„Ohne die Zeit bei Borussia hätte es meine Karriere so nicht gegeben!“

Interview mit Mike Frantz, dessen Profi-Karriere im Borussen-Trikot startete, vor dem Meistertreffen am 17. Mai (18.00 Uhr) im Ellenfeld

Vorzeigeprofi und Kämpfer, ehrgeizig und diszipliniert – so kennen die Borussen Mike Frantz aus seiner Zeit als Jungspund im Ellenfeld. (Fotos: Thomas Burgardt, vielen Dank!)

„Er trägt das Herz auf der Zunge und am rechten Fleck. Ein echter Typ und unglaublich sympathisch. (…) Ein Vorzeigeprofi, ein Kämpfer. (…) Er ist stolzer Saarländer, heimatverbunden.“ Die Rede ist von Mike Frantz, dem Autor Claus-Peter Hufer auf der Website des SWR am 2. März 2019 diese Attribute gewidmet hat. Der Anlass vor mittlerweile mehr als fünf Jahren: Das 200. Bundesligaspiels des damaligen Kapitäns des SC Freiburg. Claus-Peter Hufers Worte treffen den Nagel auf den Kopf: Durch eiserne Disziplin, Ehrgeiz und den steten Drang, sich zu verbessern, hat es der Junge von der Saarbrücker Folsterhöhe bis ganz nach oben geschafft. Eine ganz wichtige Station im Leben des Profis: Das Ellenfeld und die Borussia in Neunkirchen.

Schon im ganz jungen Alter begann der kleine Mike mit dem Kicken. „Wir haben zuerst nur auf der Wiese oder in den Straßen gespielt. Die Tore wurden mit Schuhen und Jacken markiert. Als der erste Bolzplatz gebaut wurde, war ich 15 Jahre alt. Wir haben uns alle gefreut wie an Weihnachten“, erzählte Mike Frantz einmal im SZ-Stadt- und Gemeindemagazin „hierdaheim“. Schule aus, Ranzen in die Ecke und ab auf den Bolzplatz – so lief fast jeder Tag bei den Kindern und Jugendlichen auf der Folsterhöhe ab, meist mit so vielen Jungs, dass Turniere gespielt werden konnten. „Dort ging es richtig zur Sache. Es waren auch ältere Spieler dabei. Wenn man sich da durchsetzen wollte, musste man alles geben, sonst hatte mein keine Chance“, erinnert sich Mike Frantz. Eine harte Schule, Bolzplatz statt Fußballinternat – das Resultat: Ein echter Straßenfußballer mit echten fußballerischen Instinkten. Fähigkeiten, die man sonst nirgendwo lernt.

Bilder aus jungen Jahren: Mike Frantz in seinem ersten Borussen-Trikot und mit den Jungs der damaligen A-Jugend. (Fotos: Thomas Burgardt, vielen Dank!)

Von der DJK Folsterhöhe, seinem Heimatclub, ging es in die Jugend des 1. FC Saarbrücken. 2004 dann der Wechsel ins Ellenfeld, wo er 39 Spiele für die erste Mannschaft der Borussia absolvierte und dabei 8 Tore erzielte. Der aufgehende Stern des Mike Frantz blieb den Proficlubs nicht verborgen. Nach der Rückkehr in den Ludwigspark klopfte 2008 der 1. FC Nürnberg an, nach sechs Jahren 2014 rief der SC Freiburg. Dort genoss der zentrale Mittelfeldspieler hohes Ansehen. 150 Spiele bestritt er in der Bundesliga für den Sportclub. Nach zwei Jahren bei Hannover 96 ging es 2022 zurück in die saarländische Heimat zum 1. FC Saarbrücken. Dass das Saarland seine Heimat ist, daraus hat Mike Frantz nie ein Hehl gemacht: „Hier schlägt mein Herz, hierher kehre ich irgendwann auch wieder zurück.“

Mike Frantz (MF) hat in seiner abwechslungsreichen Karriere viel erlebt. Bei allem Erfolg ist er mit beiden Beinen fest auf dem Boden geblieben. Er weiß, wo er herkommt, Starallüren sind ihm fremd, Demut und Dankbarkeit sind fester Bestandteil seines Charakters. Das wird auch im folgenden Gespräch deutlich, in dem der Südwestmeister von 2005 auch seine große Vorfreude über die Rückkehr ins Ellenfeld anlässlich des Legendenspiels am 17. Mai (Anstoß: 18.00 Uhr) zum Ausdruck bringt.   

Mike, in Deiner Laufbahn bist Du viel herumgekommen und konntest viele Erfahrungen sammeln- Du warst noch keine 18 Jahre alt, als Du ins Ellenfeld kamst. Wie ordnest Du Deine Zeit bei der Borussia ein?

MF: Die Zeit bei Borussia gehört zweifellos zu denen, die mich am meisten geprägt haben. Ich kann sicher ohne Übertreibung sagen: Ohne die Zeit im Ellenfeld hätte es die Karriere des Mike Frantz so nicht gegeben! Vorstände, Trainer, auch die erfahrenen Spieler, die mich jungen Kerl an die Hand genommen und sich um mich gekümmert gaben – all das war eine sehr gute Schule für mein weiteres Fußball-Leben.

Kannst Du Dich noch an Dein Premierenspiel in der ersten Mannschaft erinnern?

MF: Ja, sehr gut. Ich durfte als A-Jugendlicher damals schon die ganze Woche über mit der ersten Mannschaft trainieren und beim Spiel gegen den SC Hauenstein auch direkt von Beginn an auflaufen. Dazu habe ich gleich mein erstes Tor zum 1:0 erzielt und war mächtig stolz! Doch unser Trainer Werner Mörsdorf hat mir dann gleich nach der Partie in der Kabine eine richtige Ansage gemacht: „Du hast noch gar nichts erreicht!“

Wie hast Du den Trainer Werner Mörsdorf erlebt?

MF: In seiner Art und Weise, mit der Mannschaft umzugehen, stammt er natürlich aus einer Welt, in der der Ton noch rauer war. Er hat es verstanden, uns immer zu 100 Prozent zu pushen und hat uns vor allem dadurch überzeugt, dass er all das, was er von uns verlangt hat, vorgelebt hat wie kein anderer. Als junger Spieler habe ich zwar nicht immer alles verstanden, aber mit zunehmendem Alter ist mir immer mehr bewusst geworden: Das war gar nicht so verkehrt, was er gemacht hat! Deshalb war Werner Mörsdorf für mich ein guter Lehrmeister! Heute hat sich sicher vieles verändert, es handelt sich um eine ganz andere Spieler- und Trainergeneration, mit der man anders umgehen muss.

Eine wichtige Bezugsperson bei der Borussia war (und ist heute immer noch) Jens Kelm.

MF: Der Professor war und ist nicht nur ein profunder Kenner des Ellenfeld-Stadions und seiner Historie, sondern war auch ein herausragender Vereinsarzt. Er hat schon damals Pionierarbeit geleistet, indem er als Erster auch das Thema Ernährung in den Vordergrund gestellt hat. Zu ihm habe ich von Anfang an ein Vertrauensverhältnis, ja fast so etwas wie ein väterliches Verhältnis entwickelt, das bis heute anhält. Jens Kelm war eine ganz wichtige Person für meine gesamte Laufbahn – wie ich überhaupt sagen darf, dass es in meinem ganzen Leben zahlreiche glückliche Fügungen gab und ich einige Lebensbegleiter getroffen habe, die mich auf unterschiedliche und vielfältige Weise unterstützt haben, auf die ich mich immer verlassen konnte. Dazu gehören in Freiburg auch Trainer Christian Streich und Co-Trainer Peter Herrmann, für mich der beste Co-Trainer im deutschen Fußball! All diese Begegnungen sind nicht selbstverständlich, dafür bin ich sehr dankbar!

Personen des Vertrauens: Mike Frantz mit Borussias großem Gönner Matthias Woll (oben) und Professor Dr. Jens Kelm (unten). Den Vereinsarchivar und Stadionbeauftragten hatte Mike Frantz im September 2019 zum Besuch des Bundesligaspiels gegen den FC Augsburg (1:1) an die Dreisam eingeladen und ein paar Fußballschuhe für das Archiv der Borussia übergeben. (Fotos: privat / Thomas Burgardt, vielen Dank!)

Stand denn irgendwann mal eine Rückkehr zur Borussia im Raum?

MF: Nein, da muss man so ehrlich sein und sagen: Meine sportliche Entwicklung und die Entwicklung des Vereins sind leider unterschiedliche Wege gegangen. Aber ich habe immer verfolgt, was bei Borussia passiert.

Wie nimmst Du die Borussia heute wahr?

MF: Die Borussia ist nach einer problematischen Phase wieder auf einem guten Weg. Das Umfeld und auch das Stadion – eines der schönsten, wenn nicht gar das schönste im Saarland! – verdienen eigentlich wieder höherklassigen Fußball. Und ich hoffe und wünsche auch sehr, dass die Borussia bald wieder in den überregionalen Fußball zurückkehrt, um der Tradition, wie ich sie früher empfunden habe und auch heute noch empfinde, gerecht zu werden. Denn immerhin hat der Verein immer wieder sehr gute Fußballer hervorgebracht.

Zu denen auch ein Mike Frantz gehört, der zum Abschluss seiner Karriere noch einmal zum 1. FC Saarbrücken zurückgekehrt ist und für die U23 die Fußballschuhe geschnürt hat. Wie geht es bei Dir weiter?

MF: Die Entscheidung, zu meinen Wurzeln in den Amateurfußball zurück zu kehren, dahin, wo alles angefangen hat, habe ich ganz bewusst getroffen. Der Amateurfußball war und ist als Basis für mich immer noch was ganz Besonderes. In Saarbrücken habe ich zwar noch ein paar Spiele gemacht und trainiere immer mal wieder mit den Jungs mit, das macht auch immer noch viel Spaß, aber die Karriere hat doch auch körperliche Spuren hinterlassen. Deshalb habe ich mich im letzten Jahr ein bisschen zurückgenommen, um ein Abstand vom Fußball zu bekommen. Ich habe das große Glück, eine tolle Frau und zwei wundervolle Söhne zu haben – das sind Aufgaben, die mir sehr am Herzen liegen und zurecht jetzt mehr Zeit verdienen. Dennoch werde ich dem Fußball verbunden bleiben. Derzeit laufen Verhandlungen, es werden sich sicher Dinge ergeben, die gut zu mir passen. Da bin ich sehr zuversichtlich!

Was bedeutet Dir das Meistertreffen am 17. Mai im Ellenfeld?

MF: Sehr viel! Ich freue mich riesig auf das Wiedersehen mit der früheren Mannschaft, in der ich ja damals der Jungspund war. Jeder pflegt ja seinen Alltag und wir sind alle ziemlich weit verstreut. Gerade deshalb ist es schön, dass es ein solches Spiel gibt und wir alle die Borussia-Familie, so wie sie sich damals dargestellt hat, noch einmal erleben dürfen.

Und die Borussen-Fans freuen sich genau so, Mike Frantz wieder ins Ellenfeld zurückkehren zu sehen. Vielen Dank für das Gespräch und die persönlichen Einblicke in Dein Leben und Deine Gefühlswelt! (-jf-)