in den ersten 45 Minuten. „Was kann schon viel dabei herauskommen, wenn beide Mannschaften auf Sicherheit spielen“, analysierte der „Kicker“. Bei den Gastgebern aus dem Ruhrpott war zudem eine gewisse Verunsicherung zu spüren, waren sie doch nach einer 0:2-Niederlage kurz vor Weihnachten beim zweiten Aufsteiger Hannover auf Tabellenplatz 8 zurückgefallen und mussten auf ihren etatmäßigen Keeper, Nationaltorwart Hans Tilkowski, verzichten. Für ihn stand Bernhard Wessel zwischen den Pfosten, der sich nach 15 Minuten auch prompt einen Lapsus erlaubte, doch BVB-Verteidiger Theo Redder klärte einen Kopfball von Günter Heiden auf der Linie und verhinderte somit eine frühe Führung der Ellenfelder. Die 15.000 Fans mussten auf ein Tor bis zur 30. Minute warten. Nachdem Aki Schmidt und Mittelstürmer Franz Brungs zunächst am starken Horst Kirsch gescheitert waren, staubte Timo Konietzka zum 1:0 ab.

Nachdem beide Teams in der trüben Stadionatmosphäre die Seiten gewechselt hatten, gewann die Partie an Tempo. „Die zweite Halbzeit, die unter Flutlicht ausgetragen werden musste, ließ schon mit dem Anstoß eine neue Einstellung erkennen“, berichtet der „Kicker“, der auf Dortmunder Seite feststellte, dass „endlich die langen Pässe in den Rücken der gegnerischen Abwehr ankamen und damit die große Zeit von Wosab und Emmerich begann, die vorher in ihrem eigenen Schatten standen.“ Die Folge: Schon der Minuten nach Wiederanpfiff drückte Aki Schmidt eine Hereingabe von Timo Konietzka zum 2:0 über die Linie. Eine Vorentscheidung?

Einen Schritt zu spät gegen BVB-Torwart Wessel kommen in diesen Szenen Paul Pidancet (oben) und Elmar May (unten). (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)

Noch nicht! Denn Dortmunds Aufschwung war auf einmal wie weggeblasen, als Torwart Wessel einen Abstoß in die Füße von Horst Berg spielte, der den BVB-Keeper umkurvte und zum Anschlusstreffer einschoss (55.). Vor lauter Aufregung gelang den Gastgebern jetzt kaum mehr etwas, die Borussia aus dem Ellenfeld stand dicht vor dem Ausgleich. Für Aufregung sorgte eine ungestüme Offensiv-Attacke von Elmar May gegen Wessel im Kampf um den Ball, doch nachdem der Torhüter in einer kleinen Spielpause verarztet worden war, kehrte wieder Ruhe ein. Erst mit dem 3:1 nach 73 Minute platzte beim BVB der Knoten: Willi Sturm hatte den Treffer mustergültig vorbereitet, nahm sein Herz in beide Hände und startete einen Sturmlauf aus der eigenen Hälfte heraus. Weder Schröder und Leist noch Schreier, Schock und Melcher konnten den Dortmunder Mittelfeldspieler stoppen, seinen abgewehrten Schuss konnte Reinhold Wosab verwerten. Erst jetzt ließen die Schwarz-Gelben, so der „Kicker“, „Erinnerungen an bessere Tage aufblitzen, jetzt funkte es im Angriff. Der Ball lief zeitweilig wie an der Schnur gezogen. Bei einem weniger guten Torwart als Kirsch hätten es mehr Treffer werden können. Aber bedenklich stimmt, dass die Dortmunder erst einen Vorsprung von mindestens zwei Toren benötigten, um Sicherheit auszustrahlen.“

Paul Pidancet (oben) und Günter Heiden (unten) im Kopfball-Kampf mit der BVB-Abwehr. (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)

In der Schlussphase schraubten dann Reinhold Wosab (84.) und Timo Konietzka (86.) das Resultat auf 5:1 in die Höhe. Trainer Hermann Eppenhoff war dennoch „nur mit dem Ergebnis und den letzten 15 Minuten zufrieden.“ Kollege Horst Buhtz war mit den Borussen aus dem Saarland, die sich weit über 70 Minuten hinaus tapfer gewehrt hatten, wieder auf den vorletzten Tabellenplatz abgerutscht, allerdings war die Lage nicht hoffnungslos: Nur zwei Punkte trennten die Mannschaft aus dem Ellenfeld (13:21 Punkte) vom Tabellenzehnten VfB Stuttgart (15:19). Am darauffolgenden Wochenende wartete dann mit dem amtierenden deutschen Meister 1 FC Köln, den die Borussen im beim 3:4 im Hinspiel in Müngersdorf am Rande einer Niederlage hatten, eine hammerharte Aufgabe im Ellenfeld, die jedoch mit Bravour gemeistert wurde. Doch das ist eine andere Geschichte, die wir hier demnächst erzählen! (-jf-)

Statistik: Borussia Dortmund – Borussia Neunkirchen 5:1 (1:0)

BVB: Wessel – Assauer, Cyliax, Redder, Kurrat, Schmidt, Sturm, Brungs, Emmerich, Konietzka, Wosab. – Trainer: Herman Eppenhoff.

Neunkirchen: Kirsch – Leist, Schock, Schreier, Schröder, Harig, Melcher, Pidancet, Berg, Heiden, May. – Trainer: Horst Buhtz.

Tore: 1:0 (30.) Wosab, 2:0 (48.) Schmidt, 2:1 (55.) Berg, 3:1 (73.) Wosab, 4:1 (84.) Wosab, 5:1 (86.) Konietka. – Schiedsrichter: Erwin Sturm (Hannover). – Zuschauer: 15.000 im Stadion Rote Erde.

1 Kommentar

  1. Jo, auf ein Neues. Interessanter Bericht, es war einmal.
    Jo, wünsche dir und allen anderen ein gutes, glückliches und gesundes neues Jahr 2025. Go Borussia Go.

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