Szenen eines Jahres – kleine Borussia-Chronik 2017 (4)

Unser Bild: Entfachte neuen Teamgeist und Leidenschaft – Borussias Trainer Björn Klos im Spielerkreis nach der Partie gegen Friedrichsthal. (Foto: -jf-)

September 2017

Große Turbulenzen waren deshalb eigentlich nicht zu erwarten. Doch es sollte anders kommen. Beim 1:1 in Auersmacher blieb Borussia zunächst m dritten Spiel in Folge unbesiegt. Die Wende zum Guten? Die Hoffnungen wurden genährt durch den sicheren 3:0-Pokalerfolg bei Hellas Bildstock, bei dem Momo Diallo sein erstes Tor im Borussen-Trikot erzielte. Erstmals in der Saison durfte Borussia im Heimspiel gegen die neue Spielgemeinschaft aus Ottweiler und Steinbach als Favorit gelten. Die beiden Neuzugängen Mehdi Lomma (aus der U19 des KRC Genk) und Mouhamad Diallo (vom belgischen Viertligisten Etoile Verviétoise) feierten ihre Heimpremiere im Ellenfeld. Und dennoch unterlag Borussia einem keineswegs starken Gegner nach einer seltsam blutleeren Vorstellung mit 0:3. Bitter enttäuscht, auf den harten Boden der Tatsachen zurückgeholt, ja geradezu konsterniert verließ der Borussen-Anhang an diesem sonnigen Spätsommerabend das Ellenfeld. Nur ein Sieg aus den ersten sieben Spielen, nur sieben Punkte, Borussia war auf einen Abstiegsplatz zurückgefallen – man musste sich echt Sorgen machen. Der Abstieg aus der Oberliga im Frühjahr schien in den Köpfen vieler Spieler regelrecht einzementiert, man konnte den Eindruck gewinnen, als schleppte manch einer zentnerschweren seelischen Ballast mit sich herum, von Selbstvertrauen kaum eine Spur – keine guten Voraussetzungen, in einer Liga, in der sich jeder gegen die traditionsreiche Borussia beweisen möchte, zu bestehen!

Das sah auch der Vorstand so und stellte nach zahlreichen Gesprächen und vielen Überlegungen in alle Richtungen Trainer Tobias Grimm frei. Anfängliche Erwägungen, den jungen Coach, der auf große Erfahrungen im Jugendbereich verweisen kann, bei Borussias Junioren weiter in die Arbeit einzubinden, ließen sich nicht realisieren. Als Grimm-Nachfolger konnte Borussia wenige Tage später mit Björn Klos „einen frischen Trainer mit vielen neuen Ideen, der unserer Meinung nach in der jetzigen Situation gut zu Borussia passt“ (so Sportvorstand Gunther Persch) präsentieren, bei dessen Auftaktspiel in Primstal sich die Defensive stabiler zeigte und erstmals ohne Gegentor blieb. Derweil warb Gunther Persch in einer „Brandrede“ um Geduld bei der Neuorientierung und appellierte an die Geschlossenheit innerhalb des Vereins.

Erste Früchte der Arbeit des neuen Trainers Björn Klos, der auf Teamspirit großen Wert legt („In knappen Spielen sorgt er für ein paar Prozent mehr und kann den Ausschlag geben!“), waren im Heimspiel gegen den favorisierten SC Friedrichtshal bereits zu ernten – nach Marco Dahlers Führungstor und dem postwendend erfolgten Ausgleich gingen die Köpfe nicht runter, sondern Geburtstagskind Daniel Ruschmann bereitete sich und Borussias Anhang mit dem Kopfball zum 2:1-Siegtor das schönste Geschenk.

Auch im Saarland-Pokal lässt Borussia nichts anbrennen: Im Stadtderby beim TuS Wiebelskirchen ist die Entscheidung früh gefallen, Borussia stillt ihren Torhunger und siegt am Ende mit 11:0. Der Himmel über dem Ellenfeld klarte auf – da konnten auch Borussias Jubilare wieder lachen, die im September „runde“ Geburtstage feierten: Paul Pidancet wurde in seiner Trierer Heimat 80, Karl Ringel in Neunkirchen 85 Jahre alt. Borussia musste jedoch auch einen Abgang verschmerzen: Der verdienstvolle zweite Vorsitzende Michael Krebs, der entscheidend mit dazu beigetragen hatte, Borussia vor der Insolvenz zu bewahren, trat aus privaten Gründen, wie er selbst sagte, von seinem Amt zurück.

Oktober 2017

Den aufgenommenen Schwung konnte Borussia auch in Mettlach auf den Rasen bringen. Momo Diallos Tor nach 66 Minuten sorgte dafür, dass die Klos-Schützlinge im strömenden Regen im Stadion am Schwimmbad nicht baden gingen, sondern erstmals in dieser Saison auswärts drei Punkte mitnahmen – „angesichts zweier Heimspiele in Folge ein richtungsweisender Sieg“, wie der neue Aufsichtsratsvorsitzende Gers Müller kommentierte. Aufmunternder Beifall der Spalier stehenden Borussen-Fans begleiteten die Spieler und ihren Coach in die Kabine – Balsam auf die zuvor doch arg geschundene schwarz-weiße Fußballseele. „Es stand eine Mannschaft auf dem Platz, die gekämpft, gebissen und gekratzt hat. Genau das, was die Fans von den Spielern verlangen, die dieses Trikot tragen“, war auf der Homepage der Schwarzen Teufel zu lesen – erste Anzeichen für eine Annäherung zwischen Mannschaft und Anhang. Auch Björn Klos erhielt Lob: „Er hat es geschafft, der Mannschaft Leben einzuhauchen.“ Leben einhauchen – wer die emotionale Ansprache des authentischen Trainers nach den 90 Minuten im Mettlacher Dauerregen mit anhörte, weiß, was damit gemeint ist!

Wieder entdecktes Selbstvertrauen stellte das Team im Heimspiel gegen Bübingen unter Beweis. Auch durch die schwere Verletzung von Torhüter Philippe Persch, der nach zehn Minuten mit Achillessehnen-Abriss raus musste, ließ sich Borussia nicht schockieren, spielte gegen starke Bübinger geduldig und wurde nach 70 Minuten mit Jens Kirchens Lupfer zum 1:0 belohnt. Als Lionel Schmidt kurz vor Schluss den Deckel draufmachte, war lang nicht mehr erlebter kollektiver Jubel mit Mannschaft und Fans angesagt – gerade rechtzeitig zum Einstieg des neuen strategischen Partners PARKbrauerei, der ein paar Tage zuvor mit Borussia eine Kooperation bis 2022 eingegangen war.

Als Geduldsspiel erwies sich eine Woche später auch die Partie im Ellenfeld gegen den SC Halberg-Brebach. Erst nach 86 Minuten erlöste Tim Klein, der eine unübersichtliche Situation im Gästestrafraum als erster intuitiv erfasste und das Leder ins Netz setzte, seine Kameraden und den Borussen-Anhang. Björn Klos war zwar nicht immer mit der Spielweise seiner Jungs zufrieden, auf jeden Fall aber mit dem „dreckigen Sieg“ gegen überraschend offensive Brebacher, die es in der ersten Halbzeit versäumt hatten, ihre Chancen zur Führung zu nutzen. Einen ersten Dämpfer musste Borussia unter der Woche beim 1. FC Riegelsberg hinnehmen: Die 2:3-Niederlage bedeutete das Aus im Saarlandpokal. Doch der positive Trend in der Liga blieb ungebrochen: Mit 2:1 entführte Borussia auch beim Neuling in Schwalbach die Punkte und kämpfte durch den fünften Sieg in Folge sich in der Tabelle endgültig ins Mittelfeld vor.

Das Derby gegen die U23 des FC Homburg war im Vorfeld zu einer Risikopartie hochstilisiert worden. Eine ganze Menge Auflagen waren zu erfüllen. „Das kostet uns eine Stange Geld“, war Borussen-Präsident Martin Bach „not amused“ über die Vorgaben des Verbandes. Passiert ist – außer den üblichen verbalen Scharmützeln zwischen beiden Fankurven – nichts! Borussia schien nach den schnellsten Toren der Saison (Jens Kirchen und Momo Diallo stellten das Resultat nach 6 Minuten auf 2:0) klar auf der Siegerstraße, vergaß aber anschließend zuerst die Entscheidung und dann das Fußballspielen, so dass konterstarke Homburger noch vor der Pause zum Anschlusstreffer und in der Nachspielzeit zum nicht unverdienten Ausgleich kamen. 2:2 – kein Zweifel, für Borussia eine gefühlte Niederlage, die auch Björn Klos nicht beschönigen wollte: „Wir haben die Quittung bekommen für eine schwache Halbzeit.“ Dennoch: Zehn Punkte aus vier unbesiegten Liga-Spielen – der Oktober konnte durchaus als ein goldener bezeichnet werden! (Fortsetzung folgt)

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