Gedanken zum Fest der Hoffnung in schwierigen Zeiten
Die Szene aus dem Evangelium des Lukas kennt nahezu jeder. Die biblische Erzählung von Weihnachten spielt nicht in einem geheizten Wohnzimmer, nicht unter einem festlich geschmückten Baum. Sie passiert in einem armseligen Stall zwischen Futtertrog, Heu und Stroh. Ein mittelloser Zimmermann mit seiner schwangeren Frau, weit weg von zuhause und bis auf die Knochen durchgefroren. Und kurz nach der Geburt wird die Familie um Jesus, Maria und Josef zu Flüchtlingen. Auf den windgepeitschten Hängen der Stadt Bethlehem kauern die Hirten im Dunkeln. Die Hirten – alles andere als ein angesehener gesellschaftlicher Stand. Sie haben ihre Ängste: Unsicherheit um die nächste Mahlzeit; wilde Tiere, die Schafe reißen, die politische Unsicherheit in einer von den Römern besetzten Provinz, die angeordnete Volkszählung, um die ohnehin schon hohen Steuern weiter zu erhöhen. Alles andere als eine Idylle. Doch damit nicht genug. Als sie in der denkwürdigen Nacht ihre Herde hüten, tritt ein Engel auf sie zu – der finstere Nachthimmel reißt urplötzlich auf und erstrahlt in einem hellen gleißenden Licht. Kein Wunder, dass Tiere und Menschen von panischer Furcht gepackt werden.
„Mitten in der Nacht – das ist ein ziemlich gutes Bild für die Angst. Denn in der Nacht passieren Dinge, die wir nicht im Griff haben. Geräusche, die nicht einzuordnen sind, Träume, die uns aufschrecken lassen. In der Nacht verstärkt sich das Gefühl, völlig alleine zu sein, weil die Augen die Dunkelheit nicht durchdringen können und alles, was wir bei Tageslicht unter Kontrolle zu haben meinen, sich fremd und ungreifbar anfühlt“, sagt die evangelische Pfarrerin Barbara Hauck.
Auch heute, in diesen Tagen, herrscht oft Dunkelheit, sind manche Sorgen und Ängste alles andere als weihnachtlich. Da ist jemand krank in der Familie; jemand hat den Job verloren und weiß nicht, wie es weitergeht. Und manche Nachricht aus der Welt bietet eher Weltuntergang als Weihnachten. Dunkle Wolken sind auch über dem Ellenfeld aufgezogen, Angst und schlaflose Nächte haben derzeit manche Borussen: Denn über dem Verein und seinem treuen Anhang schwebt die Insolvenz – wie ein Damokles-Schwert, das mit einem Schlag die Existenz des 120 Jahre alten Traditionsclubs zunichte machen könnte. Eine Bedrohung, der man scheinbar hilflos ausgeliefert ist. Da ist es schwer, nahezu unmöglich, keine Angst zu haben.
Doch Angst ist ein schlechter Ratgeber, sagt man. Mit Angst lassen sich Menschen beherrschen, manipulieren. Angst lähmt, macht hilflos. Alle und besonders die, die Entscheidungen treffen und Weichen stellen müssen: Wie geht es weiter? Was wird kommen? Umso wichtiger ist die Weihnachtsbotschaft: „Fürchtet Euch nicht! Habt keine Angst!“ Einer hat mal nachgezählt: 124 kommen diese Worte in der Bibel vor – offenbar eine zentrale Botschaft. Aber nirgends ist sie so präsent wie an Weihnachten. „Fürchtet Euch nicht!“ Weihnachten in drei Worten, die aber erst der Anfang sind. Denn: „Seht, ich verkünde Euch eine große Freude“, sagt der Engel weiter. Eine kurze Botschaft, aber mit einer langen Geschichte in der Menschheit. Denn seit mehr als 2000 Jahren vertrauen Menschen darauf. Und finden Halt, Zuversicht und Hoffnung, wenn sie vom Kind in der Krippe hören und lesen und sich berühren lassen: Gott wird Mensch.
Hoffnung ist eine Kraft im Dunkeln. Hoffnung entsteht durch das Vertrauen, dass wir nicht alleine sind. Hoffnung gibt Kraft, gegen das drohende Dunkel zu arbeiten. „Hoffnung macht aus unserer Sehnsucht nach einer helleren Welt Tatkraft. Wer hofft, schaut sich in der vom Licht der Weihnacht erhellten Welt um und entdeckt, dass da auch andere sind, die hoffen, Wer hofft, verbündet sich mit anderen Hoffenden“, sagt Christiane Tietz, Kirchenpräsidentin des evangelischen Dekanats Bergstraße. Der Neurowissenschaftler Gerhard Hüther betont, dass es niemals darum gehen könne, Angst um jeden Preis zu unterdrücken, sie zu verbieten, zu vermeiden, zu bekämpfen oder in einem heroischen Akt zu überwinden. Ängste seien geradezu Katalysatoren, Helfer für die Bewältigung von Herausforderungen.
So gilt es auch für die Borussia, in dieser schwierigen Zeit Wege aus der Angst zu finden. Das bedeutet: Ausprobieren, Suchen danach, was möglich, sinnvoll, realistisch und mit den Gegebenheiten vereinbar ist. Da ist keiner der Superheld, der die richtige Lösung weiß. Es braucht manchmal viele Gespräche und viel Vertrauen, damit Risiken und Möglichkeiten abgewogen werden können und sich ein Weg öffnet, der einen nächsten Schritt erlaubt.
Wünschen wir uns allen also in diesem Sinne eine gesegnete Weihnacht: Mit einer großen Portion Hoffnung und Zuversicht. Aber es alleine dabei zu belassen, ist zu wenig. Es gilt – jeder nach seinen Fähigkeiten – mit anzupacken alle, die sich nach Kräften um das Weiterleben des Vereins bemühen, zu unterstützen, sie nicht alleine zu lassen. „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht“, hat der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel einmal gesagt. Deshalb was auch immer kommen mag: „Fürchtet Euch nicht!“ (-jf-)