
Dank Kristof Scherpfs „goldenem Tor“ verbucht Borussia den zweiten Auswärtssieg der Saison / Disziplinierte Abwehrleistung / Turbulente Schlussphase mit Rot für Florian Stopp /
Drei Punkte – das hatte er sich gewünscht. Als Geburtstagsgeschenk von seinen Mannschaftskameraden zum Geburtstag. Selbst beitragen dazu konnte er nicht viel: Lediglich moralische Unterstützung geben, das war seine Aufgabe. Denn Nico Christmann gehörte ebenso wie Jan Luca Rebmann und Christoph Stemmler zur Gehstützen-Fraktion der Borussia am gestrigen Nachmittag am Quierschieder Franzenhaus. Nico Christmanns Wunsch ging in Erfüllung: Mit einem „dreckigen 1:0“ (Kristof Scherpf) nahmen die Borussen drei Punkte mit heim ins Ellenfeld und feierten nach dem 3:1 in Bliesmengen-Bolchen den zweiten Auswärtssieg der Saison. „Das Spiel war nicht unbedingt schön, phasenweise zerfahren, aber wir haben heute das gesehen, was wir vielleicht bislang in dieser Saison öfter haben vermissen lassen: Nämlich dass wir kämpfen können und über das Kollektiv die Partie gewonnen haben“, bilanzierte der Matchwinner und Schütze des goldenen Tores, Kristof Scherpf. „Auch wenn sich einige Chancen boten, haben uns am Ende die Mittel gefehlt, um die gegnerische Abwehr zu knacken. Das ist aber auch schwierig, wenn da zwei Türme in der Abwehr stehen“, befand auf der anderen Seite Thomas Bettinger mit Blick auf Marco Dahler und Jan Eichmann, die Borussias Defensive enorme Stabilität gaben und den Gegner des öfteren auch mal geschickt ins Abseits laufen ließen. Dennoch sei ein Unentschieden für seine Mannschaft aufgrund der Spielanteile durchaus verdient gewesen, meinte Quierschieds Coach nach den 90 Minuten.
Mehr Spielanteile und Ballbesitz mag die Sportvereinigung auf dem Naturrasen unterhalb des Kraftwerks Weiher (der Kunstrasen ist derzeit wegen Granulat-Schäden gesperrt) zweifellos gehabt haben. Doch Kristof Scherpf hätte den Borussen und ihrem Anhang zum Schluss das Zittern ersparen können: „Ich muss das Spiel früher zumachen, hatte nach dem Seitenwechsel gleich zweimal die Superchance auf das 2:0. Das wäre dann für das gesamte Team sicher entspannter gewesen“, gab der Matchwinner selbstkritisch zu, der vor der Pause nach 35 Minuten zur Stelle gewesen war und einen sehenswerten Außenrist-Pass von Vorbereiter Tim Cullmann im Rücken von Quierschieds Alex Sutter aus kurzer Distanz zum „goldenen Tor“ ins Netz befördert hatte. Nicht nur das: Der Rückkehrer aus Pirmasens gehörte sicher zu den auffälligsten Akteuren im Borussen-Dress, war überall zu finden und hatte gute Laufwege in die Spitze. Nach 47 und 67 Minuten vergab er gleich zweimal nach schnell vorgetragenen Kontern die Vorentscheidung, als er das Leder jeweils knapp am rechten Torpfosten vorbeisetzte. „Da hatten wir Glück, dass nicht das 0:2 gefallen ist“, wusste auch Quierschieds Coach Thomas Bettinger.
In den ersten 45 Minuten, die recht ausgeglichen verliefen, hatten aber auch die Gastgeber ihre Gelegenheiten – die beste davon durch Maurice Rammo, der nach einem flotten Spielzug den Ball links am Tor von Maximilian Strack vorbeisetzte. Auch Luca Lambert zielte mit einem beherzten Schuss (23.) und einem Kopfball (28.) über das Tor. Die Borussen standen hinten kompakt, agierten äußerst diszipliniert und mit großem Kampfgeist – ein gewonnener Zweikampf wurde gefeiert wie ein Torerfolg. „Wir konnten zeigen, dass wir mit Leidenschaft das Ding rumreißen können und dass in der Mannschaft viel Leben steckt“, so Kristof Scherpf.

Matchwinner Kristof Scherpf: Verdienter Torjubel (oben), aber auch Gratulation und kollektiver Dank an Vorbereiter Tim Cullmann (unten). (Fotos: -jf-)

In der Halbzeitpause musste dann der Schiedsrichter gewechselt werden. Stephan Müller konnte aufgrund einer Wadenverletzung nicht mehr weiter pfeifen, an seiner Stelle übernahm der bisherige Linienrichter Severin Hans die Spielleitung. Quierschied machte jetzt mehr Druck, erst recht in Überzahl, als Dylan Sodji nach 73 Minuten eine Zeitstrafe verbüsste. Zuvor hatte der eingewechselte Lorenz Segner eine gute Möglichkeit verpasst: Mit seiner Hereingabe verfehlte er den freistehenden Elias Hoffmann. „Da wäre mehr drin gewesen“, konnten die zuhause gebliebenen Borussen-Fans im fupa.net-Liveticker lesen. „Ich weiß gar nicht, ob das ein Querpass oder ein Schuss sein sollte. Am Ende war es auf jeden Fall Unvermögen“, so das kritische Urteil von Thomas Bettinger. Mit Philipp-Marco Wunn (für Maurice Rammo) brachte Quierschieds Trainer jetzt eine neue Offensivkraft ins Spiel, die für viel frischen Wind sorgte, zunächst an Maximilian Strack (78.) und dann gleich zweimal am energischen Einsatz von Jan Eichmann (82. / 90.+4) scheiterte. Ein Torerfolg gelang den Gastgebern aber nicht mehr. Zum einen, weil sie einfach kein Mittel gegen die gute Defensive der Borussia fanden. „Wir sind zu ungefährlich nach vorne und haben keinen Plan B. Das sieht zwar spielerisch teilweise gut aus, bringt aber keinen Raumgewinn“, kommentierte Sportvorstand Kai Berrang auf der Sprechertribüne und forderte gerade in der Schlussphase „auch mal lange Schläge nach vorne“. Zum anderen und vor allem auch deshalb, weil die Borussen die Aufforderung ihres Trainers von außen („Männer, mit Mann und Maus und aller Leidenschaft!“) auf dem Platz mit totalem Engagement bis zur Erschöpfung umsetzten.
Turbulent wurde es in der Nachspielzeit. Was war passiert? Nach einem harten Zweikampf war Tobias Jänicke am Mittelkreis verletzt zu Boden gegangen. Borussias Spieler, Bank und Zuschauer forderten die ballbesitzende Sportvereinigung auf, das Leder ins Seitenaus zu spielen. Die jedoch suchten, Zeitschinderei vermutend, ihre Chance auf den Torerfolg, was die Gemüter sichtlich erhitzte und, nachdem Schiedsrichter Severin Hans die Partie schließlich unterbrochen hatte, zum Überkochen brachte: Rudelbildung, Schubsen hier, Schubsen da! Das Ende vom Lied: Zwei rote Karten für Quierschieds Luca Lambert und Borussia Florian Stopp. „Ich weiß nicht, wie wir in der Situation reagiert hätten. Hätten wir, wenn wir 0:1 zurückliegen und nur noch ganz wenig Zeit zu spielen ist, den Ball wirklich ins Aus gespielt?“ hatte Kristof Scherpf nach dem Schlusspfiff auch die Quierschieder Sichtweise im Blick und warb mit fairem Sportsgeist um Verständnis für das Agieren der Gastgeber. Dass die Emotionen danach überschäumten, solle man, so Borussias offensiver Mittelfeldspieler, nicht überbewerten: „Emotionen gehören zum Fußball und machen den Sport ja auch spannend.“


Happy birthday, Nico Christmann (oben)! Moralische Unterstützung für das Team: Die verletzten Jan Luca Rebmann und Christoph Stemmler (Mitte). Erstmals im Borussen-Kader mit dabei: Die Nachwuchskräfte Yamen Al Janadi und Jean-Charles Mananga Monthe (unten). (Fotos: -jf-)

Ihren Emotionen freien Lauf ließen die Borussen dann auch nach den 90 Minuten und formierten sich zum Jubelfoto im „Champions-League“-Style. Mittendrin statt nur dabei: Die Gehstützen-Fraktion mit Geburtstags-„Kind“ Nico Christmann, Christoph Stemmler und Lan Luca Rebmann. Zwei weitere Akteure genossen auch ohne Einsatz die Szenerie: Die jungen Yamen Al Janadi und Jean-Charles Mananga Monthe, die aus dem A-Jugend-Kader angesichts der Personalnot nachgerückt waren, durften erstmals ein bisschen Saarlandliga-Luft schnuppern und daraus sicherlich eine gute Portion Motivation schöpfen für ihr künftiges sportliches Vorankommen. Das hat es im Ellenfeld lange nicht mehr gegeben – ein Zeichen, dass sich, ganz unabhängig von Resultaten, was Positives entwickelt! (-jf-)
Statistik: Spvgg Quierschied – Borussia 0:1 (0:1)
Borussia: Maximilian Strack – Tim Cullmann, Marco Dahler (C), Jan Eichmann, Nico Purket, Leon Bayer, Dominik Cullmann (ab 80. Dilowan Günel), Dylan Sodji (ab 86. Sayfedine El Khadem), Florian Stopp, Tobias Jänicke, Kristof Scherpf. – Trainer: Jan Berger, Jörg Backes.
Tor: 0:1 (35.) Kristof Scherpf. – Schiedsrichter: Stephan Müller (SV Stennweiler/1. Halbzeit), Severin Hans (SV Neunkirchen-Nahe/2. Halbzeit). – Zuschauer: 400. – Gelbe Karten Borussia: Dylan Sodji (41.), Nico Purket (73.), Kristof Scherpf (85.). – Zeitstrafe Borussia: Dylan Sodji (76.). – Rote Karte Borussia: Florian Stopp (90.+2).
Unsere Bilder zeigen weitere Impressionen vom Spiel der Borussia am Quierschieder Franzenhaus. (Fotos: -jf-)














