Aus elf Metern raus aus dem Pokal

FV Eppelborn gewinnt dramatisches Shoot-Out mit 6:5 / 120 Minuten zuvor brachten keine Entscheidung / Thorsten Lahm: „Ein Spiel, das eigentlich keinen Verlierer verdient hatte!“

Unser Bild verdeutlicht, wie nahe Frust und Freude im Ellenfeld beieinander lagen. Während Borussias Roman Torres (li.) nach dem letzten Elfmeter fast im Boden versinkt, ist bei den Gästen in Rot gerade kollektiver Jubel ausgebrochen. (Foto: fussball-news-saarland.de / Jan Sebastian Bach)

„Mehr Roulette als Losentscheid gibt es nicht! Das hat mir Sport nichts mehr zu tun“, dachte sich vor mehr als 50 Jahren Karl Wald. Der gebürtige Frankfurter und spätere Fußballschiedsrichter aus Penzberg haderte mit dem Münzwurf. Seine Idee: Elfmeterschießen! Seit 1976 wird es angewendet, wenn ein Spiel zwingend einen Sieger benötigt, dieser aber am Ende der Spielzeit nicht ermittelt ist. So auch gestern Abend. Riesig war der Druck, der auf seinen Schultern lastete: Als Roman Torres zu später Stunde (es war schon weit nach 21.30 Uhr) als letzter Elfmeterschütze der Borussia zum ominösen Punkt schritt, wusste er: „Du musst treffen, sonst ist es vorbei!“ Denn zuvor war schon der ansonsten treffsichere Tim Klein gescheitert. Was mag in dem jungen Amerikaner, der am Tag zuvor in einer Whats-App-Nachricht („Excited for tomorrow!“) seiner Vorfreude auf das Pokalspiel Ausdruck verliehen hatte, vorgegangen sein? Vielleicht das, was Bayerns Bastian Schweinsteiger einmal beschrieben hat: „Der Weg vom Mittelkreis zum Elfmeterpunkt wird immer länger und das Tor immer kleiner!“ Wie dem auch sei: Borussias Mittelfeldstratege hämmerte das Leder an die Latte – bitteres Pokal-Aus für Borussia nach 120 unterhaltsamen, hochspannenden Minuten zwischen zwei Mannschaften auf Augenhöhe, die eigentlich beide den Viertelfinaleinzug verdient hatten. „Schade“, so die Reaktion von Björn Klos, der sich zeitgleich mit Preußen Merchweiler mit 7:0 in Pachten durchsetzte – Borussias Ex-Trainer hätte „ein Pokalmatch nächstes Jahr richtig cool gefunden!“

Zuspruch gab es für die Borussen nach der Partie nicht nur auf dem Platz, sondern auch in den sozialen Medien. „Elfmeterschießen ist immer eine Lotterie. Die Jungs haben alles gegeben. Mund abputzen und weiter geht´s“, schreibt Karin Schmeer. Und Markus Reinicke notiert: „Elfmeterschießen ist brutal. Einer ist immer der tragische Held, aber irgendwie muss halt eine Entscheidung her. Früher wurde gelost. Ein golden goal wäre besser. Auf geht´s, Jungs, alles Gute für die Saison.“ Den Trost haben sich die Schützlinge von Thorsten Lahm verdient. Insbesondere Tim Klein und Roman Torres: Mit dem, was ihnen im gleißenden Flutlicht der Ferraro-Sportarena passierte, fügen sich die beiden Borussen nahtlos ein in die Reihe weit prominenterer Kicker. Erinnert sei an die Fehlschüsse von Uli Hoeneß im EM-Finale 1976 gegen Tschechien, an Lothar Matthäus im DFB-Pokalfinale 1984 mit Borussia Mönchengladbach gegen seinen zukünftigen Verein Bayern München, an den Italiener Roberto Baggio im WM-Finale 1994 gegen Brasilien, an Englands Gareth Southgate bei der EM 1996 gegen Deutschland oder an Bastian Schweinsteiger im Champions League-„Finale dahoam“ 2014 gegen den FC Chelsea. Die Liste ließ sich beliebig fortsetzen.

Zu den 120 Minuten im Ellenfeld selbst: Die Borussen waren nach 19 Minuten durch Michael Müller in Führung gegangen, der einen abgelegten Ball per Flachschuss im Eppelborner Netz versenkte. Eppelborns Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Torjäger Valdrin Dakaj verwertete eine Flanke von rechts nur sechs Minuten später zum Ausgleich. Bis zum Pausenpfiff von Schiedsrichter Tobias Hauer hatte Borussia noch mehrfach die Gelegenheit zur erneuten Führung, doch FVE-Keeper Sven Ambrosius war gegen Roman Torres auf dem Posten (34.), und als Kamil Czeremurzynski in aussichtreiche Position gebracht worden war, wurde die Situation durch Eppelborns Abwehr in letzter Minute geklärt (41.). Florian Stopp zielte über das Tor (43.) und auch Tim Kleins gefährlicher Freistoß fand in der Nachspielzeit nicht den Weg ins Tor.

Die Borussen fanden gut in die zweite Halbzeit. Zunächst zielte Niklas Allenfort links am Tor vorbei (47.), ehe Tiziano Pompa eine Minute später sträflich frei im Strafraum auftauchte und eine Flanke zum 2:1 nutzte. „Da haben wir nach einer Ecke, die schon geklärt schien, gut nachgesetzt“, lobte Thorsten Lahm, doch der Coach musste mitansehen, wie die Gäste wiederum, wie schon beim 1.1, postwendend die Antwort gaben: Erneut war es Valdrin Dakaj, der eine Hereingabe von der rechten Seite halbhoch im Tor von Maximilian Strack unterbrachte. „Da haben wir es dem Gegner, der quasi mit drei Pässen zum Torerfolg kam, zu einfach gemacht und nicht gut gestanden, ein vermeidbares Gegentor“, bedauerte Thorsten Lahm das 2:2, „zumal es unserem Spiel sicher gut getan hätte, wenn wir die 2.1-Führung hätten länger halten können.“

Kaum einer jubelt schöner: Gerade eben hat Tiziano Pompa zu Beginn der zweiten Halbzeit die Borussia mit 2:1 in Führung geschossen. Indes: Der Vorsprung hielt nicht allzu lange! (Foto: Susi Welter)

Anschließend hatten beide Teams Gelegenheiten, die Entscheidung in der regulären Spielzeit herbeizuführen. Die größte bot sich auf Borussen-Seite Niklas Allenfort, der mit einem Distanzschuss nur den Pfosten anvisierte (68.) – wer weiß, wie die Partie ausgeht, wenn der Ball im Tor landet! Kurz vor Schluss scheiterte Doppeltorschütze Valdrin Dakaj am reaktionsschnellen Maximilian Strack. Der Mann zwischen den Pfosten der Borussia konnte sich auch in der Verlängerung gleich zweimal auszeichnen, als er zunächst Marjanovics Freistoß (102.) abwehrte und später den Kopfball von Tommy Bubel entschärfte (114.) – da lag der Borussen-K.o. in der Luft! Zuvor hatten Roman Torres (98. / 104.)  und Marco Dahler (aus spitzem Winkel, 112.) mit ihren Abschlüssen kein Glück.

„In einem ausgeglichenen und kampfbetonten Spiel, das eigentlich keinen Verliere verdient hatte, sind wir diesmal nicht so in unseren Rhythmus gekommen wie in den beiden Spielen zuvor. Das hat aber auch etwas mit dem starken Gegner zu tun, der früh angelaufen ist und uns dadurch einen ruhigen du souveränen Spielaufbau erschwert hat. Überhaupt schien mir Eppelborn in den entscheidenden Zweikämpfen vor allem um die zweiten Bälle und in der Luft einen Tick entschlossener. Im Elfmeterschießen hatten sie dann das bessere Nervenkostüm und dazu das notwendige Quäntchen Glück, das sie sich aber letztlich auch erarbeitet hatten“, war Thorsten Lahm fair genug, in seiner finalen Bilanz den Sieg des Gegners anzuerkennen. Seinem eigenen Team zollte er große Anerkennung für eine kämpferisch starke Leistung, die umso höher einzuschätzen ist, als personell nicht mehr viel nachgelegt werden konnte. Tim Cullmann musste verletzungsbedingt früh raus, Tiziano Pompa biss trotz Beschwerden an der Patella-Sehnen ebenso auf die Zähne wie Tim Klein, der umgeknickt war und seinen Knöchelprobleme hatte.

Wenigstens blieb den Borussen-Fans am Ende ein allzu langer Nervenkitzel erspart, der Heimweg konnte noch vor Mitternacht angetreten werden. Das war im Juni 2016 beim Spiel der tschechischen Fünftligisten SK Batov und FC Frystak sicher ganz anders: Nach regulärer Spielzeit stand es 3:3, nach 52 (!) Elfmetern 22:21 – wohl der längste Shoot-Out der Fußballgeschichte! (-jf-)

Statistik: Borussia – FV Eppelborn 5:6 n. E. (1:1, 2:2)

Borussia: Maximilian Strack – Tim Cullmann (ab 24. Daniel Schlicker), Kamil Cuzeremurzynski (ab 77. Danny Kleinbauer), Marco Dahler, Tiziano Pompa, Nico Purket, Niklas Allenfort, Michael Müller, Florian Stopp, Roman Torres, Tim Klein. – Trainer: Thorsten Lahm.

Tore: 1:0 (19.) Michael Müller 1:1 (25.) Valdrin Dakaj, 2:1 (48.) Tiziano Pompa, 2:2 (50.) Valdrin Dakaj. Elfmeterschießen: 3:2 Marco Dahler, 3:3 Bono Marjanovic, Tim Klein vergibt, 3:4 Luca März, 4:4 Daniel Schlicker, 4:5 Nicolas Jobst, 5:5 Danny Kleinbauer, 5:6 Philip Platte, Roman Torres vergibt. – Schiedsrichter: Tobias Hauer (SV Bübingen). – Zuschauer: 240 (Zahlende). – Gelbe Karten Borussia: Roman Torres, Michael Müller.

Die übrigen Pokal-Ergebnisse:

Sportfreunde Köllerbach – FV Diefflen 2:5

SSV Pachten – SV Preußen Merchweiler 0:7

Hertha Wiesbach – 1. FC Saarbrücken 0:4

SG Marpingen-Urexweiler- SV Elversberg 0:6

VfB Theley – SV Bliesmengen-Bolchen 0:3

SG Lebach-Landsweiler – SV Auersmacher 1:6

SV Hellas Bildstock – FC Homburg am Dienstag, 8. November, 19.00 Uhr

Ausgelost wird das Viertelfinale am kommenden Sonntag um 16.30 Uhr im Clubheim des SV Bliesmengen-Bolchen nach dem Heimspiel gegen den FC Rastpfuhl.

Unsere Bilder zeigen Eindrücke vom Pokal-Achtelfinale zwischen der Borussia und dem FV Eppelborn. (Fotos: Susi Welter / fussball-news-saarland.de – Jan Sebastian Bach)

3 Kommentare

  1. Zum Pokalspiel:
    Schade, Eppelborn hatte etwas mehr Glück im Elfmeterschießen.

    Zur Meisterhaftsrnde:
    Jetzt den „Schalter“ umlegen und eine positive Serie starten.
    Dann könnten wir zum Ende der Runde vorne dazu gehören.
    Spielstärke, Einsatzwille, Kampfkraft und Kameradschaft ist in der Truppe vorhanden.
    Vielleicht könnten wir in der Winterpause für den Sturm noch einen sehr erfahrenen „Knipser“ verpflichten.

    PS:
    Vielleicht könnte man den guten alten „Bundesliga-Rasen“ im Stadion gegen einen sehr guten Kunstrasenplatz ersetzen. Mit einem solchen Belag spielt unsere Truppe
    einen sehr „flotten und schnellen“ Fußball.
    Das macht schon Spaß dieser Mannschaft zu zuschauen.

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