You´ll never walk alone

Auch die Borussen zeigen Solidarität mit der Belegschaft von Ford in Saarlouis / Freikarten-Aktion geplant

Unser Bild: Özal Acar steht als Co-Trainer der Borssia mit Leidenschaft auf dem Platz (re.), mit Leidenschaft kämpft er jetzt auch mit der IG Metall um die Arbeitsplätze bei Ford (li.). Läuft die Uhr für das Werk in Saarlouis wirklich ab? (Fotos: privat / -jf-)

„You´ll never walk alone.” Es ist schon erstaunlich, wie der Kultsong von 1963, der bei Heimspielen an der Liverpooler Anfield Road nach allen Regeln der Kunst zelebriert wird, immer wieder außerhalb des Fußballs an Aktualität gewinnt. Von einem Sturm ist da die Rede, in dem es gilt, trotz Wind und Regen den Kopf oben zu behalten in der Hoffnung auf ein gutes Ende. Die entscheidende Botschaft: Du bist nicht allein! Auch für die Beschäftigten des Ford-Werks in Saarlouis stehen seit der vergangenen Woche die Zeichen auf Sturm.  

Ein schwarzer Tag für das Saarland. Der Schock sitzt immer noch tief. Auch bei Özal Acar. Monatelang hatte Borussias Co-Trainer, wie alle seine Mitarbeiter bei Ford in Saarlouis, auf eine positive Entscheidung der Konzernspitze gehofft. Doch die Hoffnung trog – Ford hat sich bei seinem wegweisenden und zukunftssichernden Investitionsprogramm gegen das Werk im Saarland entschieden. Stattdessen sollen künftig im spanischen Valencia Elektro-Autos gebaut werden. Dementsprechend groß waren Enttäuschung und Zorn im Saarland.

Die Zukunft der Belegschaft, zu der auch manche Borussen-Anhänger gehören, ist ungewiss. Inklusive der Zuliefer-Firmen stehen mehr als 6.000 Arbeitsplätze auf der Kippe. „Die Folgen kann man sich kaum ausmalen, zumal an diesen Arbeitsplätzen ganze Familien hängen, die Menschen sind mental völlig down und haben enorme Zukunfts- und Existenzängste. Verständlich, denn die Autoproduktion ist – Stand jetzt – nur bis 2025 gesichert. Was wird danach?“, so Özal Acar. Der gelernte Industriemechaniker arbeitet seit 11 Jahren im Saarlouiser Werk, war dabei 6 Jahre lang Jugendvertreter für über 200 Auszubildende und ist derzeit als Koordinator für Instandhaltung Rohbau und Presswerk tätig. Darüber hinaus engagiert er sich gewerkschaftlich in der IG Metall.

Zwar hat die Konzernspitze angekündigt, in Sachen Ford Saarlouis eine Task Force zu gründen und das weitere Vorgehen mit den Arbeitnehmervertretern und der saarländischen Landesregierung zu besprechen. Man erwäge Möglichkeiten, die innerhalb und außerhalb von Ford lägen – so die reichlich schwammige Formulierung. Doch das Vertrauen in die Ford-Führung ist geschwunden: „Das sind Beruhigungspillen, von denen haben wir genug bekommen. Die können sie alle mitnehmen und anderen einführen“, sagt Arbeitnehmervertreter Thal in einem Beitrag des STERN. Die Beschäftigten fühlten sich „belogen und betrogen“. Es dränge sich, so Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger und Wirtschaftsminister Jürgen Barke, der Eindruck auf, dass das interne Bieterverfahren nie wirklich fair gewesen sei, denn tatsächlich liege Saarlouis im Vergleich zu Valencia „deutlich vorne“.

Zustimmung und Solidarität mit den Ford-Mitarbeitern bekunden auch Zulieferbetriebe wie ZF Friedrichshafen, deren Standort Saarbrücken von einer Schließung des Werks ebenfalls betroffen wäre. „Als Automobilzulieferer, der zum Großteil noch vom Verbrenner abhängig ist, wissen wir: Heute Ihr, morgen kann es uns treffen“, heißt es in einer Botschaft der IG-Metall Vertrauensleute und der ZF-Beschäftigten an die Saarlouiser Belegschaft, die über 50 Jahre bewiesen habe, „was Qualität, Qualifikation und Effizienz heißen, was Identifikation mit dem Produkt heißt, was Treue heißt, und Ihr zeigt das heute noch. Ihr seid immer der Vorzeigestandort von Ford in Europa gewesen Und nun soll das alles nicht mehr wahr sein.“ Doch Özal Acar gibt sich kämpferisch: „Ford war immer ein großer Familienbetrieb. Anscheinend sieht Ford Europa das Werk in Saarlouis nicht mehr als Teil dieser Familie. Aber in einem Punkt können sie sich sicher sein: Das Werk Ford Saarlouis – das ist eine Familie! Egal, was passiert: Die Belegschaft in Saarlouis wird immer zusammenhalten“. You´ll never walk alone!

Industrie, Hütte, Stahl und Eisen spielte in der Historie der Borussia immer eine große Rolle. Hüttenarbeiter und Mitarbeiter der Neunkircher Eisenwerke waren dem Verein als Mitglieder, Spieler und Fans stets sehr verbunden. Auch sie unterlagen einem schwierigen Strukturwandel mit erheblichen Auswirkungen auch auf die Borussia und das Ellenfeld. Deshalb verstehen alle Borussen die Sorgen der Ford-Beschäftigten nur zu gut und werden den Kampf um den Standort Saarlouis unterstützen. Die Solidarität soll sich aber nicht nur in Worten und Gedanken zeigen: „Wir werden etwas machen. Gedacht ist an eine Freikarten-Aktion für die Ford-Familie in Saarlouis zu Beginn der Saarlandliga-Saison“, verspricht Vorstandsmitglied Jörg Eisenhuth, „die Beschäftigten sollen merken, dass sie nicht alleine sind.“ Ganz im Sinne des Liverpooler Kultsongs von Gerry and the Peacemakers: „When you walk through a storm, hold your head up high and don’t be afraid of the dark. At the end of a storm there’s a golden sky and the sweet silver song of a lark. Walk on through the wind, walk on through the rain, for your dreams be tossed and blown. Walk on, walk on with hope in your heart and you’ll never walk alone.” (-jf)

1 Kommentar

  1. Vielleicht könnte man für den Sturm ja einen Solovej oder Issa verpflichten? Der Fahrtweg von Köllerbach oder Herrensohr hällt sich ja in Grenzen. Klemmer wäre natürlich auch was …..

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