Patrick Seidel sagt Borussia „Adios!“

Berufliche Perspektiven locken Borussias Nummer 20 für ein Jahr nach Spanien / Björn Klos: „Menschlich und sportlich ein herber Verlust!“ / Auch in Spanien will Patrick Seidel in einem Verein „mitkicken“

Unser Bild: Neue Heimat Costa Blanca, mit dem Herzen aber immer dem Ellenfeld verbunden: Borussias Außenverteidiger Patrick Seidel. (Foto: -jf-)

Von Jo Frisch

Costa Blanca, weiße Häuser, weiße Strände, weißer Sand. Costa Blanca – seit langen Jahren vor allem wegen des milden mediterranen Klimas ein beliebtes Ferienziel von Touristen aus Europa und der ganzen Welt. Benidorm und Alicante, die bekanntesten Städte an der „weißen Küste“. Auch historisch nicht unbedeutend, denn hier soll der legendäre punische Feldherr Hannibal die Elefanten aus Karthago an Land gebracht haben, mit denen er ein paar Monate später die Römer in Italien überraschte. Nicht weit entfernt La Manga – Trainingsquartier vieler deutscher Erst- und Zweitligisten in der Winter-Vorbereitung. Genau dort, in der Region Valencia, liegt in den kommenden 12 Monaten die Wahlheimat von Patrick Seidel. Schon vor Wochen hatte Borussias Nummer 20 das Angebot seines Arbeitgebers angenommen, in Spanien weitere berufliche Erfahrungen zu sammeln. Beim Heimspiel am Sonntag (Anstoß: 15.30 Uhr) gegen den FC Rastpfuhl ist es nun soweit. Für den gebürtigen Zweibrücker heißt es vorläufig Abschied nehmen vom Ellenfeld: „Adios, Borussia!“

In der 2016 gegründeten Zweibrücker Filiale des mit 14 Standorten europaweit operierenden Transport- und Logistik-Unternehmens J. Carrion (Jahresumsatz 2017: 270 Millionen Euro, 3000 Beschäftigte) arbeitet Patrick Seidel seit zwei Jahren. Nicht umsonst darf der 26jährige jetzt seinen Chefs über die Schulter schauen: Die Filialleitung ist sehr zufrieden mit dem Speditionskaufmann! In Spanien hat Patrick Seidel so „ganz nebenbei“ auch die Chance, seine ohnehin schon guten Englisch- und Spanisch-Kenntnisse für das internationale Geschäft zu perfektionieren. „Eine Gelegenheit, die ich nicht ausschlagen kann, die mir für meine berufliche Zukunft neue Türen öffnet“, fiel Borussias Defensivspieler die Entscheidung nicht schwer, auch wenn ihn die Vorstellung, die Heimat und seine lieb gewonnenen Freunde zurücklassen zu müssen, schon ein wenig ins Grübeln gebracht hatte. „Ich bin halt ein `Zweebrigger Jung´“, sagt er, dem der Pfälzer Wald, aber auch die Borussia und seine Mannschaftskameraden sehr viel bedeuten. All das wird er vermissen. Doch weil er ein offener und allen neuen Herausforderungen gegenüber aufgeschlossener Typ ist, will er das Abenteuer Espana wagen – „gerade jetzt in einer Zeit, in der ich weder familiär, durch Kinder oder durch eine Immobilie gebunden bin.“

Bedeutet der Abschied von Borussia auch den Abschied vom Fußball? „Nicht unbedingt“, so Patrick Seidel, der sich in der neuen Heimat nach einer Mannschaft umschauen will, wo er „zumindest ein bisschen mitkicken kann. Denn Fußball ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Das will ich nicht ein Jahr lang schleifen lassen. Zudem ist es für die Integration sicher gut, Teil eines Teams zu sein“, so lauten seine sportlichen Vorstellungen für die nahe Zukunft. Im Sommer 2017 war Patrick Seidel nach längerer Verletzungspause ins Ellenfeld gekommen – er, der als vielversprechendes Talent diszipliniert und auf den Fußball fokussiert in der Jugend beim 1. FC Kaiserslautern Bundesliga gespielt hat, zum engeren Kreis der Jugendnationalmannschaft gehörte, in Lehrgängen mit Mario Götze und André ter Stegen zusammenspielte und dabei vieles erlebt und gelernt hat. Wer weiß, wo ihn die Karriere hingeführt hätte, wäre er nicht immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen worden?! Verständlich, dass er letztlich auf die berufliche Karte gesetzt hat. Doch als vor 15 Monaten der Anruf von Borussia kam, wollte es Patrick Seidel dann doch noch mal wissen: „Borussia ist ein Traditionsverein. Zudem kannte ich viele Mitspieler bereits, war mit vielen befreundet“ – das sind die ausschlaggebenden Punkte für ihn gewesen, das Trikot nach seiner letzten Station in Wiesbach jetzt im Ellenfeld wieder überzustreifen.

Bereut hat er es bis heute nicht ein einziges Mal. Zwar blieb ihm auch in Neunkirchen zunächst das Verletzungspech treu, doch nach dem Motto „Aufgeben gilt nicht“ arbeitete sich Patrick Seidel wieder heran, startete schließlich durch, wurde zur Stammkraft, die sportlich wie menschlich aus dem Team nicht mehr wegzudenken ist. Aus diesem Grund bereitet der bevorstehende Abschied Trainer Björn Klos einiges Kopfzerbrechen: „Patrick Seidel können wir nicht eins zu eins ersetzen, mit seinem Kopfballspiel, seiner physischen Präsenz, seiner Beidfüßigkeit ist er ein nahezu kompletter Außenverteidiger, den man in dieser Liga so nicht oft findet“, sagt Borussias Übungsleiter, der vom Verlust eines „echten Leistungsträgers“ spricht: „Patrick hat bei uns eine tolle Entwicklung genommen und zeigen können, welches Potential in ihm steckt, wenn er verletzungsfrei bleibt. Zudem ist er auch menschlich ein echter Typ, der dem Team gutgetan hat.“ Dennoch zeigt Björn Klos absolutes Verständnis für seinen Schützling: „Klar, dass er in erster Linie auf die berufliche Perspektive schauen muss.“

Was nimmt Patrick Seidel nach etwas mehr als einem Jahr Borussia, in dem er 29 Spiele bestritt und drei Tore erzielte, mit? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Den unheimlichen Zusammenhalt! Wir sind ein verschworener Haufen, das ist überragend. Da beziehe ich alle im Kernteam mit ein: Trainer, Co-Trainer, Betreuer, Physio, Doc, Sportvorstand. Dass ein Team so zusammenhält, gerade in nicht einfachen Zeiten, habe ich noch nirgendwo erlebt, und ich glaube auch nicht, dass es das in dieser Form oft gibt“, gerät er geradezu ins Schwärmen, auch wenn ihm diese Erfahrung den Abschied sicher nicht leichter macht. Wenn Patrick Seidel jetzt zu seinem Abschiedsspiel ins Ellenfeld einläuft, liegt eine stressige Woche hinter ihm: Montag Training, Dienstag Packen für den Umzug, Mittwoch das erfolgreiche Pokalspiel in Habach, Donnerstag Abschied feiern mit Freunden, Freitag Abschlusstraining, Samstag Geburtstag, Sonntag die Partie gegen Rastpfuhl. Gleich nach den 90 Minuten setzt er sich ins Auto und fährt Richtung Süden: „Adios, Ellenfeld – vamos!“ Der Sonne entgegen, auf zu neuen Ufern. Ohne die Brücken zu den alten Ufern abzubrechen: „Ich hoffe, ich finde Zeit, mal vorbeizuschauen! Es ist ja kein Abschied für immer. Und wenn ich zurückkomme, bin ich immer noch im besten Fußballalter“, sagt er vielversprechend. Borussia dankt Patrick Seidel herzlich für seinen Einsatz und wünscht alles Gute: „Muchas gracias por tu esfuerzo, tu pasión y tu espiritu de equipo! Te deseamos toto lo mejor y buen éxito, Patrick, adios!“

1 Kommentar

  1. Auch ich ziehe den Hut vor Patrick als Mensch und Sportler.Ich wünsch Ihm alles gute und viel Erfolg in Espanol.Bleib wie Du bist und Junge komm bald wieder.Wir werden Dich vermissten. ADIOS PATRICK.

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