Hart, aber herzlich!

Borussias frühere Abwehrrecke Günter Schröder wird heute 80 Jahre alt / Von den Schülern bis zur Traditionsmannschaft – ein Leben lang Borussia / Auch als Filmschauspieler in der ARD-Serie „Fußballtrainer Wulff“ überzeugend

Unser Bild: Typisch Günter Schröder – mit letztem Einsatz wirft sich Borussias Verteidiger (Bildmitte) in einen Schuss von HSV-Stürmerstar Uwe Seeler und kann das Leder abblocken. Szene aus dem Endrundenspiel um die deutsche Meisterschaft 1963, das die Borussia im Ludwigspark mit 3:0 gegen die Hamburger gewinnt. (Foto: 90 Minuten – mit Ferdi Hartung in die Bundesliga)

Die Antwort auf die Frage nach seinem schönsten Spiel im schwarz-weißen Borussen-Dress kommt spontan. Sie ist eigentlich auch nicht anders zu erwarten, wenn der Befragte damals beim sensationellen Geschehen auf Giesings Höhen dabei war: „Unser 2:0-Auswärtssieg in der Bundesliga-Aufstiegsrunde 1964 beim FC Bayern!“ Das ist jetzt mehr als 56 Jahre her, doch die Augen glänzen noch heute, wenn Borussias kompromissloser Abwehrspieler Günter Schröder seinen 80. Geburtstag feiert. Bestimmt muss er auch an diesem Tag nochmal erzählen, wie das damals war im Stadion an der Grünwalder Straße …

„Borussia-Trainer Horst Buhtz hatte diese Order ausgegeben: `Wir müssen den Ohlhauser und den Brenninger ausschalten!´ Das Spezialkommando für diese Schwerstaufgabe war rasch zusammengestellt. ´Dieter Schock übernimmt den Ohlhauser, Schröder den Brenninger´, ordnete Buhtz an. Das Neunkircher Wächter-Duo lieferte Qualitätsarbeit ab: Die Schock-Therapie gegen Ohlhauser wirkte – ebenso wie Schröder gegen den flotten Nationalspieler Brenninger nichts anbrennen ließ. Borussias rechts-schaffender Verteidiger legte den linken Bayern-Flügel lahm“, erinnert SZ-Reporter Wilfried Burr in der Festschrift zum 100-Jährigen der Borussia („Mythos Ellenfeld“) in einem Beitrag über Günter Schröder.

Eingeordnet ist dieser Beitrag bezeichnenderweise in die Reihe „Ein Leben lang Borussia“. Und das trifft für kaum einen anderen besser zu als für Günter Schröder. Als zehnjähriger war er mit seinen Eltern von Wiebelskirchen nach Neunkirchen auf die „Scheib“ gezogen. Dort fragte ihn ein Schulkamerad, ob er keine Lust habe, in die Borussia einzutreten und dort Fußball zu spielen. Gesagt, getan. Günter Schröder wurde auf die Geschäftsstelle mitgenommen und angemeldet. Schon nach kurzer Mitwirkung in der Schülermannschaft stand er in der Saarauswahl, rückte später in die erste Amateur- und dann in die Vertragsspielermannschaft auf. Die Erinnerung an den 2. Juli 1961 ist immer noch lebendig: Die Borussen spielten in der sommerlichen Totorunde gegen den holländischen Vertreter VV Venlo und gewannen 5:3. In der Tageszeitung war die Schlagzeile zu lesen: „Forsche Verteidiger-Partie von Schröder!“ Der junge Mann hatte bei seinem Debüt überzeugt, und auch wenig später nach dem Spiel gegen die Schweizer vom FC Grenchen wurden seine Leistungen gewürdigt.

Meister 1964 und Aufsteiger in die Bundesliga: Günter Schröder (ganz rechts) mit seiner Borussia. (Foto: Karl Ringels Schatzkiste)

In der neuen Spielzeit feierte Günter Schröder 21jährig am 15. Oktober 1961 unter Trainer Adi Preißler im heimischen Ellenfeld-Stadion seine Premiere beim 2:2 gegen den BSC Oppau. Der eisenharte Verteidiger, der weder sich noch den Gegner schonte, gewann gleich in seiner ersten Spielzeit mit der Borussia den Oberliga-Titel im Südwesten – in der darauffolgenden Endrunde um die deutsche Meisterschaft war der „Abräumer“ in allen drei Spielen (gegen Nürnberg, Schalke und Tasmania) ebenso im Einsatz wie zwei Jahre später in allen sechs Begegnungen gegen den HSV, 1860 München und Borussia Dortmund. Auch einen großen Anteil am Klassenerhalt im Sommer 1965 in der Bundesliga mit dem respektablen 10. Tabellenplatz – dem besten, den je eine saarländische Mannschaft in der Elite-Klasse des deutschen Fußballs erreichte – konnte sich der Mann, der vor allem das Kämpferische als seine ureigene Tugend benennt, auf seine Fahnen schreiben, hatte er sich doch bundesweit bei den etablierten Linksaußen, seien es Dortmunds WM-Held von 1966, Lothar Emmerich, HSV-Ikone Charly Dörfel oder Lauterns Winfried Richter, gehörigen Respekt verschafft. Mit einer Spielweise, die man getrost als hart, aber herzlich und in ihren Grundzügen stets als fair bezeichnen kann.

Abräumer mit Flugkopfball-Einlage: Günter Schröder kommt vor Nürnbergs Mittelstürmer Richard Albrecht (Nr. 9) an den Ball und befördert das Spielgerät aus der Gefahrenzone. Szene aus dem DM-Endrundenspiel der Borussia gegen den FCN (2:3) 1962 in Ludwigshafen. (Foto: 90 Minuten – mit Ferdi Hartung in die Bundesliga)

Ein 1967 erlittener Schien- und Wadenbeinbruch verhinderte nach Borussias Wiederaufstieg in Liga eins erneute Bundesliga-Einsätze, zumal es trotz Nagel im Bein nach vermeintlicher Heilung im Training an derselben Stelle abermals eine Fraktur gab. Doch seine Leidenschaft für den Fußball ließ er sich trotz längerer Pause nicht nehmen. Nach mehr als 18 Jahren Borussia mit 153 Spielen in der ersten Mannschaft heuerte Günther Schröder 1968 als Spielertrainer beim damaligen VfR Schiffweiler an. Als Borussias Amateure 1970 in sportlicher Not waren, erhörte Günter Schröder den Ruf der Verantwortlichen und kehrte ins Ellenfeld zurück: Seine großen Erfahrungen setzte er als Mittelläufer der klassischen Prägung für Borussias II ein und führte das Team am Saisonende gar noch zur Vizemeisterschaft! Noch lange Jahre danach gehörte er zu den Säulen der Traditionsmannschaft im Ellenfeld.

Ganz andere Qualitäten bewies der heutige Jubilar auch im Film-Business. In der ab 1970 für die Regionalprogramme der ARD (zum Teil auch im Ellenfeld) gedrehten Serie „Fußballtrainer Wulff“ spielte er gemeinsam mit seinem Borussen-Teamkollegen Hennes Schreier mit und heimste viel Anerkennung ein. Anlässlich des 50jährigen Jubiläums der Bundesliga wurde Günter Schröder 2013 in eine „Saarland-Jubiläums-Elf“ gewählt – zur Wahl, die vom Ellenfeld e.V. und dem Saar-Park-Center organisiert worden war, standen alle Saarländer, die seit 1963 in der Bundesliga gespielt hatten.

Saisonvorbereitung mit Günter Schröder (2. v. l., Trikot mit Brustring) in der „Lakaienschäferei“. (Foto: 90 Minuten mit Ferdi Hartung in de Bundesliga)

Vergleicht Günter Schröder den Fußball seiner Zeit mit heute, so tun sich für ihn zwei grundverschiedene Welten auf: „Unsere Borussia – das war damals eine große Familie, zu der auch die Bräute und Frauen gehörten. Wir waren mit Leib und Seele für unseren Verein da und hätten, wenn es hätte sein müssen, auch kostenlos gespielt.“ Was heute im Profi-Fußball gezahlt werde, stehe oft in krassem Verhältnis zu den Leistungen. O-Ton Schröder: „Was wir früher mit dem Fußball verdient haben, das liegt heute in der Portokasse der meisten Spieler.“ So verdiente der Abwehrrecke von damals seine „Brötchen“ als Bau- und Möbelschreiner bei einer einheimischen Baufirma. Nichts kann die unterschiedlichen Zeiten besser dokumentieren als eine fast schon anekdotenhaft anmutende Begebenheit im September 1964: Vor dem Heimspiel gegen den Hamburger SV ist die Borussen-Mannschaft wie meist im Schulungsheim der Arbeitskammer in Kirkel „kaserniert“. Vor dem Spiel gibt Trainer Horst Buhtz seinen Schützlingen noch zwei Stunden Zeit zum Verschnaufen. Was macht Günter Schröder? Lässt sich abholen und zum Haus nach Spiesen fahren, wo das angelieferte Dachgebälk noch schnell bearbeitet und gestrichen wird. Anschließend geht es zum Ellenfeld-Stadion, wo er mit der Borussia den stolzen HSV mit 3:1 „wegputzt“ …

Trotz allem: Günter Schröder vermisst nichts, möchte auch nicht tauschen, ist mit sich und seiner Welt im Reinen und zufrieden. Für ihn das Allerwichtigste: „Ich habe eine intakte Familie.“ Mit ihr wird er heute zurecht seinen Ehrentag genießen und feiern dürfen. Die Borussia blickt anlässlich des 80. Geburtstags gerne und dankbar noch einmal auf seine große Karriere im schwarz-weißen Trikot mit dem goldenen „B“ auf der Brust zurück und schließt sich auf herzliche Weise allen guten Wünschen an: Weiterhin Gesundheit, Glück und Zufriedenheit, Günter Schröder – ad multos annos! (-jf-)  

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