
Emotionaler Ausflug in die Vergangenheit: Der Bellheimer Regionalliga-Spieler Roland Mayr kehrt 53 Jahre nach seinem Auftritt im Ellenfeld noch einmal in die altehrwürdige Arena zurück
Unser Bild: Roland Mayr (li.) freut sich gemeinsam mit seinem Fußballfreund Sven aus Schifferstadt über die Erinnerungen an sein Gastspiel vor mehr als 50 Jahren im Ellenfeld. (Foto: -jf-)
Der Phönix ist bekanntlich ein mythischer Vogel, der am Ende seines Lebenszyklus verbrennt oder stirbt, um aus dem verwesenden Leib oder aus seiner Asche wieder neu zu erstehen. Verständlich, wenn sich so mancher Fußballverein mit diesem Namen schmückt – in der Hoffnung, aus der Asche, sprich: aus dem, was schon verloren geglaubt ist, in neuem Glanz wieder zu erscheinen. Das werden sie auch im pfälzischen Bellheim 1921 gedacht haben, als sie den dortigen Fußballclub aus der Taufe hoben. In der Tat war der Bellheimer FC Phönix als Mitglied der Regionalliga (damals 2. Liga) lange Zeit eine Hausnummer im südwestdeutschen Fußball. Und spuckte gelegentlich auch den Borussen aus Neunkirchen in die Erfolgssuppe. So zum Beispiel an jenem ersten November-Wochenende 1971, als ein junger Auswechselspieler des FC Phönix namens Behr in Bellheim nach 5 Minuten seine Farben in Führung brachte und damit Borussias Torwartlegende Willi Ertz eine sensationelle Serie vermasselte: Denn gerade noch 5 Minuten fehlten dem langen Schlussmann – dann hätte er 1000 Spielminuten ohne Gegentor hinter sich gebracht! Zwar gewann Borussia am Ende mit 4:1, doch der Rekord war futsch. Auch das Rückspiel im Ellenfeld steht noch im Fokus – eine Partie, an die sich ein anderer Bellheimer nur allzu gut erinnert.
Es ist angerichtet an jenem 27. Spieltag der Regionalliga Südwest im Frühjahr 1972. Die Borussia aus Neunkirchen, souveräner Tabellenführer kann im Heimspiel gegen den FC Phönix Bellheim vorzeitig den Meistertitel perfekt machen. Dessen ist sich auch ein junger Spieler im Bellheimer Trikot bewusst: Roland Mayr. Auch er kann in den 90 Minuten im Ellenfeld nicht verhindern, dass seine Mannschaft aus der Pfalz mit 0:7 untergeht. Trotzdem sichert sich der FC Phönix, der im 50jährigen Jubiläumsjahr 1971 in die Regionalliga aufgestiegen war, am Ende der Saison die Klasse und lässt den VfR Frankenthal und die Spvgg Andernach hinter sich. Am vergangenen Samstag, mehr als 50 Jahre später, kehrte Roland Mayr ins Ellenfeld-Stadion zurück.
Gemeinsam mit seinem guten Fußballfreund Sven aus Schifferstadt und anderen Fußball-Nostalgikern genießt Roland Mayr an diesem sonnigen Sommertag eine von Wolfgang Rausch und Jens Kelm wie immer lebendig präsentierte Führung durch das Ellenfeld-Stadion. Da werden dann auch die sportlichen Erinnerungen wach. Nicht nur an die herbe Niederlage mit Phönix, sondern auch an frühere Fußballkollegen aus der Pfalz, die das Borussia-Trikot getragen haben: „Der Hugo Ulm aus Hagenbach gehörte dazu, er ist schon 1967 von Bellheim nach Neunkirchen gewechselt. Und der Hans Linsenmaier ging damals vom ASV Landau ins Ellenfeld“, weiß Roland Mayr, dem auch der junge Gerd Zewe in Erinnerung geblieben ist. Stimmt! Hugo Ulm bestritt von 1967 bis 1970 74 Spiele für die Borussia, Hans Linsenmaier vom ASV Landau erwies sich von 1966 bis 1968 mit seinen 27 Toren in 57 Spielen als torgefährlicher Stürmer in Neunkirchen, ehe er zum TSV 1860 München und Freiburger FC weiterzog. Eine solche Karriere gelang Roland Mayr nicht, er blieb der Pfalz und dem Fußball treu, trainierte nach der aktiven Karriere u.a. den FSV Offenbach.
Am Ende der Stadionführung dann noch eine kleine Überraschung: Roland Mayr erhält aus den Händen von Wolfgang Rausch einen Zeitungsartikel aus dem Borussen-Archiv vom besagten 0:7 im Ellenfeld. Wie war das damals vor 3.500 Zuschauern? „Toreflut zum Titelgewinn – müheloses 7:0 der Neunkircher Borussen über Phönix Bellheim“, wird da in großen Lettern getitelt. Die sieben Tore bringen den Leistungsunterschied beider Mannschaften zum Ausdruck: „Die Neunkircher erfüllten ihr Soll, schossen die Treffer, die gegen einen derartigen Gegner erzielt werden müssen, darunter das Prachtexemplar von Brand nach Brinsa-Flanke“, heißt es im Spielbericht, laut dem die Gäste aus der Südpfalz wohl nicht gerade ihren besten Tag erwischt hatten: „Mängel in allen Spielbereichen“ und „bereits beim Schlussmann Mendel beginnende Unsicherheiten“ werden dem FC Phönix attestiert, dessen „Angriffshandlungen sich in einem halben Dutzend Versuche, in die Nähe des Neunkircher Strafraums zu gelangen, erschöpften.“ Aufgrund dieser ausgesprochen defensiven Taktik hatte Karl-Heinz „Charly“ Schröder, der Torwart-Legende Willy Ertz vertrat, kaum Gelegenheit, „etwas gegen seine mangelnde Spielpraxis zu tun.

Schlusspunkt eines Sturmlaufs: Mittelstürmer Horst Brand, flankiert von Jürgen Papies (Nr. 13) erzielt per Kopf das 7:0 gegen Bellheims Torwart Mendel.
Doch man spielt halt nur so gut, wie es der Gegner zulässt. Und die Borussen lassen an jenem Tag kaum etwas zu, im Gegenteil: Einige Doppelpässe des kongenialen Offensivduos Papies und Brand, Schleys behende Energie, Hans-Günter Müllers Dribblings, Zewes Übersicht und seine gute Schusstechnik seien die beifallswürdigen Aktionen des Spiels gewesen, so SZ-Autor Max Klein, der von einem „permanenten Sturmlauf“ spricht, zu dem der rasche Erfolg (Dries erzielte bereits in der ersten Spielminute die Führung für Borussia) „nahezu das gesamte Borussenteam ermuntert hat.“ So richtig sturmrief geschossen war die Phönix-Phalanx allerdings erst mit Reiner Brinsas 4:0. Dennoch gab es nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Denig aus Rockenhausen noch keine Blumen, keine Meisterschaftskränze und keine Gesänge: „Das offizielle Fest mit Ehrung der Akteure wird beim Heimspiel gegen den FK Pirmasens nachgeholt, dann sicherlich vor großer Kulisse und vor einem Spiel das als echter Test für die Aufstiegsrunde gelten wird.“
Roland Mayr durchlebt beim Gang über das Spielfeld, beim Besteigen der Spieser Kurve und beim Betreten der Umkleidekabinen so manchen Moment dieses Spiels noch einmal. Über den Spielbericht freut er sich sehr und macht aus seinen Emotionen kein Hehl: „Da sind auch ein paar Tränen in mir aufgestiegen.“ Ein Ausflug in die Vergangenheit, der sich gelohnt hat! Davon zeugen auch Roland Mayrs Worte in einer Feedback-Botschaft ins Ellenfeld: „Liebe Fußballfreunde von Borussia Neunkirchen, ich möchte mich ganz herzlich für die tolle Stadionführung bedanken. Das war für mich sehr interessant, besonders die Räumlichkeiten unter der Tribüne. Danke auch für den Zeitungsbericht zum Spiel Neunkirchen gegen Bellheim nach so langer Zeit! Wünsche der Borussia alles Gute – vielleicht sieht man sich nochmals!“
Der Wunsch der Bellheimer Fußballer, eines Tages doch wieder wie „Phönix aus der Asche“ aufzusteigen, konnte bislang – ähnlich wie im Ellenfeld – nicht in Erfüllung gehen. 1973 stieg man aus der Regionalliga ab, rutschte bis in die Niederungen ab. Immerhin gelang 2025 in der A-Klasse Südpfalz der Titelgewinn und der Sprung in die Bezirksliga Vorderpfalz. Der Anfang vom Aufstieg ist also geschafft – es muss ja nicht gleich bis hoch in die Regionalliga gehen! (-jf-)
Statistik: Borussia – FC Phönix Bellheim 7:0 (2:0)
Borussia: Schröder – Lang, Heß, Martin, Histing, Zewe, Dries (ab 55. Pontes), Papies, Brand, Schley (ab 61. Brinsa), Hans-Günter Müller.
Bellheim: Mendel – Weck, Hoffmann, Haag, Klaußner (ab 77. Settelmeier), Kempf, Fürst, Schirmer, Schuschu, Mayr, Gensheimer.
Tore: 1:0 (1.) Dries, 2:0 (34.) Schley, 3:0 (50.) Brand, 4:0 (69.) Brinsa, 5:0 (72.) Papies (Handelfmeter), 6:0 (83.) Zewe, 7:0 (89.) Brand. – Schiedsrichter. Denig (Rockenhausen). – Zuschauer: 3.500.