Nach 1:3 in Brebach beklagt Borussia den Verlust von Leichtigkeit und Mentalität / Erneut Verletzungspech: Mo Benghebrid und Giuseppe Vituzzi droht Saisonende
Unser Bild: Auch ein wie ein Berserker rackernder Kapitän Yannick Bach (weißes Trikot) konnte Borussias Niederlage in Brebach nicht verhindern. (Foto: Jan Sebastian Bach)
Von Jo Frisch
Die eine Serie hielt, die andere ist gerissen. Nach dem 1:3 der Borussia beim SC Halberg-Brebach bleiben die Gastgeber in nunmehr elf Spielen in Folge unbesiegt, Borussia dagegen musste sich nach sieben Partien ohne Niederlage erstmals seit dem 0:3 in Quierschied wieder geschlagen geben. Brebachs Geschäftsführer Volker Gelff hatte in der „Saarbrücker Zeitung“ im Vorfeld bereits angekündigt: „Unsere Mannschaft hat in Mettlach sicher nicht ihre Top-Leistung gezeigt. Ich glaube aber, dass wir gegen Neunkirchen eine ganz andere Brebacher Elf erleben, die unbedingt gewinnen und sich für das Hinspiel revanchieren will.“ Dieses Vorhaben ist zweifellos gelungen. Ist nun der Aufstieg für Brebach, das bis auf sechs Punkte an Borussia herangerückt ist, noch ein Thema? Gelff wiegelt ab: „Wir werden definitiv keine Bewerbung für die Oberliga einreichen. In der derzeitigen Situation des Vereins ist das einfach nicht machbar – es sei denn, ein Sponsor fällt noch vom Himmel.“
Wie vom Himmel gefallen wirkt derzeit eher die Borussia. „Wo sind Leichtigkeit, Selbstvertrauen und die Mentalität, dass jeder für den anderen rennt und kämpft, geblieben?“ fragt sich nicht nur Sportvorstand Gunther Persch, der der Mannschaft den Willen zwar nicht absprechen will, aber dennoch den letzten Biss, die Bereitschaft, bis an die Schmerzgrenze und, wenn nötig, darüber hinaus zu gehen, vermisst. Sein Eindruck: „Einige Jungs spielen, als hätten sie Blei in den Schuhen!“ Dabei fand Borussia in Brebach ganz gut ins Spiel hinein, war aggressiv und zweikampfstark direkt an den Gegenspielern dran. Doch das ging im Laufe der 90 Minuten mehr und mehr verloren, die gesamten Spielvorgaben samt spielerischer Linie blieben mehr und mehr auf der Strecke. „Wir haben nur noch reagiert statt zu agieren“, stellt Gunther Persch ernüchtert fest. Die Umstellung in der Abwehr (für den früh mit einer Muskelverletzung ausgeschiedenen Mo Benghebrid rückte Patrick Seidel auf die linke, Mamadou Traoré auf die rechte Seite) tat Borussias Defensive nicht gut, der ohnehin die Stabilität abhanden gekommen zu sein scheint: Letztmals beim 2:0 gegen den SV Auersmacher Mitte März stand hinten die Null – dabei werden, einer alten Fußballer-Weisheit zufolge, Meisterschaften zuerst in der Abwehr gewonnen!
Pech hatte Borussia in der Anfangsphase, als die Pfeife von Schiedsrichter Niklas Kunzler bei einem durchaus elfmeterreifen Foul an Jens Kirchen stumm blieb. Doch wäre es zu einfach, die Niederlage an dieser möglicherweise richtungsweisenden Entscheidung festmachen. Denn neben der fehlenden defensiven Sicherheit kam die bereits in Bübingen zu beobachtende mangelnde Durchschlagskraft in der Offensive. Außer einem Schuss von Jens Kirchen, der Brebachs Keeper Jens Lissmann vor wenig Probleme stellte, in einer recht ausgeglichenen Halbzeit eins und einer Gelegenheit des wieder genesenen Marco Dahler, der nach 74 Minuten frei vor dem Tor zum Abschluss kam, aber zu hoch zielte, erspielten sich die Jungs aus dem Ellenfeld keine ernsthafte Torchance – zu wenig! Zwar konnte Jens Kirchen Brebachs Führung durch einen Sonntagsschuss von Torjäger Artur Schneider am Samstagnachmittag (49.) nach 55 Minuten ausgleichen, doch durften sich Borussia und ihr Anhang des Ausgleichs und der Hoffnung auf eine Wende nicht lange erfreuen. Denn zu einem unglücklichen Zeitpunkt nur drei Minuten später ging der Gastgeber nach einer hohen Flanke, bei der Borussias Defensive viel zu zögerlich zu Werke ging, durch einen Kopfball von Merouane Taghzoute gleich wieder in Führung – alles andere als förderlich fürs Nervenkostüm der Klos-Schützlinge, die dann durch ein Kontertor (77.) den endgültigen K.o. hinnehmen mussten. Die gelb-rote Karte für Marvin Gabriel, der sich kurz zuvor den gelben Karton abgeholt hatte, die womöglich schwere Knieverletzung von Giuseppe Vituzzi (Verdacht auf Kreuzbandriss), die erneuten Adduktorenprobleme bei Mo Benghebrid (weitere Einsätze ungewiss) und die großen Schmerzen von Marco Dahler im Beckenbereich, der bei einem Kopfballduell unliebsame Bekanntschaft mit dem harten Boden geschlossen hatte, machten den Tag dann erst richtig zu einem gebrauchten.
So war die Enttäuschung bei allen Borussen am Ende unübersehbar. „Je näher das Saisonende rückt und die Chance, dass der große Wurf gelingt, um so verunsicherter wirkt die Mannschaft“, konstatierte Martin Bach. Borussias Präsident ist zwar das Schwächeln der Konkurrenz nicht entgangen ist („Eigentlich kommen die Resultate der anderen uns entgegen!“), doch ist ihm auch klar, „dass ohne unser eigenes Zutun der Aufstieg nicht gelingen wird.“ Eine gewisse Ratlosigkeit ist allenthalben spürbar. Ist es die Angst vor der eigenen Courage, die Borussia so merkwürdig gehemmt auftreten lässt? „Die Mannschaft hat die Aussicht auf Meisterschaft und Aufstieg und damit die Chance, in die Annalen des Vereins einzugehen, greifbar vor sich. Das wäre ein Erfolg, den ihr niemand mehr nehmen, niemand mehr ausradieren kann. Damit könnten die Jungs den letztjährigen Abstieg quasi als Betriebsunfall vergessen machen und blieben als Aufsteiger im kollektiven Gedächtnis aller Borussen“, versucht Martin Bach, im Endspurt noch einmal die letzten Motivationsreserven zu mobilisieren. Borussias Chef appelliert an alle, auch die Fans, „jetzt nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern gerade in einer Phase, in der wir – auch bedingt durch die zahlreichen Verletzungen – spielerisch ans Limit kommen, die Ärmel hochzukrempeln und mit kämpferischer Einstellung alles ins Spiel reinzuwerfen, um die sich trotz des schlechten Saisonstarts und der zuletzt eher mageren Punkteausbeute immer noch bietende große einmalige Chance nicht wegzuwerfen!“
Björn Klos war genauso geknickt und enttäuscht wie Mannschaft, Fans und Verantwortliche der Borussia. Der Trainer kennt das Innenleben der Mannschaft sehr gut und hat nach der langen und kräftezehrenden Aufholjagd einen körperlichen und mentalen Substanzverlust ausgemacht: „Uns fehlt die geistige Frische, das wirkt sich auch auf die Konzentration aus!“ Björn Klos wäre nicht Björn Klos, wenn er sich nicht selbst in die Pflicht nähme: „Da bin ich jetzt gefordert, neue Reize und Impulse zu setzen, um dem Trend der letzten Wochen – nur ein Sieg in sechs Spielen – entgegenzuwirken und in den letzten vier Partien das Maximum herauszuholen.“ Dass Borussia dabei gerade zuhause nach den nicht überzeugenden Auftritten und (zu) wenigen Punkten auf fremden Plätzen zum Siegen verdammt ist, macht die Sache nicht gerade einfacher. Hoffentlich geht der Mannschaft nicht ausgerechnet auf der Zielgeraden die Puste aus! Nach der tollen Aufholjagd wäre das schon irgendwie tragisch.
Unsere Bilder vermitteln Eindrücke vom Spiel der Borussia beim SC Halberg-Brebach (Fotos: Jan Sebastian Bach).
Borussia in der Statistik
Unsere Mannschaft: Jonas Merhej – Mohammed Benghebrid (32. Mamadou Traoré), Patrick Seidel, Giuseppe Vituzzi, Marco Dahler, Jens Kirchen (82. Tom Fink), Jannik Nagel (70. Mouhamad Diallo), Yannick Bach, Nicolas Gil Rodriguez, Marvin Gabriel, Marcel Jung. – Unser Trainer: Björn Klos.
Schiedsrichter: Niklas Kunzler (Wadgassen). – Tore: 1:0 Artur Schneider (49.), 1:1 Jens Kirchen (57.), 2:1 Merouane Taghzoute (60.), 3:1 Merouane Taghzoute (77.). – Zuschauer: 400. – Gelbe Karten: Jens Kirchen (28.), Giuseppe Vituzzi (63.), Marvin Gabriel (71.). – Gelb-Rote Karte: Marvin Gabriel (84.)
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