Keine Pokal-Überraschung im Ellenfeld

Borussia scheidet mit dem 0:4 in der „Mutter aller Saar-Derbys“ dem 1. FC Saarbrücken erwartungsgemäß aus dem Saarland-Pokal aus, hat sich aber trotzdem nicht nur auf dem neuen Rasen, sondern auch in der Organisation dieses Top-Events achtbar verkauft!

Unser Bild: Borussias Ralph Smith, der sich in diesem bissigen Zweikampf mit FCS-Kapitän Manuel Zeitz auseinandersetzt, verpasste nach einer halben Stunde den Anschlusstreffer nur knapp. (Foto: -jf-)

„Du hast keine Chance – aber nutze sie!“ Dieses Bonmot des Malers, Filmemachers, Dramatiker und Regisseurs mit leichtem Hang zum Anarchismus, Herbert Achternbusch (1938-2022), beschreibt ganz gut die Ausgangsbasis vor dem ungleichen Pokalduell zwischen der Borussia und dem 1. FC Saarbrücken am vergangenen Samstag. Zu gerne hätten sich die Borussen als Bayernbesieger-Besieger erwiesen und den Pokalhit der Gruppe Schaafa Sämpf in „Pokal im Ellenfeld“ umgetextet. Doch das Ergebnis ist hinlänglich bekannt: Mit 4:0 setzte sich der Drittligist, der von der ersten Minute an fokussiert und konzentriert wirkte, klar und verdient gegen den Saarlandligisten durch. Borussia blamierte sich keineswegs, dennoch kann man SR-Reporter Frank Grundgeber kaum widersprechen, wenn er im Laufe der Live-Übertragung „den Borussen offensiv ein bisschen mehr Mut gewünscht hätte.“ So war die Partie im Prinzip nachdem 0:3 in der 32. Minute durch und die Spannung raus, was aber nichts daran ändert, dass die Borussen gemeinsam mit etwa 7.000 Fans ein Fußball-Highlight erlebten, das man so im Ellenfeld lange nicht mehr gesehen hat: Ein würdiger Rahmen für die offizielle Raseneinweihung!

Auf dem 7900 Quadratmeter großen Grün, das allen Wetterkapriolen an diesem Nachmittag standhielt, sahen sich die Gäste aus dem Ludwigspark vor einen Rollentausch gestellt: „Neunkirchen versucht heute das, was Saarbrücken im DFB-Pokal gemacht hat“, hatte SR-Experte Lukas Kohler, gebürtiger Saarbrücker, ehemaliger FCS-Profi und derzeit in Diensten von Borussias Ligakonkurrent DJK Ballweiler, die Ausgangslage treffend zusammengefasst. Aus dieser Perspektive heraus hatte FCS-Coach Rüdiger Ziehl seinen diesmal hoch favorisierten Schützlingen vorgegeben, „möglichst schnell ein, zwei Tore zu machen, um Ruhe und Sicherheit reinzukriegen.“ Und die Vorgabe des Coaches setzten die Blau-Schwarzen von Beginn an konsequent um. Die höherklassigen Gäste setzten Borussia sofort unter Druck, hatten viel Ballbesitz und spielten geduldig um den Strafraum herum, um die entscheidende Lücke zu suchen, die sie dann auch in Halbzeit eins gleich dreimal finden sollten.

Schon nach 7 Minuten lag der Ball hinter Dominik Jost um Borussen-Netz, als Kasim Rahibic aus halblinker Position das Leder auf Julian Günther-Schmidt durchsteckte, der vor Borussias Keeper vollstreckte, aber dabei knapp im Abseits stand. Der lautstarke FC-Anhang musste aber nicht lange warten, bis erster Torjubel bis weit ins Altseiterstal hinauf erklang: Nach einer Kopfballabwehr von Michael Müller landete der Ball im Rückraum genau vor den Füßen von Fabio de Michele Sanchez, der nicht lange fackelte und mit perfekter Schusstechnik wuchtig vollstreckte (12.) – genau das hatten die Borussen, die mit einem 5-3-2 dem Saarbrücker 4-4-2 begegneten, verhindern wollten! Der Treffer (Christian Schübelin: „Der hat den Ball einfach super getroffen, ein tolles Tor!“) war natürlich Wasser auf die blau-schwarzen Mühlen, die Borussia weiter unter Druck setzten und bei Julius Biadas Pfostenschuss mit Pech das 2:0 verpassten (15.). Doch nur der Uhrzeiger hatte sich gerade zweimal weitergedreht, da erwischte Simon Stehle eine tückische Aufsetzer-Flanke vor Dominik Jost mit dem Kopf und netzte trotz des Crashs mit dem Borussen-Keeper ein – einerseits ein kleiner Stimmungskiller, andererseits Ausdruck der bis dato sichtbaren Dominanz: Der Gast aus der Landeshauptstadt hatte früh Fakten geschaffen! Für Christian Schübelin ärgerlich, „denn dieses zweite Tor ist gefallen, als der Gegner durch eine Verletzungsbehandlung in Unterzahl war.“  FC-Sportdirektor Jürgen Luginger nahm dabei Dominik Jost in Schutz: „Das war eine richtig gute Hereingabe, die für Neunkirchens Torwart nur ganz schwer einzuschätzen war!“

Da war es passiert: Simon Stehle ist nach einer Flanke per Kopf vor Dominik Jost am Ball und netzt zum 0:2 ein (oben), nach der Pause verwertete Patrick Sontheimer eine Vorlage Naifi-Vorlage wuchtig entschlossen zum 0:4 (unten). (Fotos: -jf-)

Die Borussen brauchten eine halbe Stunde bis zur ersten gefährlichen Torannäherung. Nach einem schnellen Vorstoß über die rechte Seite kommt im Klein zum Flanken, jedoch ist Calogero Rizzuto um Sekundenbruchteile schneller am Ball als der in die Mitte eingelaufene Ralf Smith und kann in letzter Sekunde einen Einschlag verhindern. „Da wäre vielleicht mit ein klein bisschen Glück was drin gewesen“, meinte Christian Schübelin nach der Partie. Der Borussen-Coach musste stattdessen nach 34 Minuten mit ansehen, wie ein angeschnittener Freistoß aus dem rechten Halbfeld von Kasim Rahibic durch den Strafraum segelte und nach einer Kopfball-Abwehr von Dylan Sodji Julian Günther-Schmidt am langen Pfosten eine Vorlage von Lukas Boeder aus kurzer Distanz nur noch über die Linie zu drücken brauchte. 0:3 – bereits zur Pause war das Pokal-Aus einer Borussia besiegelt, die ihr Bestes gab, der man aber doch den Respekt vor dem Drittligisten anmerkte. Was konnte Christian Schübelin angesichts dieses Befundes seinen Schützlingen mit auf den Weg geben für die zweiten 45 Minuten? „Eine bessere Halbzeit spielen als die erste“, lautete die ganz einfache Botschaft. „Und das haben wir dann ja auch geschafft und nur noch ein Gegentor zugelassen“, so der Coach, für den „ein eigener Treffer natürlich noch ein Highlight gewesen wäre, aber man muss ehrlich zugeben, dass wir nach der Pause eine echte Chance auf ein Tor nicht mehr hatten.“

Immerhin: Die Defensive stand jetzt sicher im Raum und konnte die Angriffe der Gäste, die freilich angesichts des klaren Vorsprungs ein bisschen Gas rausgenommen hatten und die Partie routiniert herunterspielten, weitgehend neutralisieren. Nachdem Kasim Rabihic nach gut 50 Minuten ziemlich frei im Strafraum zum Abschluss kam, aber rechts am Tor vorbei verzog, schlug es noch einmal hinter Dominik Jost ein: Nach einer Hereingabe von der rechten Seite hatte der eingewechselte Amine Naifi den Blick für den besser postierten Patrick Sontheimer, der die sich ihm bietende freie Schussbahn aus etwa 16 Metern nutzte und den Ball über die Hände von Dominik Jost ins Netz hämmerte (73.). Rüdiger Ziehl hakte die 90 Minuten als „Pflichtaufgabe“ ab: „Im Pokal geht es nur darum, eine Runde weiter zu kommen. Das haben wir geschafft. Wir wollen den Saarlandpokal gewinnen, und da gehörte diese Station mit dazu.“ Der FCS-Coach schwärmte hinterher vom „perfekten Rahmen für dieses traditionsreiche Derby“, auch sein Kapitän Manuel Zeitz war beeindruckt von Kulisse und Atmosphäre im Ellenfeld-Stadion: „So was gibt es im Saarlandpokal nur ganz selten, höchstens einmal im Finale!“

Und die Borussen? Die durften trotz der Niederlage zufrieden sein und erhobenen Hauptes mit viel Aufmunterung durch den eigenen Anhang den neuen Rasen verlassen. „Wir wollten das Spiel einfach auch genießen – ein absoluter Höhepunkt für die Mannschaft und mich in meinem ersten Spiel in diesem Stadion! Ob unsere Spieler so etwas in ihrer weiteren Fußballlaufbahn noch einmal erleben ist mehr als fraglich. Insofern nehmen wir das gerne mit“, so Christian Schübelin. Was macht das mit seinen Jungs? „Dieses Spiel und das ganze Drumherum mit dieser tollen Kulisse wird die Mannschaft für den Saisonendspurt noch einmal mehr zusammenschweißen“, ist sich der Trainer sicher. „Du hast keine Chance – aber nutze sie!“ Zumindest diese Chance sollten die Borussen genutzt haben. (-jf-)

Statistik: Borussia – 1. FC Saarbrücken 0:4 (0:3)

Borussia: Dominik Jost – Tim Braun, Tim Cullmann, Marc Dahler (C), Nico Purket (ab 83. Lars-Andre Kaula), Nico Christmann (ab 57. Louis Cupelli), Sayfedin El Kahdem (ab 69. Alexander Velikov), Michael Müller, Ralph Smith (ab 57. Niklas Backes), Dylan Sodji, Tim Klein (ab 83., Nouredinne El Khadem). – Trainer: Christian Schübelin.

Tore: 0:1 (12.) Fabio de Michele Sanchez, 0:2 (17.) Simon Stehle, 0:3 (34.) Julian Günther-Schmidt, 0:4 (73.) Patrick Sontheimer. – Schiedsrichter: Tobias Ewerhardy (SV Wahlen-Niederlosheim). – Zuschauer: 7000. – Gelbe Karten: Fehlanzeige!

Unsere Bilder vermitteln Eindrücke vom Pokalschlager im Ellenfeld. (Fotos: -jf-)

4 Kommentare

  1. Genau das war’s! Die Borussen haben es genossen
    gegen den FC zu spielen! Da sah ich keinen Kampf,
    keinen Einsatz, geschweige denn einen Eckball!
    Gegenwehr Fehlanzeige! Ich kenne andere Derbys.
    Werner Bohr, Frankfurt am Main

  2. Ich weiß, man sollte die, die am Boden liegen nicht noch treten. Ich habe es mir angetan, es mir im Fernsehen anzusehen. Ich bin immer Einer, der dem „Berichterstatter“ Flo Beifall zollt für seine Berichte, weil ich die Spiele, von denen er berichtet zwar nicht gesehen habe, aber doch glaubte, er berichtet wahrheitsgemäß von dem was 7000 Zuschauer plus die 10.000 am Fernsehen auch gesehen haben. Diese Mal habe ich das Spiel gesehen und ich bin erschüttert über das was er berichtet. Anstatt zu erkennen, dass diese Borussia-Mannschaft eine Mannschaft ohne Selbstvertrauen und ohne Qualität ist, lügt er vor sich hin.

  3. … ja, manchmal schreibt Jo Frisch supertolle Artikel … bundesligareif!!!! …manchmal bekommt er bestimmt Textpassagen vom Borussen-Vorstand … zum „schönschreiben“ … wie zu dieser tollen Neuverpflichtung von Hellas Bildstock …
    nee, aktuell macht Borussia keinen Spaß und keine Freude mehr …

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