„So wie du warst, bleibst du hier!“

Paul Pidancet: Abschied von einem lieben Menschen und einem tollen Fußballer / Ein Nachruf

Wenn der Graf, Frontmann und Songschreiber der Gruppe Unheilig seine sonore Stimme erhebt, dann geht das unter die Haut. „So wie du warst, bleibst du hier“, heißt es in einem Lied. Das gilt in besonderer Weise für Paul Pidancet. Der frühere Bundesligaspieler der Borussia ist nicht mehr unter uns. Wenige Tage vor seinem 85. Geburtstag ist er in seiner Heimatstadt Trier aus dem diesem Leben gegangen. Borussia trauert mit seiner Familie um einen großartigen Sportler und liebenswerten Menschen. „So wie du warst, bleibst du hier. So wie du warst, bleibst du immer bei mir.“ Still und bescheiden, wie er seinen Lebensweg ging, war jetzt auch sein Abschied. Aufhebens um seine Person, im Mittelpunkt stehen – das mochte Paul Pidancet nicht so gerne. Dabei stand er, ob er es nun wollte oder nicht, oft genug im Fokus. Mit dem Songtext von Unheilig schauen wir dankbar zurück auf das Leben und die Karriere von Paul Pidancet.

„Jeder kurze Moment und Augenblick, ich halt ihn in Ehren, ganz egal, wo du bist. Ein ganzes Leben zieht vorbei.“

Das sportliche Leben beginnt schon in ganz jungen Jahren auf den Hartplätzen im Trierer Süden bei der DJK St. Matthias und beim VfL Trier, wo die Karriere des jungen Paul Pidancet ihren Anfang nimmt. Schon bald macht der schnelle und technisch versierte Stürmer – einer, zu dem vor allem die jugendlichen Fußballer damals aufschauen – durch Tore am Fließband den großen Lokalrivalen aus dem Moselstadion auf sich aufmerksam. Für die Eintracht schießt er in 79 Spielen und drei Oberligajahren (1958 – 1961) 26 Tore, ehe ihn die Borussia 1961 ins Ellenfeld lotst. Kurios die Umstände des Wechsels: Mit einem organisierten Urlaub im österreichischen Kärnten gelingt es dem Borussen-Vorstand, den Neuzugang, der eigentlich beim 1. FC Saarbrücken mit mündlicher Zusage im Wort steht, „aus dem Verkehr zu ziehen“. Im nicht-digitalen Zeitalter eine funktionierende Methode! Paul Pidancet wird 1962, gemeinsam mit seinem Mannschaftskameraden Elmar May, dem „blonden Engel“, Südwestmeister und spielt eine starke Endrunde um die deutsche Meisterschaft. 1964 schafft der Vollblutstürmer mit der Borussia dank eines legendären 2:0-Sieges an der Grünwalder Straße beim FC Bayern München den Sprung in die Bundesliga: „Da war ganz Neunkirchen zu klein, alles war auf den Beinen!“ Rang 10 am Ende der Saison 1964/65 ist die bis heute beste Platzierung eines saarländischen Clubs in der bel etage des deutschen Fußballs. Damit verbunden der berufliche Aufstieg: Nach der Verwaltungslehre bei der Stadt Trier öffnet sich im Saarland die Tür zur gehobenen Laufbahn. Vollprofitum hat noch keinen Einzug gehalten im Ellenfeld. „Dem Beruf habe ich immer Priorität eingeräumt. Der Verdienst durch den Fußball war lediglich ein (allerdings ganz gutes) Zubrot zu dem, was man im Job verdiente“, muss Paul Pidancet feststellen.

„Wohin sind die Tage des Glücks? Sie flogen vorbei, ich halt dich fest und schaue zurück. Gedanken zieh´n an mir vorbei.“

Gedanken an eine weniger erfolgreiche zweite Bundesligasaison. Der Teamspirit, der die Mannschaft ein Jahr lang getragen hat, ist verflogen. Borussia steigt ab, Paul Pidancet kehrt in die Heimat zur Eintracht zurück. Dabei hat er Offerten aus Dortmund, Leverkusen und anderen Clubs. „Ich habe mir das irgendwie nicht zugetraut, war zudem mit knapp 29 Jahren nicht mehr der Jüngste“, hat er den Schritt begründet. Auch die Hüfte spielt nicht mehr richtig mit. Fünfmal wird er im Laufe der Jahrzehnte operiert. Doch der Liebe zum Fußball tut das keinen Abbruch. Nach zwei Jahren im Moselstadion zieht es ihn nach Leiwen und zum FSV Salmrohr, wo er viel Positives bewirkt, dann zurück zu den Wurzeln nach Heiligkreuz. Spätere Top-Spieler wie Lothar Leiendecker und Paul Linz formt Paul Pidancet beim VfL Trier und führt den Verein aus dem Trierer Süden in die Rheinlandliga (damals 3. Liga). Neben und nach der Trainerkarriere leistet Paul Pidancet jahrelang als zuverlässiger und sachkompetenter Geschäftsführer dem VfL treue Dienste – ehrenamtlich, versteht sich. Denn dem Leben etwas zurückgeben von dem, was er geschenkt bekam – das ist stets seine Devise.

Dabei ist er nicht von den Schrammen des Lebens verschont geblieben. Seine Frau Helga, mit der er seit 1962 verheiratet war, schenkt ihm zwei Söhne – Frank und Roland. Letzterer ist vor einigen Jahren plötzlich an einem Herzinfarkt verstorben. Ein schwerer Schlag, den das Ehepaar gemeinsam trug. „Wir haben zusammen gelacht, wir haben zusammen geweint“, so Helga Pidancet über die langen Ehejahre. In Neunkircher Zeit muss sie ihren Gatten oft entbehren: „Wenn die Mannschaft vor Heimspielen in Kirkel kaserniert war, haben wir die Männer nur von weitem gesehen und ihnen die Kinder über die Mauer hinweg gezeigt.“ Drei Enkel haben die beiden, alles Jungs zwischen 15 und 18 Jahren. Zwei davon spielen Fußball, aber ohne größere Ambitionen. Dennoch sind sie stolz, wenn sie in Freundeskreisen erzählen, dass der Opa Bundesliga gespielt hat. Die fünf Jahre im Ellenfeld bezeichnet er als „wunderbare Jahre, die Atmosphäre im Verein war sehr familiär, da konnte man sich richtig wohlfühlen!“

„So wie du warst, bleibst du hier. So wie du warst, bleibst du immer bei mir.“

Bodenständig, oft unscheinbar, sich immer seiner Wurzeln bewusst, kein Einzelgänger, sondern ein echter Teamplayer, lebensfroh und lustig, auch einer Skatrunde oder einem Bierchen in geselliger Runde nicht abgeneigt – viele Facetten des Menschen Paul Pidancet. Gerne hat er sich immer wieder an pragmatische Ankündigungen seines Übungsleiters Adi Preißler („Mein bester Trainer!“) erinnert: „Heute zieht ihr um die Häuser. Ich komme mit!“ „Einfach ein lieber Mensch und ein toller Fußballer“, so Günther Kuntz und Günter Schröder, seine früheren Mitspieler im Ellenfeld. Dem kann sich Horst Brand, der Paul Pidancet später in Neunkirchen als Stürmer beerbte, nur anschließen: „Ein eher ruhiger Vertreter, aber ein souveräner Spielertyp, der sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt hat.“

„So wie du warst, erzählt die Zeit. So wie du warst, bleibt so viel von dir hier.“

Kein Zweifel: Paul Pidancet hat überall, wo er wirkte, Spuren hinterlassen. Im Saarland und darüber hinaus ebenso wie in der Sportlandschaft seiner Heimatstadt Trier. Menschlich und sportlich. Dafür gebührt ihm posthum großer Dank und große Anerkennung.

„Lass los, mein Freund, und sorge dich nicht“: Mach´s gut auf der anderen Seite und ruhe in Frieden, Paul Pidancet! (-jf-)

„Jeder kurze Moment und Augenblick, ich halt´ ihn in Ehren“. Unsere Archivbilder halten Momente und Augenblicke in Paul Pidancets erfolgreicher Borussen-Zeit fest. (Fotos: Ellenfeld-Verein / Archiv Borussia Neunkirchen)

4 Kommentare

  1. Lieber Jo, ich bin total beeindruckt von deinem rührenden Bericht über Paul Pidancet und muss gestehen, dass ich die ein oder andere Träne nicht unterdrücken konnte ( auch nicht wollte ), hängt doch mein Herz nach vielen Jahrzehnten immer noch an der guten, alten Borussia. Jeder Abschied ist schwer – aber irgendwann verlassen wir alle einmal die große Bühne des Lebens. Zurück bleiben dann meist nur Erinnerungen an einen liebgewonnenen Menschen, so wie auch bei P.P. – Nochmals danke Jo und…. weiter so.

  2. Ging mir genauso, als ich die traurige Nachricht erhielt. Hatte in den letzten Jahren Kontakt zu ihm und bin ihm auf diese Weise näher gekommen. Er hat entscheidenden Anteil daran, dass ich als Junge Fan der Borussia geworden bin. Werde ihn immer in meinem Herzen tragen!

  3. Es meldet sich mal ein Trierer hier 😉
    Ich kann nur voll und ganz zustimmen, ein toller Bericht.
    Paul kannte ich sehr lange Jahre, mit seinem Sohn ging ich zur Schule und spielte auch mit ihm Fussball. So lag es auf der Hand, dass ich Paul viele Jahre erleben durfte. Er war ein besonderer Mensch, einfach, bescheiden und respektvoll im Umgang mit anderen Mensch, auch auf dem Fussballplatz.
    Die Borussia hat ihn sich 1962 mit Elmar May „geangelt“, die beste Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Die beiden haben perfekt ins Borussen-Team gepasst.

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