Vor dem Testspiel der Borussia am Freitag (19.00 Uhr) in Pirmasens: Rückblick auf eine Partie der beiden Traditionsclubs auf dem Pirmasenser Horeb vor 50 Jahren
Unser Bild: FKP-Torhüter Klaus Pudelko erwies sich nicht nur in dieser Szene gegen die Borussen Drenks und Brinsa als Turm in der Schlacht und sicherte Pirmasens am Ende den 2:0-Sieg. (Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)
Wenn am kommenden Freitag um 19.00 Uhr die Borussia nach vier Trainingseinheiten im ersten Testspiel auf den FK Pirmasens trifft, werden Erinnerungen wach. Gehörte „die Klub“ aus der Westpfalz doch jahrzehntelang zu den großen Rivalen der Ellenfelder im Südwesten. Ob zu alten Oberliga- oder späteren Regionalliga-Zeiten – die Partien zwischen den „blauen Dragonern“, wie die FKPler angesichts ihrer Sportkluft auch genannt werden, und den Borussen waren stets Highlights und oft genug ebenso spannend wie knapp im Ausgang. Mittlerweile sind beide Clubs in den Niederungen der 5. und 6. Liga angekommen, was allerdings dem sportlichen Reiz der Begegnung keinen Abbruch tut. Das hat sicherlich auch etwas mit personellen Querverbindungen zu tun. Erst vor wenigen Wochen wechselte Innenverteidiger Michael Müller von der Borussia zum FKP. Dort trifft er mit Kristof Scherpf auf einen weiteren Ex-Borussen. Auch Fügelflitzer Luka Dimitrijevic trug bereits das Trikot der Borussia. Der neue FKP-Trainer Daniel Paulus war ein Jahr lang Chefcoach im Ellenfeld. Das Testspiel im Stadion „In der Spesbach“ in Pirmasens soll heute Anlass sein, auf ein Spiel in der letzten Saison der Regionalliga Südwest vor 50 Jahren zurückzublicken.
Die Spielzeit 1973/74 war insofern von besonderer Bedeutung, als es darum ging, sich durch eine möglichst gute Platzierung für die ab Sommer 1974 ins Leben gerufene zweigleisige 2. Liga (Süd und Nord) zu qualifizieren. Dementsprechend ging man auch am Horeb und im Ellenfeld die Planungen an, denn die beiden großen Traditionsvereine aus dem Saar-Pfalz-Gebiet gehörten, so die Meinung aller, in diese neue Spielklasse. Borussia war gut gestartet, hatte bis zum Gastspiel auf dem legendären Horeb lediglich ein Spiel verloren und traf jetzt in Pirmasens auf einen Torjäger, der zuvor noch im Borussen-Dress für Aufsehen gesorgt hatte: Jürgen Papies war nach dem Abschied aus dem Ellenfeld und einem kurzen Intermezzo bei Bayer Leverkusen in den Südwesten zurückgekehrt und beim FKP gelandet. Und wie es so oft passiert: Der Stürmer traf auch gegen seinen Ex-Club aus dem Ellenfeld!
Man schrieb die 41. Spielminute, als FKP-Legende Dieter Weinkauff Borussias Mittelfeldspieler Bellaire mit geschickter Körpertäuschung düpierte und Jürgen Papies „in die Gasse“ schickte, der den Ball vor der Borussen-Abwehr erreichte und seinem ehemaligen Teamkameraden Willi Ertz im Borussen-Tor keine Chance ließ: „Torvorbereitung und Abschluss waren sehenswert“, kommentierte Wilfried Burr, Reporter der „Saarbrücker Zeutung“ (SZ) in seiner Spielnachlese. Die Gastgeber hatten schon zwanzig Minuten zuvor die 1:0-Führung erzielt: Bei einem Scherenschlag war „Jupp“ Henkes seinem Gegenspieler zu nahe gekommen, so dass Schiedsrichter Schröder aus Lahnstein Freistoß pfiff. Dieter Weinkauff jagte das Leder an den Pfosten, Erhart nahm den Abpraller dankend an und netzte ein. Dennoch war das 2:0 zur Pause keineswegs eine Vorentscheidung.
Treffsicherer Papies: Der Ex-Borusse erzielt in dieser Szene allein vor Willi Ertz das 2:0 (Bild oben). Borussias Keeper und Heinz Histing schauen anschließend „bedröppelt“, während die kleine Fan-Kolonie aus dem Saarland (im Hintergrund) die Fahnen unten lässt. (Bild unten). (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)
Denn wie Wilfried Burr (SZ) berichtet, agierten die Borussen vor 4.000 Zuschauern eigentlich im Stil einer Heimmannschaft dominant, zeigten im Mittelfeld läuferische Überlegenheit. „Indes: Dem Vorwärtsspiel fehlten Tempo und Dynamik. Ehe der Steilpass kam, ging es erstmal in die Breite. Und während dieser umständlichen Pass-Prozedur machte Pirmasens seine Schotten dicht, schirmte die möglichen Anspielpunkte Drenks und Brinsa ab“, so die Analyse. Der FKP setzte, angeführt vom dem 90 Minuten lang zuverlässig schuftenden Robert Jung (später „Kult-Trainer in Pirmasens, Mainz und Salmrohr) auf Konter und Routine, während die Borussen auch nach dem Seitenwechsel die im Mittelfeld konstruktiv begonnenen Aktionen in Tornähe einfach nicht erfolgreich zu Ende brachten. Dennoch wäre der 0:2-Rückstand aufzuholen gewesen, doch immer wieder war bei FKP-Torhüter Klaus Pudelko Endstation, der Schüsse von Eichhorn, Schauß und Brinsa reaktionsschnell meisterte und in anderen Situationen auch das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite hatte: So zum Beispiel nach 82 Minuten, als Horst Schauß eine zu kurz geratene Abwehr reichlich frei über das Tor jagte, oder zwei Minuten später, als Reiner Brinsa in guter Position nur ein harmloses Schüsschen zustande brachte. Nach dieser Chancenlitanei hätten die Borussen zum Schluss fast noch das 0:3 kassiert, „aber Ertz brachte den Pirmasenser Konter und den Schuss von Papies mit großer Parade um den Erfolg“, weiß Wilfried Burr zu erzählen.
So war nach 90 Minuten die Niederlage der Borussen eigentlich unnötig. „Konditionell, spielerisch und im Erarbeiten von Torchancen war alles in Ordnung“, resümierte Borussen-Coach Erwin Türk, der im „Verwerten der sich bietenden Gelegenheiten“ das ausschlaggebende Manko erkannt hatte. Steigende Tendenz war dagegen dem FKP zu bescheinigen, in dessen hinteren Reihen Saarländer zugange waren: Der Ex-Homburger Schmalz sorgte ebenso für Ordnung und Stabilität wie der Ex-Saar 05er Gentes.
Im Rückspiel im Ellenfeld gelang den Borussen vor 5.000 Fans dann die Revanche: Dank der Tore von Drenks, Henkes und Brinsa, der gleich zweimal traf, hieß es am Ende 4:1. Pirmasenser Torschütze zum zwischenzeitlichen 1:1 – wie kann es anders sein: Jürgen Papies! Borussia wurde am Ende Südwestmeister, womit sich ein Kreis schloss: Schon in der ersten Regionalliga-Saison 1963/64 hatten die Schwarz-Weißen den Titel errungen. Mit insgesamt 5 Meisterschaften ist Borussia bis heute bundesweit der erfolgreichste Verein in den elf Jahren Regionalliga. Allerdings war auch der (nach 1971 und 1972) dritten Teilnahme an der Aufstiegsrunde der 70er-Jahre kein Erfolg beschieden: Wie zuvor an Düsseldorf und Wuppertal scheiterten die Borussen diesmal an Tennis Borussia Berlin. Kleines Trostpflaster: Die Qualifikation zur 2. Liga Süd war gesichert, das schafften übrigens auch die Pirmasenser trotz eines eher unbefriedigenden 8. Platzes. Für den FKP sollte die erste 2. Liga-Saiosn ein Highlight werden: Die „blauen Dragoner“ wurden Vizemeister, zogen aber in den beiden Relegationsspielen zur Bundesliga gegen Bayer Uerdingen (4:4, 0:6) den Kürzeren. (-jf-)
Statistik: FK Pirmasens – Borussia 2:0 (2:0)
FKP: Pudelko – Schlieck, Schmalz, Tretter, Gentes (ab 75. Bissport), Schuster, Jung, Papies, Erhart, Weinkauff, Schaluschke (ab 78. Kohlenbrenner).
Borussia: Ertz – Schley, Heß, Histing, Lang, Bellaire, Henkes, Eichhorn, Schauß, Drenks (ab 72. Pontes), Brinsa. – Trainer: Erwin Türk.
Tore: 1:0 (25.) Erhart, 2:0 (41.) Papies. – Schiedsrichter: Schröder (Lahnstein). – Zuschauer: 4.000 (auf dem Horeb).